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232 möge drnStadtrath ersuchen, womöglich eine Re- guttruqg in der Einnahme des Städtegeldes in soweit vorzunehmen, daß dasselbe nicht mehr wie jetzt einkafflrt- sondern, gleich in anderen Stäb- tyr, durch die Marktfieranten selbst, gegen Quit- tung, auf dem Rathhause abgegeben werde, wo bei auch die Verloosung der Marktstellen in Frage kommen dürfte;" — und findet einstimmige Zu- stimmung. — Schluß der Sitzung gegen 8 Uhr. Aus dem Vaterlmrde. JnNieder-Gurig bei Bautzen entstand neu lich ein bedeutendes Schadenfeuer, das man für angelegt hielt. Jetzt soll der Brandstifter in Ca- menz ergriffen worden sein. Ein Bettelbube aus Preußen soll es sein, der die ruchlose That aus Rache verübt hat, weil man ihm am Orte der Brandlegung ein zu kleines Stück Brod gereicht habe. Fragen wir uns, sind die Thaten dcrWil» den und der Wahn der alten Zeiten nicht erhabe ner und reiner als die Gegenwart. — Das königl. Ministerium der Justiz hat Anordnung erlassen, daß.der Bau der Bezirksgrrichtsgebäude in Mitt- weida nun sofort beginne, damit dieselben noch im heurigen Jahre unter Dach gebracht würden. Zunächst wird mit Abtragen des Rathhauses und der demselben zunächst gelegenen 3 Häuser in der Rochlitzer Gasse begonnen werden. Die Stadt Mittweida selbst bringt zu diesem Bau schwere Opfer: sie hat ihr Rathhaus ohne alle Entschädi gung abgetreten, und erlegt außerdem noch baare 15000 Tblr. und zwar: 5000 Thlr. sofort bei Beginn des Baues, und IOOOV Thlr. in den nächsten zehn Jahren, in jedem Jahre 1000 Thlr. — Das Bad „Elster" bei Adorf im Voigtlande scheint in segensreicher Wirksamkeit rasch aufzu- dlühen. Der rühmlichst bekannte Brunnenarzt vr. R. Flechsig, ist zugleich ein tüchtiger und ge wandter Chemiker. Jetzt ist dem Bade durch den Fund einer Salzquelle im alten Bette der Elster eine bedeutende Bereicherung geworden. Man hegt Vie angenehme Hoffnung, daß in nicht zu langer Zeit das Bad ein glücklicher Nebenbuhler der böh mischen Bäder werden wird. — Von Dresden nach Leipzig wird nun täglich — oder vielmehr nächtlich — auf der Eisenbahn auch ein Nacht- Eilzug in Gang gefetzt, welcher aber nur bemooste .Passagiere befördern wird, da nämlich Wagen 3. Elaste zu solchem gar nicht gegeben werden. — In Roßwein hat dieser Lage ein junger frem der Herumtreiber in dem Hause eines dortigen Tuchfabrikanten einen „kühnen Griff" gethan, und circa 780 Thlr. in Golde an sich genommen. Auf die Entdeckung des kecken Prarticanten hat der Betheiligte 50 Thlr. Prämie gesetzt. <—. - Zwei Weihnachtsabende. (Beschluß.) Als die Glocken zusammenklangen, um die Gläu bigen zur Mette zu rufen, fuhr sie empor. Die verhängnißvolle Stunde war gekommen. So hat ten ihr die Töne des Friedens und der Fredde nie geklungen. Während die Leute in den Kir chen dem neugeborenen Heilande das Hosianna sangen, faltete sie die Hände krampfhaft und be tete; aber ihr Kopf war so wirr, sie wußte nicht was und für wen sie betete. Langsam schlich diese Leidensstunde vorüber. Die Glocken erklangen wieder, um das Ende des mitternächtlichen Got tesdienstes anzuzeigen. Noch ließ sich kein Lärm hören; hoffentlich war die Flucht gelungen. Aber eben dieser Gedanke siel wieder wie Bergeslast auf die gemarterte Seele, und unter einem Strome von Thränen drückte das arme Mädchen das Ge sicht tief in das Kissen, uNd was ihr Mund nicht ausrufen durfte, das rief um so lauter das durch wühlte Herz: „Werde ich ihn denn auch wirklich Wiedersehen?" Es ist wieder Weihnachtsabend, ein ganzes Jahr später, also im Jahr 1848. Wir sind wie der in derselben Stadt, aber nicht mehr in der Frohnfeste, sondern in einer entlegenen Vorstadt, in der niedern Stube eines kleinen Hauses. Es brennt kein Christbaum darin, nur ein Licht, das große Rosen ansetzt, weil sich Niemand darum kümmert, und doch sind drei Personen in der Stube. Ein Mann mit. gerunzelter Stirne geht auf und ab, eine Frau sitzt neben dem Ofen und ein Mädchen am Tisch, der an dem Pfeiler zwi schen den zwei kleinen Fenstern steht- Das Mäd chen hält in der linken, schlaff auf den Tisch ge. sunkenen Hand eine Näharbeit, der rechte Arm ist aufgestützt, die Hand vor der Stirne, als solle sie einen Augenschirm gegen das Licht abgeben. Unter dieser Hand hervor fallen große schwere Thränen auf den weiß gescheuerten tannenen Tisch. „Und gerade weil «S sich jährt in dieser Nacht," sagte der Mann mit schwachem Nachdrucke, ohne seine Wanderung einzustellen, „gerade weil es der selbe Abend ist, an dem dein unverantwortlicher Leichtsinn ynS in das Elend gestürzt hat, gerade darum habe ich ein Recht, von dir zu verlangen,