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hatten fast immer die Direktion der Leipzig» Dresdner Eisenbahn befolgt. Hr. Coxwell zog drei mal hat Brntil; die Papierstreifen sanken immer noch, das Pentil klappte abermals drei mal und nun flatterten die «eben Wegweiser lustig in die Höhe. Der Ballon sank sehr rasch; man fühlte dies deutlich an einem unangeneh men Luftdruck in den Ohren. Um 5 Uhr 45 Minuten waren wir wieder bis zu 4000 Fuß herabgesunken und Hatten zugleich den schönsten Theil der durchflogenen Land schaft unter uns. Die Mulde fließt hier in hundert ma- Ltischeo Krümmungen zwischen grünen Ufern dahin, überall blick«», zerstreute Höfe aus Baumgruppen hervor, eine Meng^ Won Dörfern und Städtchen, leider bei der immer stäckr'Äntretenden Dämmerung in der Ferne blos noch am Rauch: ihrer Schornsteine erkennbar, traten in den Rahmen ünsers Panorama, während wir scheinbar direct auf die ^tadt Wurzen zuscgelten. Besonders reizend erschien Hrn. «oxwell die Landschaft aus dem Grunde, weil sie ihn an NH heimische Thal erinnerte, daß der klassische Strom He- Avon durchfließt. In diesem Augcnbicke brauste auch «pm Bahnzug zu unserer Rechten durch den Wald, blos wahrnehmbar an der milchweißen Dampfschlange, welche sich läng gedehnt hinter ihm nachringelle. Nun begann Zwischen den beiden bewegenden Gewalten des Windes und A^Hampfes ein interessanter Wettkampf, aus dem der «gston siegreich hervorging, wohl besonders deshalb, weil Ä'iM, Fallen begriffen war und in schiefer Richtung aßwMS strebend einen sichern Ankergrund suchte. Wie ieiUtttHahrener Steuermann schaute der Lenker des Luft- HHUSKach jenem aus. Es ward beschlossen, die Mulde zu püssireü und auf einem breiten Felde links von Wur zen niederzufallen. Durch richtige Handhabung des. Ven tils gelang dies vollkommen. Wenn das Aufsteigen eines riesigen DaUonS schon ein anziehendes Schauspiel gewährt, so' mllß das Herabfallen desselben noch viel interessanter «nzusehen sein. Der Koloß senkte sich tiefer und tiefer; er Wettrieb die auf den Feldern unter ihm noch beschäftigten Menschen, welche erschrocken die Flucht ergriffen, auch die Acketpferde rissen, aus, während aus der Stadt die halbe Bevölkerung im schwarzen Gewimmel dem nie erblickten Echaufpiel entgegeneilte. Jetzt streifte der Anker dell Bo- Hin, aber der umsichtige Führer bemerkte, düß er in be bautem Sassbe haften bleiben würde, und gestattete daher Wem-Ballon, sich nochmals um einige Fuß zu erheben. An dsk Seite eines Hügels, der Kieselberg genannt, faßte «blich der Anker zum zweiten mal Grund, straff zog sich das Tau an, der Ballon that einen Ruck, als schreckte er Ka sich selbst zusammen, die Gondel schaukelte ein paar mal hin und her, wobei es galt, sich sestzuhalten und dann ^Berührte sie wieder terra ßrma. Die Lustreise war beendigt; ich darf sagen, daß ich es lebhaft bedauerte, dieselbe nicht in weiterm und größern Maßstab ausgeführt zu haben. Nochmals kann ich versichern, daß nicht die mindeste Ge fahr dabei zu befürchten, durchaus kein unangenehmes Gefühl zu empfinden ist. Ich selbst bin sehr zum Schwin del geneigt, und es kostet mich die größte Ueberwindung, an der senkrechten Wand eines hohen Thurmes herabzu sehen. AuS der Gondel dagegen konnte ich ohne den lei sesten Anflug jener unangenehmen Empfindung in die un geheure Liefe blicken und die ausqeworfenen Papicrstück- e^n mit den Lugen verfolgen. Bielleicht ist daran der Umstand schuld, daß der Blick jeden Maßstab verliert; Man würde kaum glauben, in welcher Höhe man sich be finde, wenn nicht das Barometer unwidersprcchlich davon Überzeugte^ Der Eindruck, welchen man in der Gondel des Ballons empfängt, ist durchaus mit keinem andern zu vergleichen. Ich habe auf dem Gipfel des höhen SaentiS^in bös Schweiz, 787V Fuß über dem Meere, geständen ünd^trotz der weiten, von dem herrlichsten Wetter begünstigten FÄn» schau durchaus nicht das Gefühl der Befriedigung und der Freiheit so lebhaft empfunden wie in dem gebrechlichen Schifflein des Ballons. Von diesem aus ist auch das Pa norama ein ganz anderes, vollständigeres, denn nicht- wird verdeckt, und wir sehen sogar senkrecht unter uns ei nen jeden Gegenstand. Ob das Gefühl jener Befriedigung seinen Grund in dem völligen Loßreißen von der Scholle oder in dem triumphirenben Bewußtsein deL Menschen hat, daß er auch die widerspänstigsten Elemente zu besiegen, die schwierigsten Probleme der Natur zu lösen vermag, sei dahingestellt; jedenfalls aber ist der Eindruck, welchen man hoch da oben in den Lüften empfängt, ein erhabener, ge-, wattiger, unauslöschlicher, der Jedem, der ihn empfangen, der merkwürdigste seines Lebens sein wird. Nach Lust kommt Last. Nachdem wir uns niedergelassen hatten, galt es vor allen Dingen, den Ballon zu entlee ren und zu verpacken. Dies war schon um deswillen keine leichte Arbeit, weil wir dazu allzu reichliche Hülfe beka men. Wer i» Wurzen Zeit und Beine hatte, war heraus gelaufen, um die gefallene Größe zu bewundern; aber diese Bewunderung war mit einigen Unannehmlichkeiten verknüpft, die uns ziemlich kalt gegen ihre Anerkennung ließen. Besonders hatte man dafür zu sorgen,sbit bren nenden Cigarren von dem entströmenden Leuchtgas fern zu halten, ebenso aber auch den wohlgemeinten Eifer der vielen Hülfcleistenden in die richtigen Schranken zu ban nen. Das Gas entwich ziemlich langsam; der ungeheure Ballon, welcher schon eine birnförmige Gestalt angenom men hatte, wälzte sich auf dem Stoppclfelde hin und her und jagte die nachdrängende Menge bald nach rechts, bald nach links, gleich als sei er ein in den letzten Züge» lie gendes Unthiev, dessen Lodcszuckungen noch gefährlich seh» können. Aber immer schwächer und schwächer blähte tr sich, bis endlich das im obern Mittelpunkte angebracht» Ventil in den Bereich der Hand kam und offen gestellt werden konnte. Alsdann dauerte es nur, noch wen^e Minuten, bis das Gas wenigstens so viel-als möglich entwichen war. Der Ballon wurde nunmihrforgfältig zu, sammengclegt und aufgerollt, und siehe da, das Riesenwerk bildete einen veryältnißmäßig kleinen'Ballen, welcher ganz gut in dem Korbe der Gondel Platz fand. Einnpequirir, ter Wagen stand bereit; um 8 Uhr saßen wir in dem Dampfwagen und um halb 9 Uhr in Auerbach's Keller io Leipzig. Zum Schluffe will ich noch einige statistische Notizen über unser Fahrzeug geben. Der Ballon „SylpH", mit welchem Hr. Coxwell schon über IVO Reisen gemacht hat, ist «7 Fuß hoch und hat einen Inhalt von 45,000 Ku bikfuß. Es sind dazu verwendet IIOÜ Ellen Seidenzeug; dasselbe ist eigens zu diesem Gebrauche verfertigt und muß besonders möglichst breit sein, damit nicht allzu viele Näht» das Gewicht erhöhen. Die Elle von diesem Zeuge kostet 12 Schill, oder 4 THIr. Es dies mit einer Kautschuklö sung getränkt undüderfirnißt. Das Netzwerk, welches den ganzen Ballon umgibt und den Ring mit der Gondel trägt, verlangt ganz besonders sorgfältige Anfertigung; eS besteht aus dem besten Hanf und es kommt sehr autdi» Gleichmäßigkeit, Zahl und richtige VettlMung ftk^Wä, schen an. Wie viel daran liegt';.*kann'schön'der! stand darthun, daß ein zufälliger Riß des Ballöns uüMg» lich die Grenzen einer Netzmasche überschreiten kann , tvom eben das Netz richtig geflochten ist. Der Lvftfchiffep daher diese Arbeit nur unter seiner beständigen Aufsicht vornehmtsi" läffen." Jur Füllung des Ballons find S2,VVV