Volltext Seite (XML)
211 — „Nationalanlehen des deutschen Bölkes" unternommen haben, befindet sich auch der berüch- tigre, von Berlin, Dresden, Leipzig, Pfalz und Baden her bekannt gewordene Dr. d'Ester. Wie sehr diesem in Geldpunkten Vertrauen zu schenken ist, mögen folgende Thatsachen belegen. In Ber lin richtete er sich als Abgeordneter mit orientali schem Pompe «in, ließ neue Möbels, Tapeten, Vorhänge und dergk. anfertigen, und bezahlte schließlich, da die Berliner Kammern von 1849 aufgelöst wurden, den armen Handwerkern auch nicht einen Pfennig. In Leipzig ließ er eine Menge Circulare an die Partei, Congreßbeschlüsse, Aahaltische Gemeindeordnung -und dcrgl. drucken, und bezahlte der Vereinsbuchdruckerei auch nicht einen Pfennig. Und solche Lumpen schreiben An leihen aus! Es ist zum Todllachen. Aus der baier. Pfalz, 2». April. Je mehr es in den Frühling hineingcht, desto klarer wird es, daß in diesem Jahre eine Menge Menschen die Pfalz verläßt, um nach Amerika überzusiedeln. Jede Beilage zum Amtsblatt bringt neue amtliche Ausschreiben über Personen, welche die Helmath definitiv verlassen wollen, und wie viele gehen dahin, ohne Anzeige- zu machen, also ohne ihre Heimathsrechtc diesseits des Meeres vor der Hand aüfzuMen! Das Bedenklichste dabei ist, daß so sehr viele junge kräftige Leute auswandern. Auf fallend dabei ist auch die Zahl der minorennen Jünglinge, die das Weite suchen. Fast scheint es, als wollten sehr viele derselben auf diese Weise der Konskription ausweichen. Die Ueberfahrls- preise sind bereits gestiegen, und wie man hört, sollen sie noch höher hinaufgchen. Aus Schleswig-Holstein klingen die Nach richten immer betrübender. Die Verfolgungen, de nen die deutschgesinnten Schleswiger ausgesetzt sind, dauern fort, und die eiserne Hand Dänemarks lastet schwer auf dem Lande. In Holstein geht es nicht viel besser, denn der Einfluß der von Oesterreich und Preußen bestellten Commissare ist ein äußerst geringer, und die Dänen haben in diesem unbestreitbar deutschen Lande ziemlich freies Spiel. Den gegebenen Versprechungen zum Hohn ist jetzt selbst den invaliden Offizieren ihre Pen sion entzogen worden; auch den Wittwen und Waisen, deren Väter und Versorger in dem Kampfe gefallen, ist jede Unterstützung, die zeither durch das Gesetz gewährleistet war, entzogen worden. — Die dänische Regierung hat nun die sogenannte Notablenversammlung, welche die Verhältnisse der Herzogthümer regeln soll, ernannt. Zwei Drit theile dieser Vertrauensmänner sind entschieden dänisch gesinnt, und man kann leicht im Voraus ermessen, in welchem Geist« die Beschlüsse dieser Versammlung, welche Mitte Mai in Flensburg zusammentrelen soll, ausfallen werden. Zu Paderborn in Westphalen gab es am Charfreilage einen Volksauflauf, der indeß nur gegen einen Kirchenräuber gerichtet war. Ein verworfener Kerl hatte sich nämlich Abends vor her in der Kirche der barmherzigen Schwester« einschließen lassen, und ist eben um Mitternacht beschäftigt, den Gottcskasten zu erbrechen, als er von einem handfesten Dienstmädchen, welches noch spät seiner Andacht wegen zur Kirche gekommen war, bei diesem verbrecherischen Geschäft entdeckt und unter dem Rufe: „Diebe! Diebe!-!' festge halten wird, worauf sogleich mehrere Perkosse« ihr zu Hülfe eilten. Tags darauf nun wurM M Bösewicht, mit mehr als 70 bei ihm gefunHlM^ Haus- und Hauptschlüffeln um den Hals und den Opferkasten in den Händen tragend, im Be gleit von einer zahlreichen Menschenmenge durch die Stadt dahin gebracht, wohin er gehörte: ins Stockhaus. "' Aus Würtemberg mehren sich die Klage« über das feindliche Auftreten des Katholicismus. So schreibt man dem „Beobachter," daß in ei nem schönen Alpenthale, wo bisher Katholiken und Protestanten einträchtig mit einander verkehrt hät ten, jetzt ebenfalls Zwietracht angefacht werde durch das Wirken zelotischer Priester. Einer derselbe« verbot z. B. jüngst einer Botenfrau, des Sonn tags Briefe in die Stadt zu tragen. „Wenn die Briefe fortmüssen, so solle sie einen Prote- stanten hinschicken!" — Natürlich! was scha- del's, wenn der in die Hölle kommt? — Ferner: ein katholisches Mädchen aus desselben Pfarrers Gemeinde arbeitet in einer Fabrik und besitzt die besten Zeugnisse über Fleiß, Sparsamkeit und Aufführung; jeden Kreuzer hält sie ängstlich M sammen, um ihren Geliebten, einen braven Pro testanten, der seinerseits durch gleiche Sparsamkeit sich ausgezeichnet, endlich heirathen und ein ^e. schäft mit ihm anfangen zu können. Der Pfarrer aber hat es anders beschlossen; waS gilt der Fun ken der Liebe, den Gott selbst in seiner Menschen Herz gelegt, gegen den Willen der Kirche? Das Mädchen beichtet dem Pfarrer, er verweigert ihr die Absolution, und verweigert sie sö lange, bis das arme Mädchen, durch die Vorstellung der Strafen der Vcrdammniß geängstigt und gefoltert, den braven Burschen aufgiebt. — Du hast gesiegt, Priester! waS thut's, daß du zwei gute Mensche« um ihren guten Glauben an die Stimme des Herzens, um den Anker ihrer Sittlichkeit, ihrer Hoffnung und ihns. LrbeusglückeS gebracht hast?