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- 434 - LMM, Hing der Pf-rrer - gedankenvoll; ich WneW Gtudnzlirrmer auf und nieder; tanze kämpfte und rang er mit sich selber, ob er sein schönes, ruhigeS Leben im xinfachen Dörfchen mit dem geräuschvol len, unruhigen Trii^en des bischöflichen Palastes vertauschen,' ob ei seine tien?'Gemeinde verlassen und hiagehen sollte und als Fürst der Kirche Herr, schen und. sür sie .streiten. —' Lange kämpfte und rang er; bald siegte der Stolz und die Eitelkeit, bald behielt dir Liebe zur Ruhe die Oberhand — dock konnte er keinen festen Entschluß fassen. Da tönte plötzlich Lärm und Geschrei vom Hofe herauf, schnell eilte er an's Fenster und sah mit Entsetzen, wie einer der Soldaten seinen Sa- cristan Tomaso zur Erde niederschleuderte, wie « Mattea aufs Pferd hob und in wilyem Galopp mit ihr davonsprengte. Weiter sah er, wie ein anderer der Reiter sein zahmes Huhn im Hof« herumjagte und eS bis jetzt noch vergeblich zu er fassen und zu würgen suchte. *) Verzweifelt eilte der gequälte Mann hinunter, stürzte in den Hof seinem Liebling zu Hülfe, der sich, sobald er ihn erblickte, in die Fallen seines weiten Gewandes flüchtete, und befreite ihn so von seinem Verfolger und vom schmählichen Lode. Dann aber eilt« er hoch erregt in das Zimmer zum General zurück und sagte fast heftig: „Ich bitte Sie, mein Herr, verlassen Sie so schnell als mög lich mein friedliches Dorf wieder, lassen Sie mich hier im friedlichen Wirken mein Leben beschließe», ich streb« nicht nach Rang und Ehre. Sagen Sie meinem Neffen, dem Kaiserl ich dankte unterthänigst für seine Gnade, aber ich bäte ihn, jüngere und kräftigere Leute zu seinen hohen Aemtern aüszuwählen, ich bin zu alt und schwach dazu, und habe nur noch den Wunsch, inmitten meiner Gemeinde zu kerben. Aber stellen Sie sobald als möglich den Frieden hier wieder her! Einer Ihrer Leute ha» meine Pflegetochter entführt, meinen Saeristan mißhandelt; ein Anderer wollte mein Huhn ermor den — mein Herr, schaffen Sie mir meine Pfle getochter wieder, und stellen Sie meinen Haus frieden wieder her, daS ist mein einziger Wunsch!" Mit diesen Worten verbeugte er sich tief und wollte daS Zimmer verlassen, doch der General hielt ihn zurück. „Herr Pfarrer," sagte er verwundert, „Sie wollest die Gnade deü Kaisers verschmähen, das ist wohl nicht Ihr Ernst! Bedenken Sie den Bi schofssitz, den CardinalShut." „Blickest Sie dort hinaus, mein Verehrtester," *) Die historische Lhatsachc verbürgt Baron v. Eoston in „Napoleon'« erste Jahre", ll. Th. S. 28S. fiel: ihm der Pfarrer stolz iaA Wort, MtzestZie da, wie in meinem Garten, den ich selbst bebaue, alles grünl und blufft"in schönster Fülle; blicken Sie weiter hin auf mein friedliches Dorf, das im schönsten Sonnenlichte vor ünS liegt. In djrfen ärmlichen Hütten wohnen Mehrere Hundert Her zen, di« alle mir in treuer Liede.und Hingebung entgegenschlagen, die mich als ihren Vater und besten Freund betrachten. DaS ist Friede, das ist Glück! Und das, meinen Sie, soll ich hingeben gegen Gold und Flitter, Aemter und Würden?— Rein, mein Herr, gehen Sie hin und sagen Sie meinem kaiserlichen Neffen, daß ich ihm dankbar sei für seine Huld und daß ich ihm wünsche, er möge auf seinem Throne immer so glücklich sein aind bleiben, als ich «S in meiner einfachen Land. Pfarre bin." — Keine Vorstellung, keine Bitte fruchtete, der General mußte.sich unverrichfeter Sacke entfernen und berichtete mißmulhig dem Kaiser den schiech- ten Erfolg seinrr Sendung. 8 Jahre sind seitdem vergangen. Wie an jenem vorerwähnten Tage saß der Pfarrer auf seinem lederbeschlagenen Lehnstuhl und entfaltete einige Zeitungen, die ihm aus einem benachbarten Orte waren übersandt worden. Er hatte sie aufgehoben bis nach der Mittagsruhe und begann jetzt eben zu lesen. Am Fenster saß Mattea, ein munteres Knäbcken auf dem Arme, und blickte lächelnd hinab in den Hofraum, wo ihr Gatte Tomaso sich mit einem schon älteren Knaben herumbalgte und in der Freude seines Vaterherzens selber wie ein Kind umhersprang. „Ach!" sagte da plötzlich der Pfarrer und ein schmerzlicher Ausdruck bebte durch seine Stimme, „ich habe es geahnt, daß es so kommen würde! Armer Neffe, ick beklage Dick, aber auck an Dir erfüllt sich das Wort: Wer hock steigt, fällt tief!" Die Zeitung enthielt dir Nachricht von Napo leons Sturze und seiner Gefangenschaft. — Lange saß der alt« Pfarrer in tiefes Nachdenken versunken auf seinem Lehnstuhle; wehmülhig dachte er nach über das traurige Schicksal seines Neffen und eine Thräne glänzte in seinem Auge, als er sich endlich erhob und zu Mattea gewandt zufrie den sagte: „Wie g^t war's doch, daß ick damals der Ver suchung nicht unterlag, daß ich nickt hinging und mein Glück aufgab gegen ungewisse Macht und Würde!" Mehrere Jahre lang noch lebt« der Pfarrer zu frieden und heiter in der Milte seiner Gemeind«;