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- 426 - direetr Garantie deS Staates für fein Papier geld erforderlich wäre* und weisere finanzielle Operationen, die wir zur Zeit noch erwarten müssen. Nachrichten aus der Pfalz zufolge find die Aussichten auf ein sehr gutes Weinjahr die günstigsten. DaS Wintergetraide läßt viel zu wünschen übrig, weshalb die Getrardepreise im Steigen find; Sommergetraide steht dagegen gut. Sehr erfreulich iß auch der Stand der K a r- toffeln. Von Obst giebt eS namentlich viel Kirschen und Zwetschen. Die Heuernte liefert einen sehr reichen Ertrag; die Futterpreise gehen deshalb mehr und mehr zurück, und die Land- wirthe bestreben sich, ihren durch den seit einigen Jahren herrschenden Futtermangel verringerten Vieh- stand wieder zu vermehren. Lö'ba u. Vorvergangenen Donnerstag starb die beim Bauergutsbesitzer Sch. in Ebersdorf die nende Magd Johanne Ernestine B. auS Wen- dischpaulSdorf in Folge der Vergiftung durch PhqSphor. Sie hatte sich in ihrem Dienste eines geringen Diebstahls von 20 Ngr. schuldig gemacht und aus Furcht vor der sie erwartenden Strafe den unglückseligen Entschluß gefaßt, sich das Leben zu nehmen. Zwei Päckchen Streich hölzchen, mit heißem Wasser übergossen, lieferten der kaum 19 Jahre alten Selbstmörderin rin Mit tel, welches ihr einen langen qualvollen TodeS- kampf bereitete. Im Herbste dieses Jahres wird eine Zusammen ziehung der Königlich Sächsischen Infanterie und Reiterei „brigadenweise" in Cantonne« mrntS von vier-, resp. dreiwöchiger Dauer statt finden, und zwar die I. Reiterbrigade zwischen Oschatz und Strehla, die 2. Reiterbrigade nörd» lich von Leipzig, die Leibinfanteriebrigade bei Mügeln, die 1. Jnfanteriebrigade zwischen Schir giswalde, Neusalza, Löbau und Bautzen, die 2. Jnfanteriebrigade zwischen Roßwein und Lom matzsch, mit Auslassung von Roßwein, die 3. Jn fanteriebrigade bei Dresden und die Jägerbrigade bei Wechselburg. Nach dem Cantonnement fin det eine siebentägige Concentrirung der Truppen zu gegenseitigen Uebungen statt. Vorletzten Sonntag Nachmittag hatte in Dresden eine Dame das Unglück, beim Kaffeekochen den brennenden Spiritus umzugießen, wodurch daS seidene Kleid Feuer fing und die Dame auf ge fährliche Weise verletzt wurde. DaS Kleid ver brannte über und über, ebenso die Röcke; Blank- scheidt und Stahlreifen der Crinoline wurden glü hend und hinderten die zur Hülfe Herbeigeeilten an der schnellen. Ausführung ihrer menschenfreund lichen Absicht. Schließlich gelang eS jedoch einer in der Nähe wohnenden Frau, die. auf daS Klage geschrei der Verwundeten herzugekommen war, den Brand dadurch zu löschen, baß sie die Unglück liche niederwarf und mit Betten zudeckre. Eine Wunde an der linken Seite soll lebensgefährlich sein. Vor mehreren Jahren hatte ein reicher Ein, wohner von Berlin eine Brieftasche mit 5000 Thalern Kassenanweisungen verloren. Auf die er gangene Bekanntmachung brachte ein junger Ar beiter die Brieftasche nebst Inhalt zurück und schlug die festgesetzte Belohnung von 500 Thlr. auS. Vor einigen Tagen wurde nun, wie die Berl. Ger.-Zkg. erzählt, der ehrliche und uneigen nützige Finder, der seitdem Familienvater gewor den, mit der Nachricht überrascht, daß der da malige Verlierer gestorben sei und in seinem Te stament ihm ein Legat von 2000 Thalern ausge setzt habe. Was ein Dörnchen werden will, spitzt sich frühe. An dieses Sprüchwort erinnert ein Zug aus dem Leben des weltberühmten ErzgießerS Burgschmiedin Nürnberg, und weis't unS zumeist darauf hin, wie die Vorsehung den Ent- wickelungSgang ausgezeichneter Menschen lenkt. Daß der berühmte Bildner zuerst Drechsler in Nürnberg war, wenigstens dies Handwerk er lernte, dürste Vielen unbekannt sein, wie der Auftritt, der ihn in dies Handwerk brachte. Wir theilen die Anekdote mit, wie sie ein in Amerika lebender Nürnberger giebt, dessen Wahrheitsliebe kei nen Zweifel zuläßt. Als Waisenknabe, erzählt er, von ungefähr zwölf Jahren mußte er wöchent. lich zweimal Zeitungen von seinem Inspektor zu einem Drechslermeistertragen, wobei er jedesmal dessen Arbeit aufmerksam zusah. Einmal ver weilte er ungewöhnlich lange. Endlich sagte er zum Meister in Nürnberger Mundart: Gla- ben'S mer'S, Master, su a Ding wullt' ich a mach'n! — Schweig, Dummkopf, und mach' daß d' weiter kummst! rief der Meister; doch Burgschmied ging nicht, und sagte auf's Neue: Ja, gewiß, Master, su a Ding wullt' ich mach'n! Da kam der Meister in Harnisch, riß seine Arbeit herab, schraubte ein neues Stück auf und schnaubte den Knaben an: Gah'her, verdammter LauSbu, und mach's! Das sog i der ober, wenn st' mer mri Sach verderbst, werf' i dich zur Thür' naus, daß d' um und um kugelst! — Ohne sich von dieser Drohung einschüchtern zu lassen, ging der Knabe an'S Zeug. Der Meister, welcher kein Auge von ihm verwandte,