Volltext Seite (XML)
213 der Aberglaube im Volke dadurch verewigt wer den oder nicht. Unser Gewährsmann erzählt uns Folgendes über einen Vorfall, den wir nmd unsere Leser wohl nicht mit Unrecht zu den Seltsamkeiten zäh len dürfen. Ein protestantischer Pfarrer — der Name ist uns bekannt — wird zu einem Kranken gerufen. Nachdem er denselbengesehen, weist er nicht etwa zuvörderst hin auf die Zuratheziehung eines tüch tigen Arztes, sondern erklärt vielmehr denselben für vom bösen Geiste besessen. — Er schrei tet hierauf selbst ärztlich ein und verordnet Got tes Wort und Warmhalten. — Seiner An weisung zufolge schaffen die Angehörigen eine Menge Bibeln herbei und legen dieselben um den Kranken her. Da bessert sich scheinbar der Zu stand. Als jedoch gleich nachher wieder eine Ver schlimmerung eintritt, so geht man dem Patien ten noch ernster zu Leibe, indem man ihm die Offenbarung Johannis (!) auf die Stirn legt. Da wird der Kranke still und sein Zustand bald so Besorgniß erregend, daß man nun doch von den bis jetzt gebrauchten seltsamen Heilmitteln ab sieht und nach dem im Orte wohnhaften Arzte V. sendet, der den Zustand des Leidenden bereits so verschlimmert findet, daß seiner Erklärung zufolge bei längerer Behandlung des Kranken mit der Bibel es in fünf Minuten mit ihm ausgewesen lein würde. Der Arzt erklärte, nachdem er von dem Zu stande, des Mannes sich überzeugt, sein Leiden für Säuferwahnsinn, und der Herr Pfarrer hatte insofern nicht Unrecht, als er diesen für einen „bösen Geist" erklärte; allein daran müssen wir billig zweifeln, daß sein Heilverfahren von irgend einem medicinischen Collegium gutgeheißen werden möchte, abgesehen davon, daß, wenn seine Proee- dur scheinbar geglückt, dem Aberglauben Bieler wesentlicher Vorschub geleistet worden wäre. Unpolitisches Allerlei. Einer statistischen Uebersicht zufolge wurden im vorigen Jahre in die Staaten, des Zollvereins 5 Mill. 822,352 Ctnr. ausländische Waaren einge führt. Da nun zu diesem Transport 1000 see fähige Schiffe erfordert werden, der Zollverein aber deren nur 30 Stück in See habe, die Ein fuhr aber meist auf englischen und holländischen Schiffen erfolgt, so erhellt hieraus ziemlich deut lich, wie dem ehrlichen deutschen Michel von sei- nen Herren Vettern, dem biederen John Bull und den Käse-Handelnden Mynheers, Jahr aus Jahr ein der Beutel gefegt wird, ungerechnet das, was wir bei den Manufacturwaaren dem Auslande an Arbeitslohn an den Hals werfen. Daß die Könige nicht immer die Wahrheit hö ren, beweist ein neueres Vorkommniß in Baiern. Eine Deputation der protestantischen Gemeinde zu Landshut wendet sich, der endlosen Plackereien und Hemmnisse müde, welche ihnen als Protestan ten von mächtigen Gegnern seit langer Zeit berei tet werden, geradezu an den König. Dieser, ihre Beschwerden mit Interesse vernehmend, fragt nach der Zahl der Protestanten in Landshut. Man nennt dem Könige dieselbe. Der Fürst ist über die Zahl erstaunt, die man ihm früher absichtlich als höchst unbedeutend bezeichnet haben mochte und verlangt, die Beschwerden ihm schriftlich und zwar „in die eigene Lasche," zu übergeben. Wel chen Erfolg dieselbe haben werde, kann Niemand wissen, aber es wäre eine eigene Fügung der Um stände, wenn gerade die lange Verfolgten es wä ren, welche den schädlichen Einfluß vernichten zu Helsen berufen wären, der schon so lange verderb lich auf Volk und Land einwirkt: Am 20. Juni stürzte aus der dritten Etage eines Hauses auf der Rähnitzgaffe zu Dresden ein Blumentopf herab, wodurch der eben vorüber gehende 8jährige Sohn des Grafen v. B. so be deutend am Kopfe verletzt wurde, daß man an seinem Aufkommen zweifelt. Dieser unglückliche Vorfall möge doch ja von Allen beherzigt werden, welche ihre Fenster mit Blumentöpfen zu besetzen pflegen- ohne letztere durch ein'Eisen vor htm Herabfallen zu schützen. Zu Roscholan, einem Orte in Nördungarn, hat sich eine schauderhafte Begebenheit ereignet, die großes Aufsehen erregt und vollkommen verbürgt werden kann. Ein wohlhabender Müller Hatte einen schon erwachsenen Pflegesohn im Hause, der wegen seiner tadellosen und fleißigen Lebensweise die Freude seiner Pflegeeltern war. Da derselbe die Jahre det Selbstständigkeit bereits erreicht und überdies ein eigenes Vermögen von 6000 Fl. hatte, so drang man in ihn, sich ein Weib zu wählen, und manche roth^angige Dirne im Dorfe ließ den schmucken Burschen merken, daß sie ihrn.Wt, sei; allein er blieb kalt gegen die Liebesblicke Per Mädchen und taub gegen das Zureden der Pfle» geeltery und es mochte auffallen, .Paß/er eine, krankhäfte Scheu vor dem andern Geschlechte heaN