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328 dabei an, daß die Compagnie/im-Falle sie die Hand dieses Mannes ansschlage, Anstand nehmen müsse, sie ferner zu unterstützen.—Das arme Weib brach in einen Strom von Lhränen aus. „Habe ich sie betrübt?" fragte der junge Mann, der jetzt auch eingetreten war; „das wolle Gott nicht!" - Mit möglichster Fassung erwiderte Margarethe: „Sie sind zu edelmüthig, Sie verdienen das schönste Glück der Liebe, und das kann ich Ihnen nicht bieten. Wie soll ich eine Liebe erwidern können, -da in meinem Herzen die Liebe zu dem verlornen Gatten nie erkalten wird. Meine Knaben, sein Ebenbild, würden mir stets seine theuren Züge zurückrufen, und das müßte Sie unglücklich ma chen. Ueberdieß gehört meine ganze Sorgfalt nur meinen Kindern, und ich fühle es, ich werde nie anders denken und fühlen können. .Ihre edle Ge sinnung aber ehre ich von ganzem Herzen, und nehmen Sie meinen innigsten Dank für Ihren Edelmuth; aber bitte, stehen Sie von Ihrem An träge ab." Darauf wandte sie sich an den Direktor: „Er lauben Sie, daß ich jetzt für meine Kinder allein arbeite; ich fühle mich stark genug dazu. Darf ich mir aber eine Bitte erlauben, so ist es die, daß die Compagnie die mir bisher geschenkte Wohl- that einer andern Wittwe zuwendet. Ich und meine Kinder werden Ihre Großmuth nie ver gessen." „Nein, edle Frau!" rief voller Bewunderung der Direktor, „Sie sollen nicht allein für Ihre guten Kinder arbeiten! — Für Sie ist gesorgt. Ihres Mannes Schiff ist mit reicher Ladung von Batavia eingetroffen. Dieser Herr hat es geführt. Bon Ihrem Garten kann ich Ihnen freilich keine Nachricht geben; aber Ihr Antheil an dem Fracht gewinne und was die Compagnie für die geleiste ten Dienste Ihres Mannes hinzufügt, beträgt 12,ODO Gulden. „Gott im Himmel!" rief Mar garethe, „wie arm machst Du mich mit diesem Reichthum! — Ich sehe nur zu deutlich, meinen Gatten haben die Wellen verschlungen!" Sie sank auf einen Stuhl nieder. Aber sie bemerkte nicht, wie eine der Sekten- thüren sich öffnete und ein Mann in Seeuniform leise hereintrat und, die Augen voll Thränen der Wonne, sich ihr näherte. Erst, als er sie an seine klopfende Brust drückte, schlug sie die Au gen wieder auf. Es war ihr Gatte. Wer beschreibt ihre Ge-' fühle? - Getraide-Theuerung. Die jetzige Theuerung des Gettoides nach einer Reihe von Jahren, wo ein eigentlicher Mißwachs nicht siattgefunden hat, über die man sich also mit Recht beklagt, ist keineswegs ein befremden des Ereigniß, sondern eine Folge des langen Frie dens und der hieraus hervorgegangenen Wohlha benheit unserer Landbesitzer, welche, nach ökono mischem Ausdrucke, eine Ernte im Beutel, eine auf den Böden und eine in der Scheune haben, folglich im Stande sind, ihre Vorräthe zurückzu halten und Höhere Preise zu erzwingen, welche so dann die Wucherer noch mehr in die Höhe trei ben. Sie zeigt uns in dieser Gestalt auf der ei nen Seite die für Jedermann erfreulichen Wohl- thaten des Friedens, auf der anderen aber, wie solche der Eigennutz am meisten zu seiner Befrie digung mißbraucht. Sie ist ein wilder Auswuchs der bürgerlichen Freiheit, nach welcher diejenigen am deftigsten verlangen, welche ihre Erzeugnisse, ihr Gewerbe oder ihr Geld am höchsten zum Nach theil ihrer Mitbürger, ohne gesetzliche' für letztere wohlthätige Einschränkung, benutzen wollen. — Die eindringendsten moralischen Vorstellungen vpn Menschenliebe und Mitleiden sind Perlen vor die Säue geworfen; denn wo der Eigennutz vorherrscht, hat die Vernunft ein Ende, und der Verstand wird zur sophistisch-spitzfindigen, oft auch ganz frechen Vertheidigung des Wuchers genothzüchtigt. — Gab es doch in der neuesten Zeit Ständever sammlungen, wo man die vorgeschlagene Anle gung von Landwagazinen ohne Scheu aus Eigen nutz verwarf. Dieselbe Erscheinung wie sitzt fand vor dem Kriege von 1806 statt, wie sich noch Viele erin nern werden. Damals steigerte man, ohne vor herige Mißernte, den Dresdener Scheffel Korn in den Jahren 1805 und 1806 und noch kurz vor der Schlacht bei Jena, in dem gesegneten Thü ringen bis auf 10, und im Gebirge sogar bis auf 14 Thlr. Die zu Verhinderung der Gettoideaus- fuhr aufgestellten Truppen - Cardons fruchteten eben so wenig, als die Böden-Untersuchungen, weil man bei ersteren nicht alle Ausgänge versperren konnte und bei letzteren nichts finden wollte. Mit d«v Einmärsche der Franzosen sank auch so gleich Her Preis des Scheffls Korn bis auf 3 Thlr. herab, und diese Hunderttausende brachten doch nicht ein Körnchen mit und wurden gut ver pflegt. Nun wär mit einmal überall Grtraide zu haben. Damals, wie jetzt, gab es eine Menge