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187 zweifeln, und man hätte sich billig mit diesen be gnügen sollen. Will man aber erfahren, wie man für dieselbe Unterschriften sammelt und welcher Künste man sich dabei bedient, so können einige Per sonen genannt werden, zu denen sie gebracht wor den ist, bej denen , mag man Nachfrage halten, und es werden solche über die Worte benchten, die man bei ihnen verwendet hat. L r b e n s r e g e l n, von einem Vater (vr. Steiger in Luzern), am Tage seiner Verurtheilung zum Tode, für seinen Sohn niedergeschrieben. Wir sind im Stande, die Aechtheit von Nach stehendem zu verbürgen, was unter den Umstän den, unter welchen Ls niedergeschrieben wurde, und als Beitrag zur Charakterisirung eines in neue ster Zeit vielbesprochenen Mannes wohl verdient, öffentlich bekannt gemacht zu werden. Kurze Lebensregel« für meinen lieben Sohn Robert, als, derselbe nach St. Gallen verreiste; geschrieben im Kessellhurme zu Luzern, den 3. Mai 1845, an demselben Tage, als das Criminalgericht mich zum Tode durch Erschießen verurtheilte. Liebe Gott über Alles und Heinen Nächsten wie dich selbst; das ist das erste und größte Gebot. Bete Morgens und Abends zu Gott um das jenige, was du nöthig hast, iM siehe, du wirst es erhalten. ? In allem Unglück und Leiden, das dir begeg nen mag, vertraue auf die Vorsehung'; sie wird Alles zu deinem Besten leiten, auch wenn du es nicht sogleich einsehen solltest. Wenn es dir gut geht, so danke dafür dem Himmel und glaube, daß du dein Glück nicht dir allein zu verdanken habest. > Halte stets Gott vor Augen, er sieht Alles; thue Nichts, worüber du erröthen müßtest, wenn es deine Eltern sehen würden. Fürchte Gott allein! Vor den Menschen brauchst du nicht zu zittern. Sie sind aus Erde gemacht wie du, haben Fleisch und Bein wie du. Wir sind alle Kinder eines und desselben Vaters. Aber wenn du die Menschen auch nicht fürch ten sollst, so darfst du sie nie beleidigen; du mußt ihnen stets mit Liebe und Achtling begegnen. Auch wenn sie dtch Haffen und verfolgen, mußt hu sie nicht wieder Haffen und verfolgen. Dadurch wirst du die Liebe der Menschen gewinnen. Hast du ein bestimmtes Recht, so halte fest daran. Das darf dir Niemand rauben. — In dieser Beziehung hast du auch die Gewaltigen und Mächtigen nicht zu fürchten. Sei fleißig und arbeitsam in deinem Beruf; denn wer nicht arbeitet, der soll auch nicht essen. — Ohne Fleiß und Arbeit wirst du zu Nichts gelangen. Mit Sparsamkeit und Fleiß aber wirst du dir ein Vermögen sammeln, auf daß du der einst deine Mutter unterstützen und einem ruhi gen Alter entgegen gehen kannst. Führe ein Tagebuch und schreibe täglich, wen» auch nur mit einer Zeile, etwas GmeS hinein. - Ehre deine Wohlthäter und achte sie wie Va ter und Mutter, und sie werden dir Vater und' Mutter fein. - / Fliehe alle bösen Gesellschaften und meide alle unzüchtigen Reden und Gespräche. Trage Sorge für deine Gesundheit, aber ver zärtle dich- nicht. Verzärtlung und Weichlichkeit sind das Grab der Gesundheit'und die Ursache vieler Krankheiten. Sei mäßig in allen Dingen. Trinke niemals einen Rausch; denn dadurch finkt der Mensch un ter das Thier hinab. Vergiß deine Eltern und Geschwister nie! Schreib deiner Mutter wenigstens alle Monat ei nen Brief. - Entwende Niemandem Etwas, und wenn eS auch nur ein Angster wäre. — Die großen Diebe herben alle mit kleinen Diebstählen begonnen. Lies wöchentlich ein Mal diese Vorschriften und befolge sie wohl; dann wird der Segen Gottes . dich überall begleiten und der Segen deines Va ters wird dir, wie die heilige Schrift sagt, Häu ser bauen. Einstweilen nimm den Trost mit dir, daß dein Vater, wenn heute auch zum Tode yerurtheilt, kein Verbrecher ist! — Nun lebe wohl! Was du lernest, lerne recht; wer sich in seinem Berufe nicht auszeichnet, darf heutzutage auf keine Anerkennung mehr rechnen- Dies sind vielleicht meine letzten Worte an dich! Gedenke stets deines dich ewig liebenden Vaters I. R. Steiger.