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O e r t l i ch e s. 8 rankenberg, 4. Juni. Ein Ehrenmann im vollsten Sinne deS Wortes, ein Ehrenbür ger unsrer Stadt ist durch den Lod von unS ge- schieden. Nach einem längeren Krankenlager ver starb nämlich heute Bormittag II Uhr der hiesige Stadtarmenarzt Hr. vr. meä. Friedrich Wil helm Traugott Schuberth, nachdem er bei nahe 54 Jahre auf dem Gebiete der ärztlichen Praxis thätig gewesen. Lom 25. Septbr. 1806 an hatte er als Militairwundarzt an den Feldzü gen der sächsischen Armee in Preußen, Oesterreich, Ungarn, Rußland, dann in Deutschland, den Nie derlanden und in Frankreich Theil, und während dieser bewegten Dienstzeit hat er in den Hospi tälern und auf den Schlachtfeldern, unter welchen wir die von Dennewitz, Bautzen, Leipzig rc. er wähnen, im Dienste der leidenden Menschheit seine Pflichten aufS rühmlichste und getreulichste erfüllt. Nach seinem Austritt aus der Armee ließ er sich in unsrer Stadt nieder und hat von da an eine lange Reihe von Jahren hindurch hierselbst als Arzt sehr segensreich gewirkt und besonders durch treue und uneigennützige Ausübung seiner Function alS Armenarzt sich die Stadtgemeinde dankbar- verpflichtet. Deshalb fanden sich die städtischen Eollegien auch veranlaßt, ihm im Jahre 1856, bei Gelegenheit seines ärztlichen Jubiläi, das Ehren- bürgerrecht zu ertheilen, während gleichzeitig Se. Maj. der König in gerechter Anerkennung der von ihm dem Vaterland geleisteten Dienste seine Brust mit dem Kleinkreuz des Civilverdienstordens schmü cken ließ, Bis mit Beginn jetzigen Jahres war es unserm Schuberth vergönnt, in seinem Be rufe thätig sein zu können, aber von da an über kam ihn Krankheit, welche nach und nach seine Kräfte absorbirte und mit heute seinem Leben rin Ziel setzte. Wie in seinem öffentlichen Leben und im Verkehr mit seinen Berufsgenoffen, so war der Verstorbene auch in seinem Familienleben muster haft. Deshalb wird auch der biedere silbergelockte Greis den, Bewohnern unserer Stadt in gesegne tem Andenken bteiben. Sanft schlummere seine irdische Hülle im stillen Schoße unsers Friedhofs! Frankenberg, 5 Juni, Nächsten 9. Juni wird der hiesige Männergesangverein eine Fahrt, -und zwar per Dampf, nach Schwarzenberg unter nehmen und am 10 Juni auf dem Ottenstrine daselbst ein Concert zum Besten deS dasigen Ret- tungshauseS geben. Wir wünschen den Wackern Sängern, die uns durch ihre Melodien schon so oft Freude bereitet Haden und durch ihr« uneigen- nützige Lhätigkeit manches gut« Werk fördern hal fen, zu ihrem jrtzigen Vorhaben freundlichen Son nenschein und recht frohe glückliche Fahrt! — Politische Beschauungen. ES grenzt an's Wunderbare, wie rasch die Er« eigniffe aus einander folgen und einander verdrän gen. Seit Jahresfrist die Kriegswetter in Ita lien und der Friede in Villafranca, — die Annexion der Aemilia und der Romagna an Sar- dini«n und die Etnvrrleiduag SavoyenS und Niz- za'S in Frankreich; — dazwischen durch die denk, würdige Abwehr schwerer Beschuldigungen von Seiten der preußischen Regierung durch Appella tion an die öffentliche Meinung, — die deutsch nationale Bewegung und die Würzbur ger Conferenz, das badische Concordat und die traurigen Vorgänge in Oesterreich, — der marok kanische Krieg und der Carlistenputsch in Spanien, und nebenher immer die alte Bedrängniß der nor dischen Herzogthüm»! Dir Savoyer Frage schien ganz Europa in den Harnisch zu bringen, — plötzlich ist alles still davon; denn der Auf-- stand in Sicilien nimmt die allgemeine Auf merksamkeit in Anspruch. Die Regierung von Neapel versicherte wiederholt, in Sicilien sei die Ruhe völlig wieder hergestellt, und wollte sogar dem Papste Truppen schicken, und siehe! plötzlich ist ihre eigene Existenz in Frage gestellt und die Bourbonendynastie denkt an Flucht! Aber auch diese Ereignisse treten schon wieder in Schatten vor den Dingen, welche sich in dem' Oriente vorbereiten. Rußland hat gerüstet und sein« Heere stehen an der Grenze der Türkei, wenn sie dieselbe nicht bereits überschritten haben; die Türkei aber rüstet mit Anstrengung aller Kräfte und hat den Feldherrn, der seit dem orientalischen Kriege in der Verbannung geschmachtet, Omex Pascha zurückgerufen. Rußland und F r a n k- reich, die mächtigen Gegner im Krimkriege, schei nen sich über gewisse Pläne im Oriente geeinigt zu haben; — werden sie sich an die voraussicht- ltche Einsprache Oesterreichs, PreußrnS und Eng lands kehren? — Und wenn diese Einsprache un bequem werden sollte, werden dann Rußland und Frankreich nicht Deutschland, resp. Preußen in die Mitte nehmen? —- Die Gegenwart ist so gewitterschwül, die Er eignisse folgen sich so rasch und liegen, so außer aller Berechnung, daß man mit recht unbehagli chem Gefühl den Dingen entgegen geht, die in der Zeiten Schoße liegen! Es ist Juniwitterung, welche in der politischen Welt herrscht!