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212 B ! - - - Eine Seltsamkeit aus der Obcrlausitz. Unter dieser Ueberschrift berichtet der Löbauer Postillon Folgendes: - Als man seiner Zeit von allen Seiten her ernst tadelnd sich aussprach gegen jene pomphafte Rock- - ausstellung zu Trier, that man recht daran, weil jenes Schauspiel auf die Verbreitung einer grob sinnlichen Werkheiligkeit im Volke zu wirken ge eignet war, einer WtzrWiligkeit, welche leider noch immer bei so vielen Ungebildeten jenes wohlbe dachte Thun vertritt, dessen Quelle ein wahrhaft religiöses, für Gott und göttliche Dinge begeistertes und vom Verstände durchhelltes Gefühl fern sollte. Großes Unrecht würde man aber begehen, wollte man den Bekennern einer Kirche ausschließlich den Anbau jener, in ihren Wirkungen stets un heilvollen Werkheiligkeit in die Schuhe schieben; finden wir sie dock überall da und von denen ge predigt und in Schutz genommen, wo man um jeden Preis die Vernunft und das Denken dem Glauben unterworfen, sehen will, mag immerhiü die Klugheit, umarmte die Gräfin rückwärts und küßte sie heftig auf Schultern und Nacken. Luitgard wendete sich rasch um, zornentflammt stieß sie den Russen zurück und schlug ihn mit der kleinen Hand heftig ins Gesicht. „Verdammter Verrälher, Du wagst es, mich durch Deine Berührung zu beflecken?" schrie sie im höchsten Zorn und sah furchtbar schön aus in diesem Momente. Dann klingelte sie heftig, und ehe sich der be stürzte Russe wieder zu erholen vermochte, stand ein polnischer Diener mit über der Brust gekreuz ten Armen im Gemache. „Wirf diesen Hund, diesen Verräther zur Thür hinaus, er hat mich angerührt!" herrschte Luit gard. „Wohl, Para!" entgegnete der Pole und packte den Russen an,der Kehle. „Das sollst Du bereuen!" kreischte der Graf, der von dem Diener zur Lhüre hinausgeschleift wurde. . > Eine halbe Viertelstunde später war das Haus öde und leer, Luitgarde hatte für gut befunden, sich mit ihrem Diener der Rache des Russen zu entziehen. Eine österreichische Patrouille, die das HauS untersuchte, fand es ganz verlassen. (Fortsetzungfolgt.) gültig: „Ich danke Ihnen, ich werde-in Krakau bleiben!" „Gräfin Sokolnicka," bat der Graf, indem er einen Schritt näher trat und einen vergeblichen Versuch, Luitgards Hand zu erfassen, machte, „ich - bitte Sie dringend, folgen Sie mir, folgen Sie mir, ich bin überzeugt, blutige Scenen werden hier vorbereitet —", „Was fürchten Sie, Graf, haben Sie da un ten nicht I2M Oestreicher und ihre Kanonen?" fragte Luitgard mit unverstelltem Hohne. Der Russe zuckte die Achseln und firirte die Po lin, dann sprach er: „Gräfin, ich liebe Sie, ich kann Sie nicht hier lassen, ein Aufstand, ja, ein blutiger Aufstand ist im Begriff auszubrechen; ich kenne Sie, Gräfin, Sie sind mit dem Vorhaben bekannt, Sie werden sich bei den Vorgängen be theiligen, sich comprommittiren und dieses schöne Haupt wird auf dem Henkerblocke fallen, wenn dieser tollkühn« Aufstand durch die russischen Trup pen unterdrückt ist." „Mordet Ihr Kaiser wehrlose Frauen?" fragte Luitgard verächtlich. „Wehrlos? Gräfin? glauben Sie mir, wir sind gut unterrichtet, wir wissen, daß Sie Waffen und Munition gekauft haben und wenn Sie auch mit dem Tode verschont werden, soll ich diesen süßen Leib unter der Knute sehen, sollen diese klei nen Füße Sie in Sibiriens Einöde tragen?" „Sie werden warm, Graf, echauffiren Sie sich nicht!" spottete die Polin. „Ich liebe Sie, Luitgard!" entschuldigte der Russe. . „Und ich glaube es nicht; geben Sie mir einen Beweis!" „Fordern Sie!" „Reißen Sie die russische Bedientenlkvree, die Sie tragen, vom Leibe, treten Sie die Kreuzchen und Bänder da mit Füßen, setzen Sie Vie Natio nalmütze auf und stellen Sie sich in die Reihen Ihrer Landsleute, anstatt sie feig und schmachvoll zu verrathen und zu bekämpfen! —" „Sie werden warm, Gräfin, echauffiren Sie sich nicht!" entgegnete der Graf persiflirend, ob gleich ihm Luitgard noch nie so schön vorgekom men, als in diesem Moment. Die Polin wendete- ihm den Rücken zu und stellte sich an das Fenster, dessen Roleaur sie auf zog. Der Graf sah den Völlen, glänzend weißen i Nacken und, die glatten Schultern der Jungfrau, j heftige Begierde flammte auf in ihm, er vergaß <