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28 Keiner von denen., die in ihrer Schwärmerei al les Bestehende sofort über Bord werfen möchten, daS Schiff dadurch aber nur bald steuerlos ma chen würden. — Aber wen soll man wählen? --- die Tüchtigen! Seht Euch nur um, im Mittel stände unserer Bürger, es wird daran nicht ge brechen; es werden sich Männer finden, die die Bedürfnisse unsrer städtischen Gemeine und ihrer Glieder richtig erkennen, das gemeinsame Wähl gern fördern, und, wo es gilt, auch wissen werden, wie,sauer der Lohnarbeiter seinen Groschen erwirbt. Aber noch Eins: es muß auch gewählt werden, es muß seine Wahlzettel eknzureichen Jeder für eine Ehrenpflicht erachten, er muß sie selbststän dig, nach eigenem Urtöeil vollziehen. Mit guten Freunden) wohl mag er deshalb berathen, aber aufdringliche Hülfe soll Jeder scheuen, die ist selten im gemeinnützigen Sinn geleistet. — Und so sei denn, Mitbürger, Eure Parole bei diesem Wahlgeschast, so wie auch die unsrer Vertreter stets: „Mit Gott für das Wohl Frankenbergs!" Unterhaltende s. < Der goldne Knopf. - «Forts« tz u,n g.) Bestürzt über diese unerwartete Wendung des Gesprächs entgegnete Böttcher: „Ich fühle mich eben so unwürdig als unfähig dieser hohen Gnade und wage daher, solche unterthänigst abzulehnen." „Böttcher," sprach hier ernst und mit blitzen den Augen der Monarch, „bis hierher hat mir Sein Benehmen gefallen. Ein Schritt weiter — und icb erblicke darin nur bösliche Halsstarrigkeit, strafbare Widersetzlichkeit gegen Seinen Souverain, der Ihm wohl will. — Ich werde Ihm einen Ort anwcisen lassen, wo Er Seine Versuche er neuern und einem glücklichen Resultate nachstre ben kann, das Er bis jetzt nicht erreichen konnte, weil ihm in Seiner beschränkten Lage die nöthi- gen Mittel nicht zu Gebote standen. Von nun an soll dieß anders werden. — Meine ganze Gnade, so wie der Dank Seines Vaterlandes soll Ihm lohnen, gehen die ersten Goldbarren aus Seinen Händen hervor." Der König sagte die letzteren Worte mit wie der lächelnder Miene und ein Wink verabschiedete den verstummten Apotheker, der bald in einem, von Trabanten escortirten, auf allen Seiten ver schlossenen Wagen einer unbekannten Zukunft ent gegenflog. — Mehre Stunden ging es in reißen der Schnelligkeit dahin; endlich verrieth das lang samere Fahren, so wie das Keuchen der Pferde, daß der Wagen sinenBerg erklimmte. Jetzt hielt derselbe. Als würde ein schweres eisernes Thor geöffnet, dröhnte und quitschte es, dann donner ten die Gaule mit dem Fuhrwerke über eine höl zerne Brücke. Dichte Finsterniß hinderte plötzlich das Tageslicht, ferner durch die Ritzen der Kut sche zu schimmern, und das Drehen einer Winde berührte des Lauschenden Ohr Dumpf und hohl tönten dabei die Tritt« der Pferde und das Knar ren der Räder. — Abermals wurde angehalten. Die die Aussicht benehmenden Lederdecken wur den zurückgeschlagen und der Gefangene vermochte umher zu schauen. Die . abgesessenen Trabanten führten ihre dam pfenden Pferde vor einem hohen Hause kühl, auS welchem mehre Köpfe neugierig hcrablugten und den Inhalt der Kutsche zu erspähen suchten. Ein alter Kriegsmann mit schwarzen Ausschlagen auf der Montur, öffnete den Kuischenschlaq und be deutete Böttcher, ihm zum ComMandanten zu folgen. Diesen mochte der unerwartete Besuch aus sei ner Mittagsruhe gestört haben. Eine drollige Fi gur spielte er, da der Feldwebel ihm Böttcher vorstellte. Der fteine dreieckige Hut balancirte auf einer weißen^ Zipfelmütze, welche der Eilige abzunehmen vergessen hatte. Eine lange, bis auf die Hüften gehende Piqueeweste umschloß, fest an liegend, den Schmeerbauch, um welchen eine De genkoppel mit ihrer waagerecht schwebenden Waffe geschnallt war. Die kurzen weißen Hosen wur den durch die gewaltigen steifen Stiefel vor dem Hinabrutschen bewahrt, indeß die Arme sich be strebten, in die engen Aermel einer graublauen Uniform einzufahren. — Wahrscheinlich vermuthete er in dem zierlich und hofmaßig gekleideten Apo- thekergehilfen, einen königlichen Abgesandten, der ihm irgend einen wichtigen Auftrag, wohl gar das Patent einer Beförderung - oder ein Ordens band überbringen sollte; denn verbindlich war sein Empfang, gesucht die Entschuldigung seines An, zugs. Allein schon bei dem ersten flüchtigen Blick in die königliche Kabinetsordre verfinsterte sich ge waltig das Gesicht, welches eben erst der Hoff nung Strahl gesonnt hatte, und ganz anders lau teten nun die Worte des, seinen eigentlichen Cha- racter wieder annrhmenden Befehlshabers. „Casematte Nr. 5 in den Stand gesetzt für den Gefangenen!" erscholl es rauh zu dem har renden Feldwebel. Dann, Hut und Degen ab.