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mitteln fehlt,' Der alte Lord Wellington, so wie sämmtliche Tory's, glauben nicht an den Hunger des armen Volkes- an die drohende Noth dieses Winters und sperren sich gegen die Eröff- nung der Häfen für zollfreies Getreide. Diese Biedermänner, die per Kopf etwa nur eine Mil lion Thaler jährlich zu verzehren haben, fürchten sich in Noth zu gerathen, weil ihnen ihre Päch ter, wenn das Getraide wohlfeilet, einen gerin- gern Pacht zahlen würden. Kürzlich fand an der Französischen- Und Fried- richsstrgßen-Ecke zu Berlin eint Schlägerei zwi schen mehreren Mannern statt, deren Veranlassung nicht ermittelt ist. Einer der Streitenden wurde hierbei von einem Manne, der im höchsten Sta. dium der Wuth sich befand, so daß ihm der Gei fer vor dem Munde stand, in den Daumen ge bissen. Der Verwundete, ein Bedienter, machte anfänglich nichts daraus, da die Wunde nicht bedeutend schien, sondern verwendete nur das ge wöhnliche Heilpflaster dafür. Nach Versauf von k Lagen mußte er sich jedoch zu Bette legen. Hierauf wurde schnell ein Ärzt herbeigerufen. Die ser fand ihn klagend über Schmerzen im Genick und in den Kinnbacken. Die Knochen und die Sehnen des Nagelgelenks an dem verwundeten Daumen lagen entblößt, und Vie Wunde selbst p>ar in Verjauchung übergegangen. Am Abend verschlimmerte sich der Zustand des Kranken, und es traten heftige Krämpfe ein, an denen er in der darauf folgenden Nacht verstarb. Es steht er- fahrungsmäßig fest, daß Wunden zur Wuth gereiz ter Lhiere, auch wenn diese nicht wirklich wuth. krank sind, dennoch bei den Gebissenen die Wüth- kraNkheit hervorbringen können. Man vermuthet, daß der in die Wunde eindringende Wuthgeifer das die Krankheit erzeugende Gift in sich trägt. Der vorliegende Fall scheint zu lehren, daß es mit dem Bisse eines wüthenden Menschen gleiche Bewandniß hat. Die Genick- und Kinnbacken« schmerzen, ferner die als „fürchterlich" beschriebe- «en Krämpfe, unter denen der Kranke im Bett immer hoch aufgeflogen sein soll, sind offenbar Symptome der Wasserscheu. Die Geldklemme dauert fort und nimmt zu, auf allen englischen Handelsplätzen ist dk Stim mung, wie die. Kaufleute sagen, lustlos, die No- timna flau, — auf deutsch: die. Geldgeschäfte ge? hen schlecht. In London nimmt die Beklem mung in beunruhigender Weis« zu. Unter den vielen Vereinen, die sich ist jüngster Zeit in Berlin gebildet haben, befindet sich auch ein Auti-EHZVpagner-Bexekn, der dem LuruS, der mit diesem Wein getrieben wird, ent- gegenarbeiten will. . Die mehrstest unsrer geneigten Leser und wir selbst waren diesem Vereiste schon lange beigetreten, ohne Uns damit in den Zei, lungsblättern breit zu Machen. Am ersten Weihnachtsfeiertage früh 8 Uhr hat in Dresden ein Bäckermeister für 15Y durch die Armenvorsteher erwählte rechtliche Ortsarme I5Ü große Christstollen bescheert. Der Ehrenmann heißt Bienert und wohnt in Antonstadt. — Als Ge^ gensatz theilen wir folgende, vom dasigen Diak. ErnstP feilsch midt am Christabende niederge? schrirbene Zeilen mit: Kalt ist die Hütte, dunkel, feucht, Auf hartem Lager, gramgebeugt, Gequält von Durst und Fieberschweiß , Seufzt im Gebet vor Gott der Greis. Er steht empöre „Du Gott der Armen Wellst unserer gnädig dich erbarmen! ' Hilf mir, o Gott, und hilf den Meinen! Laß länger nicht um Trost sie weinen!" Denn hungernd, frierend, thränenschwer Stehn Weib und Kind ums Lager her. Jndeß die schönsten Weihnachtsgaben Ringsum der Re chen Kinder laben, Und dort im glänzenden Palast Der Reich' im Spiel sein Geld verpraßt „Geh — spricht der Greis zum jüngsten Kind — „Geh hin, wo frohe Menschen find. „Und sprich sie an in unsrer Noth „Um Geld zu Holz, um Geld zu Brot, „Daß in der Hütte, in der kalten, „Erwärmt wie unsre Weihnacht halten, " „Daß satt am lieben Weihnachtsmorgen „Wir auf die schönen Lieder horchen, . „Die aus des nahen Tempels Hallen „Herein in unsere Armuth schallen." Rasch geht das Kind. Rasch kehrt's zurück. Aus seinen Augen strahlt das Glück. „Weg, Mutter," rust's, „weg ist die Roth. „Geh hin, kauf' Holz für uns und Brot. > „Ein reicher Herr mit gold'nem Ster» — „Ich hört's, man nannt' ihn gnäd'gen Hirni — „Gab mir — fieh nur,, wie blank, wie roth! —, i „Oieß viele Gold zu Holz und Brot!" Die Mutter nimmt's. Ein frohes Hoffen Macht Aller Äug' und Herzen offen. > Denn Hunger, Frost zur Weihnachtszeit Ist doch fürwahr zu großes Leid. - - Doch nun — ,Mas weint, was seufzt Ihr Armen: „„Mag unfrersich der Tod erbarmen!""? — „Hat uns des reichen Mannes Hand „Nicht Geld zu Holz und Brot gesandt!" So spricht der Greis. Die Mutter reicht Das Geld ihm hin. Er nimmt's. Er schweigt. Er weint nlit tief bewegtem Sinn Die letzte Lhräy' aufs Lager hin. - Er weint sie sterbend. Er ist todt. Er braucht nichts mehr zu Holz und Brot, ! Und seiner kalten Hand entrollt «