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begegnen. Ich gebe nichts auf Uesen jungen Menschen, er ist ein schlechter Patron, der seine alte redliche Mutter mit seiner Lüderlichkert in'S Grab geärgert hat. Und was ihn noch verächtli» cher macht, das ist sein preußenfreundliches Wesen — man sagt sogar, er sei ein geheimer preußischer Agent." „Das weiß ich nicht," antwortete Robert hef tig, den Anflug großer Bestürzung, die ihm ein dunkles Roth auf die Wangen trieb, unterdrückend -- „der Meinhard ist mein Schulkamerad und mein Commilitone von der Universität her; gegen mich hat er sich jederzeit rechtschaffen gezeigt. Und vielleicht sagt man ihm, weil er ein lebelustiger Bursch ist, etwas zu viel nach. Sie wissen ja, lieber Vater, wie die Leute sind." (Fortsetzung folgt.) —— Vermischtes. Die Privatwohlthätigkeit in Kirchen- und Schul- errichtung bietet in England wirklich außerordent liche Erscheinungen. Die alte Lambethkirche war baufällig, und der Vicar setzte in der Presse aus einander, daß es wohl wünschenswerth sei, einen vollständigen Neubau vorzunehmen. In demsel ben Blatte zeigte ein Unbekannter an, daß er für diesen Fall für seinen Theil tausend Pfund be reit halte. Fast war man geneigt, bei der Ano nymität dies für einen schlechten Witz zu halten; aber wie Sammlung begann, kamen die tausend Pfund richtig anonym kn. Es hat sich aber nun doch enthüllt, daß der Geber ein Branntweinde- stillateur Mr. Beaufoy ist. Dieser selbe Mann, der seinem Namen augenscheinlich Ehre macht, ist es, der auch zur Errichtung der L,smbetb kaggell Sckool den ganzen Fonds mit 14,500 Pfund her- gegeben hat. Bei Lebzeiten! das vergesse man ja nicht; und es ist doch kein Grande von Belgrave square oder Cornhill, sondern ein simpler Bürger und praktischer Gewerbtreibender, dessen Fabrik schornstein fleißig neben den Vaurhallgärten raucht. Der Berliner Criminalpolizei ist es gelungen, ei nen großartigen Betrug zu entdecken, der in den Annalen der Berliner Criminalistik bisher völ lig unerhört ist. AÄ 30. Septbr., Abends spät, erschienen auf dem neuen katholischen Kirchhofe vor dem Oranienburger Thore in Berlin der Unter» suchungsrichter des Stadtgerichts, Eriminalrath Schlöttke, der Staatsanwalt Meier und der Poli? zeirath Stieber mit einer bedeutenden Anzahl von Polizeibeamten, und fand sich auch der Propst Pell- dram halb daraus dort ein. Nach länger» Recher chen zwischen den verfchiebtytn GräbM sDitfM diese Beamten zur Eröffnung eines Gra^s, chem am 24. Novbr. 1848 der' Schneidermeist« 7 Franz Thomatscheck begraben worden war. Judt« mit vieler Mühe geöffneten Grabe fand, man d«^ Sarg noch ziemlich wohl erhalten vor. Me P o ÜzA ^ L beamten behaupteten, haß in demselben kein^Letch'M na.m zu finden sein würde. Man erbrach mit Wr Vorsicht den Sarg, und wirklich, zum Erstaun« aller Anwesenden, fand man in demselben nichts M ein altes Plättbret und ein Bund halbvermodeM Stroh. Ein Leichnam lag nicht in dem Särge? oh? wohl solcher, wie sich der Todtengräber deutlich er» innerte, mit allen kirchlichen Ehren begraben wor» den, und obwohl an diesem Sarge bei der Beerbt» gung mehre Angehörigen geweint und geklagt hat» ten. Inzwischen waren hier in der Stadt.von Sei ten der Polizei einige Verhaftungen vorgenommen worden, und namentlich war auch der Arzt verhak, tet worden, der den angeblich in diesem Sarg« he» grabenen Lodten in seiner letzten Krankheit behan delt und für denselben den Todtenschein ausgestellt hatte. Das hier vorliegende, ebensowohl räthsel? hafte als anscheinend grausenvolle Sachperhältniß - klärte sich bald einfach dahin auf: Im Herbst 18« ; wohnte der durch seinen Zettungskrieg mit einens Feuerversicherungsgesellschaft bekannte Schneider meister Anton Thomatscheck (der sogenannte Eides» leister mit dem geschlossenen Ringe am Halse) ter den Linden Nr. 47. Bei demselben ^ befand, sich zum Besuch sein Bruder, der Schneidermeister Franz Thomatscheck. Beide lebten in dürftig« Vermögensumständen und kamen auf die Met, sich in einer eigenthümlichen Weise Geld zu vek . schaffen. Anton versicherte nämlich hei znrei aus? wärtigen Lebensversicherungs-Gesellschaften das Le- - den des Franz mit 10,000 Lhlrn. Gold- , Kaum aber war diese Versicherusttz in Ordnung, alS Franz scheinbar plötzlich krank wurde und am 20- November scheinbar starb. Ein hiesiger Arzt ließ sich gegen eine Belohnung von 100 Thalern be wegen, einen falschen Todtenschein auszustellen, auf Grund dessen der Beerdigungsschein ertheilt wurde. Die angebliche Leiche wurde in «in« * Sarg gepackt und dieser mit allen Ehren und Hk remonien begraben. In der Wahrheit hatten aber Franz Thomatscheck kurz vor seinem, angeblichen Lode das Haus seines Bruders heimlich .verlassen, und nachdem er in der Entfernung sein eigenes Begräbniß mit angesehen und seine eigme Leichen? rede gehört hatte, war er ins Ausland; geflohen* Zy den Sarg hatte man in ^Wahrheit ein altr- Plättbret, ein nasses Bund Stroh und, um «mm LodtevKruch künstlich zu erzeug«, einen Hau-