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ßen ihn für einen Augenblick den Verlust sseiner Freiheit vergessen. Wenn aber heut« Kuf die kö» nigiiche Tafel angebrannte Suppen, hartesFleisch, versalzene Gemüse oder verkohlte Braten kamen, so war niemand Anderes daran schuld als Bött- cher. Um den schlecht gekleideten Fremdling hatte sich ein dichter Kranz neugieriger-Küchenmeister, Koche, Zehrgärtner und Küchenjungen gereiht, die in ihren weißen Zacken, Hosen, Schürzen, Zipfel, mützen und den schwarzen Haarbeuteln wie ein lebendiger Zauberring sich ausnahmen. Wie eine Giraffe unter Gazellen, oder wie ein Kirchthurm unter niederen Bauerhäusern, ragte der riesige Hoftürke unter den weißen Lämmern hervor und verschlang fast den Goldkoch mit den weit auf- gerissenen Augen. Unter diesen Umständen war es Böttcher nicht zu verargen, wenn er sein Mahl etwas abkürzte und bald bereit war, seinem Füh rer zu folgen, der ihn zwei Treppen hinauf stei gen ließ. Ein geschmeidiges Männchen empfing ihn höflichst in einem prächtigen Zimmer und nö- thigte ihn, Platz auf einem in der Mitte stehen den Sessel zu nehmen. Schnell umgab eine Ser» vielte den Hals und weißer Schaum den ansehn- üchen Bart Böttcher's, der unter den kunstflinken Händen des Männchens bald perschwand. Dann flog ein weiter Pudermantrl um die Schultern des Rasirten; Scheere, Kamm uyd Brenneisen ar» beiteten abwechselnd in seinem Haupthaar; Mehl staub verwandelte das blonde in weißes; zierlich gedrehte Locken beschatteten die vorhin unbedeckten Schläfe. Ein brannes Hofkleid, seidene Strümpfe, beschnallte Schuhe, ein. Traghütchen, Manschetten und ein Degen, der freilich nicht aus der Scheide ging, verwandelten in Kurzem den dürftigen Her, ymstreicher in ein süßes Hofherrchen. Der Schö pfer dieser Umwandelung freute sich seines gelun genen Werkes und führte den Umgeschaffenen vor den höhen Spiegel, in welchem derselbe statt sei nes eigenen ein fremdes Gesicht zu erblicken wähnte. Jetzt bedeutete ihn der Hoffourier, wi« er nun unverzüglich bei Sr. Majestät zur Audienz kom men würde. Beklommene» Herzens stieg Bött cher wieder eine Treppe herab und gelangte durch eine Reihe glänzender, mit Hofleuten angefülltM Zimmer in das Vorzimmer des Königs, wo er die Weisung erhielt, zu warten, bis her Monarch das dem Könige von Preußen für zwölf chinesische Porzellan-Vasen überlassene Dragoner -Regiment verabschiedet haben mürbe, - - Prompetenkläuge/Paukenwirbel , Mrdegetrap»^ pel zogen Alle an die Hohm Hensies dem Schloßthurme, durch das grüne Thor herein, paradirte, belockt, bezopft und bepudert,'das schönste Reiter-Regiment hervor und stellte sich, den kö- niglichen Gemächern gegenüber, in dem geräumi gen Schloßhofe auf. In einer wie mit dem Li neal gezogenen Linie standen gerade und unbe weglich die langen Reihen der glänzenden Krieger, welche man für steinerne zu halten geneigt gewe sen wätt, hätten nicht hie und da die Huft der schmuM Rosse unsanft gegen die Stemplattm geschartt. Als das Regiment geordnet und ge richtet stand, sprengten sämmtliche Offiziere än die Halle heran und stiegen ab. Bald tönten schwere Tritte und Sporengeklirr vor dem könig lichen Vorzimmer. Auf sprangen die Flügelthü- ren, und den ehrwürdigen Obersten von Stacke!« berg an der Spitze, marschirte, einen Schritt, eine Bewegung beobachtend, in stolzer Haltung - das Offiziercorps herein und zum König., Zwer Helle Ehränen tropften von dem grauen Schnurr bart« des greisen Anführers, als er nach kurzer , Zeit zurückkehrte, und sehr ernsten, ja trüben Blicks folgten ihm seine Begleiter. Im Hofe wieder angelangt, nahmen sie ihre früheren Stel len ein, und das Regiment begann'vor dem Kö nige vorher zu deMren, der auS dem offenen Fenster herabschaute. Abschiednehmend senkten sich die Säbel der Offiziere, die Pallasche der Subal temen, die Standarte des Regiments, und unter lustigem Trompeten» und Paukenfchalle verschwan den sie durch das grüne Thor. ' Viel hatte Böttcher von - der außerordentlichen Körperstärke seines Landesherrn, den er jetzt zum ersten Male erblicken sollte, erzählen hören, und sich demnach eine hohe, gewaltige Vorstellung von dessen Leibesgröße gemacht. Er war daher nicht wenig verwundert, bei seinem Eintritte einen fast hageren , kaum mittelgroß«! Mann zu finden, der eben eine, der vorhin erwätznftn Basen betrachtete und dessen blitzender Stern und Ordensband in ihm. den Monarchen erkennen ließen. Aber auf dem wahrhaft schönen Gesichte verschmolz ehrsurcht- weckende Majestät mit gewinnender Milde, und die -roßen blauen Augen schienen nur Gutes zu v«kü«dea. August H. warf einen flüchtigen Blick auf den demüthig sich Verneigenden , und feine vorige Be» schäftigung fortsetzekd ließ er die Worte hinsirllen: „Sein Lame ist Böttcher?" — „Ja, Ew. Maje stät." „Er versteht die Kunst, Gold zu ckä- chmk" ^„Rein, Ew. Majestät." — „Man hat mir aber bestimmt versichert, daß Er im Besitze