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aus einem punktierten Bläsermotiv, zeichnet sich durch seinen scharf profilierten Rhythmus aus und bestimmt im wesentlichen das thematische Geschehen des größtenteils von kämpferischen Stimmungen erfüllten Satzes, da sich ihm gegenüber einige Seitengedanken kaum durchsetzen können. In der Coda ist abermals das Motto der Sinfonie zu hören. Das Scherzo steht hier nicht, wie meist üblich, an dritter, sondern an zweiter Stelle. Eine eigenwillige Sechzehntel-Figur der ersten Violinen ist das wichtigste Motiv des Satzes, der im allgemeinen die Stimmung des ersten Satzes fortführt. Zwei Trios, eines im wie genden Triolenrhythmus, das zweite schlicht liedhaft angelegt, unterbrechen das Scherzo, in dessen Schlußteil durch Hörner und Trompeten im Fortissimo wieder das Motto ertönt. Im „Adagio espressivo" beginnen die Violinen, gestützt von den tiefen Streichern, mit dem kantablen Hauptmotiv, gefolgt von Oboe und Fagott. Nach den sanften, wehmutsvollen Klängen des c-Moll-Beginns und einem kleinen Streicherfugato im Mittelteil klingt der Satz in klarem C-Dur aus. Seelische Befreiung bringt endlich das von einem schwungvollen C-Dur-Tonleiterlauf der Streicher eröffnete Finale [Allegro molto vivace). „Erst im letzten Satz fing ich an, mich wieder zu fühlen", berichtete der Komponist. Der archtektonisch gewaltige Satz, in ganz freier, von der Tradition abweichender Form geschrieben, bietet neben dem frischen, zuerst im Bläsersatz erklingenden Hauptthema eine Fülle von weiteren Themen und Motiven, die teilweise auch aus den vorhergehenden Sätzen abgeleitet wurden, und läßt größten teils frohe Bilder an uns vorüberziehen. Der längste Teil des Finalsatzes ist die ab schließende gigantische Coda, die u. a. auch den Mottogedanken der Sinfonie wieder auf greift; die Schlußsteigerung des Satzes wird durch ein neues Motiv, das Zitat einer Beethovenschen Melodie aus dem Liederkreis „An die ferne Geliebte", bestimmt. Das Klavierkonzert Nr. 1 d-Moll op.15 von Johannes Brahms gehört zu den Jugend werken des Meisters. Es wurde in seiner Urform als Sonate für zwei Klaviere entworfen (1854), auch Pläne für eine Sinfonie hatte der Komponist ursprünglich damit verbunden. Die ersten Aufführungen des dann endgültig zum Klavierkonzert umgestalteten Werkes fanden mit Brahms als Solisten kurz nacheinander Anfang 1 859 in Hannover und im Leipziger Gewandhaus statt, wobei es allerdings besonders in Leipzig zu einem völligen Durchfall des Konzertes kam. Der Komponist äußerte sich darüber in einem Brief an seinen Freund, den berühmten Geiger Joseph Joachim, recht sarkastisch: „Ohne irgend eine Regung wurden der erste Satz und der zweite angehört. Zum Schluß versuchten drei Hände, langsam ineinander zufallen, worauf aber von allen Seiten ein ganz klares Zischen solche Demonstrationen verbot. Weiter gibt's nun nichts über dieses Ereignis zu schreiben, denn auch kein Wört chen hat mir noch jemand über das Werk gesagt! Dieser Durchfall machte mir übrigens durchaus keinen Eindruck ... Ich glaube, es ist das beste, was einem passieren kann: das zwingt die Gedanken, sich ordentlich zu sammenzunehmen, und steigert den Mut. Ich versuche ja erst und schaffe noch. Aber das Zischen war doch zuviel ..." Die Gründe für diese überaus schlechte Aufnahme der ersten bedeutenden Or chesterschöpfung des jungen Brahms bei seinen Zeitgenossen mögen besonders darin zu suchen sein, daß es sich hier nicht um eines der üblichen Virtuosenkonzerte, sondern um ein rein sinfonisch angelegtes Werk handelte, bei dem das Klavier - kein virtuos konzertierendes Soloinstrument mehr - ebenso wie die anderen Orchesterinstrumente der sinfonischen Entwicklung nutzbar gemacht wird. Daneben mögen auch die Monu-