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Zur Einführung Armin Knab, der 1881 in Süddeutschland (Unterfranken) geboren wurde, studierte auf Wunsch des Vaters Jura, gleichzeitig aber auch Musiktheorie. Da seine Kom positionen zunächst keine Resonanz fanden, wurde er Amtsrichter. Erst im Jahre 1934 konnte er sich als Lehrer für Musiktheorie und Komposition an der Staat lichen Hochschule für Musikerziehung und Kirchenmusik in Berlin ganz der Musik widmen. Nach der Zerstörung seiner Berliner Wohnung im Jahre 1943 ging er wieder nach Süddeutschland, wo er 1951 starb. Sein Name steht in einer Reihe mit Fritz Jöde, Walter Rein, Karl Marx, Cesar Bres- gen : den Männern, die in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen wesentliches für die Erneuerung des Musiklebens getan haben, für die das Volkslied Richt schnur ihres Schaffens war. So setzt sich das kompositorische Schaffen Armin Knabs vor allem aus Liedern für Soli und Chor sowie kleinen Kantaten zusammen. Das Oratorium „Das gesegnete Jahr“ ist sein umfangreichstes Werk. Es entstand in den Jahren bis 1943 und wurde 1948 in Frankfurt/Main uraufgeführt. Der Titel „Das gesegnete Jahr“ sagt das Entscheidende über den Inhalt aus. Knab bemüht sich, den Abschnitt des Jahreslaufs deutlich zu machen, der vom Pflügen und Säen bis zum Ernten die Fruchtbarmachung der Erde umspannt. Der Kom ponist möchte dabei das Verhältnis des Menschen zur Natur wiedergeben. Er scheut sich nicht, Texte zu nehmen, die schon vielfach vertont waren (C. F. Meyers „Säer spruch“), er stellt das erdverbundene, im Geschehen der Natur verhaftete Bauern tum dar; er verzichtet auf die moderne Technik der Motorpflüge, Traktoren, Mähdrescher. Die Wechselbeziehungen von Erde und Himmel sind ihm wesentlich. Auch in seiner Musik will Knab der Natur verhaftet bleiben, er stellt sie mit den ihm gegebenen musikalischen Möglichkeiten dar. Er verzichtet nicht auf traditio nelle Formen: Fugati, Ostinatobildungen, Tanzformen sind zu finden. Relativ lang Vor-, Zwischen- und Nachspiele führen in die oft liedhaften Chorsätze ein, fassen noch einmal zusammen. Daneben gibt es sehr realistische, fast naturalistische Schilderungen, z. B. des Gewitters. Knabs Stärke, die melodischen Erfindungen, seine in der Tradition verhaftete Harmonik, die trotzdem neue Elemente ein bringt, sind die Träger dieses Oratoriums, das zum ersten Mal in der DDR auf geführt wird. Ulrich Sch icha ERSTER TEIL Vorspiel Baß-Solo und Chor: Bemeßt den Schritt! Bemeßt den Schwung! Die Erde bleibt noch lange jung! Dort fällt ein Korn, das stirbt und ruht. Die Ruh ist süß. Es hat es gut. Hier eins, das durch die Scholle bricht. Es hat es gut. Süß ist das Licht. Und keines fällt aus dieser Welt, und jedes fällt, wie’s Gott gefällt. „Säerspruch“ von C. F. Meyer Chor: Wir pflügen und wir streuen den Samen auf das Land, doch Wachstum und Gedeihen steht in des Himmels Hand. Der tut mit leisem Wehen sich mild und heimlich auf und träuft, wenn wir heimgehen, Wuchs und Gedeihen drauf. Der sendet Tau und Regen und Sonn- und Mondenschein, der wickelt Gottes Segen gar zart und künstlich ein. Und bringt ihn dann behende in unser Feld und Brot; es geht durch unsre Hände, kommt aber her von Gott. Matthias Claudius Chor: Es glüht das Land, es lechzet die ausgebrannte Au, jedwedes Wesen ächzet nach einem Tropfen Tau. O Himmel, brich! Erschließe dies Blau aus sprödem Stahl, nur Regen, Regen gieße herab ins schwüle Tal! Er hört. Im Westen webet und spinnt ein grauer Flor; es ballt sich, schwillt und schwebet als Wolkenberg empor. Jetzt mit den Feuerzügeln fährt auf der jähe Blitz, und auf den luft’gen Hügeln löst er sein Feldgeschütz. Wild schießt der Strahl, der grelle, aus dichter Wolkenwand, rings lodert Geisterhelle, der Himmel steht in Brand. Es kracht. In Ketten wandern die dumpfen Donner fort, von einer Wacht zur andern rollt hin das Schlachtenwort. Was atmet, rauscht und sauset? Frischauf! Der Sturmwind naht, der Wald erbebt und brauset, in Wogen geht die Saat. Schon dampft ein Meer von Würzen aus der behauchten Welt, und satte Wetter stürzen auf das geborstne Feld. „Das ersehnte Gewitter“ von Fr. Th. Vischer Sopran — Solo: Herr, ich harre deiner Sonne Glut, Sieh mein Leben, das im Schatten ruht. Nieder warf mich deiner Stürme Heer,