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183 den Main bei Mildenberg ertranken. Den Begräb- nißplatz für diese Todten kaufte der Fürst Karl Erich v. Leiningen an, die Fürstin v. Leiningen ließ denselben zweckmäßig einrichten und die Grä ber mit Anlagen umgeben, setzte auch zugleich ein ewiges Jahrgeld für die stete Unterhaltung dersel ben aus. Bei Kleinheubach, wo neun von den Ertrunkenen aus dem Main gezogen wurden, be zeichnet ein Obelisk ihre Ruhestätte; auf dem Obe lisk sind zugleich die Namen aller 62 bezeichnet. Sachsenburg, 13. April. Am Montage er eignete sich in hiesiger Spinnerei ein Unglücksfall, welcher als Warnungstafel mitgetheilt wird. Die Fabrikarbeiterin Johanne Christiane Tannert aus Haynewalde bei Zittau, jetzt hier wohnhaft, kam beim Reinigen einer Schlagmaschine mit der rech ten Hand in bas Räderwerk, wodurch diese so beschädigt ward, daß vom Mittelfinger zwei Glied und vom Goldfinger eins sofort abgenommen wer den mußten; auch die übrigen Finger sind bedeu tend verletzt. Das Unglück wäre noch viel größer geworden, hätte nickt ein Arbeiter die Maschine augenblicklich zum Stehen gebracht. Wenn auch durch die sorgfältige Behandlung des Herrn vr. Werner die arme Person glücklich geheilt wird, so wird es doch lange dauern, ehe sic sich ihr Brot wieder verdienen kann. Aus der Wüste Sahara. Am 6. April sind von unserm berühmten Lands- manne, dem kühnen Reisenden Ed. Vogel, in seiner Vaterstadt Leipzig Briefe eingegangen, von denen wir den an seine Mutter nachstehend im Wesentlichen mitlhcilcn können. D. Red. „Aschenümma, Tiboo, 26. Nov. 1853. Ich habe soeben einen Mann aufgetrieben, der mit Depeschen von mir nach Murzuk gehen will, und da kann ick denn nicht umhin, dir den ersten und einzigen Brief, den je ein Sterblicher von Ascke- nümma (eine Oase in der Milte der großen Wüste Sahara gelegen) empfing, zu übersenden. Ick habe eine sehr beschwerliche Reise von Murzuk bis hierher gehabt und 15 Tage lang nichts als Sand undHimmelgesehen, auch nickt das kleinste Hälm chen Gras. Jetzt bin ich, Gott sei Dank! nur noch 20 Tagereisen vom See Tschad und dem prächtigen grünen Bornu entfernt, und, allen Aufenthalt eingerechnet, hoffe ick sicher, Neujahr in Kaku feiern zu können. . . Ick bin so wohl, als die Umstände erlauben, nur etwas matt, was sehr natürlich ist, wenn man bedenkt, daß ich in 20 aufeinanderfolgenden Tagen täglich 13 Stun den zu Pferde gesessen habe und dabei jede Nacht zwei Stunden Wache gehalten, ohne irgendeine andere Nahrung als Reis und eine eigenthümliche Art Graupen von Weizenmehl ganz einfach und schlicht in Wasser gekocht und hin und wieder eine Hand voll Datteln. Hier haben wir Fleisch in Ueberfluß; ich genieße aber nur die Brühe davon, da mein Magen etwas schwach ist und man sich hier mehr als irgendwo vorsehen muß, nichts Schwerverdauliches zu genießen.. . Wenn du nur einen Blick auf diese Gegend werfen könn test, auf dieses Meer von Sand mit seinen In selchen von Palmen und den schwarzen Felsen, die überall nackt und kahl emporstarren, und wenn' du mich sehen könntest, fast schwarzgebrannt von der Sonne, in halb arabischer, halb europäischer Kleidung in meinem Zelle platt auf der Erde lie gend, während ich diese Zeilen schreibe; denn mein ganzes Ameublement besteht aus einem, Feldstuhl und einer Matratze nebst zwei Strohmatten; mein Tisch Hal schon längst in Zelkpflöcke und Brenn holz verwandel! werden müssen... Da du eine so große Freundin von Thieren bist, so würden dir meine beiden Pferde, ein graues und ein brau nes, viel Freude machen: sie sind so zahm, daß sie mir wie Hunde überall nacklaufen, und wenn ich esse, sicher kommen, um sich ein paar Datteln zu holen. DaS graue Pferd ist sehr schön und ein Geschenk von Hassan.Pascha, dem Gouverneur von Murzuk; das braune, auf dem ich in Tripo lis reiten gelernt, ist auch recht hübsch, aber so unbändig, daß keiner meiner Begleiter es je bestei gen will; ich bin die einzige Person, die es nicht abwirft. .. Gestern machte ich dem Sultan von Tiboo, in dessen Lande ich mich augenblicklich auf halte, meine ofsicielle Visite. Er lebt in einem kleinen Erdhäuschen mit Palmenzweigen bedeckt und empfing mich in einem Zimmer, das außer ihm und den Vornehmsten seines Volks noch zwei Ziegen und ein Pferd beherbergte. Se. Majestät saß auf einer niedrigen Ban? von Rohr, geklei det in eine blaue Blouse mit einem Ungeheuern, furchtbar schmuzigen Turban auf dem Kopfe. Ich ging auf ihn zu und gab ihm die Hand, zum Zeichen, daß ich ihn für keine über mir stehende Person hielt — zum Erstaunen aller Tiboos —, und erkundigte mich nach seinem Befinden. Er frug mich dagegen, wie ich die Königin von Eng land verlassen, und versicherte mir, daß ich ohne alles Bedenken sein Land durchziehen könne, da er Alles für mich thun werde, was er könne. Er war sehr erfreut über meine Absickt, einen Kurier nach Murzuk zu senden, den ersten einzelnen Bo ten, der je diese Reise gemacht, und versprach