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1. ZYKLUS-KONZERT 1. JUGEND-KONZERT PROGRAMMATISCHE MUSIK Festsaal des Kulturpalastes Dresden Sonnabend, den 26. September 1987, 19.30 Uhr Sonntag, den 27. September 1987, 19.30 Uhr Montag, den 28. September 1987, 19.30 Uhr olnilbiQrmoomio* Dirigent: Petr Vronsky CSSR Solist: Gyula Stuller, Ungarische Volksrepublik, Violine Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 Wolfgang Amadeus Mozart 1756-1791 „Die Hebriden oder Die Fingalshöhle - Ouvertüre h-Moll op. 26 Konzert für Violine und OrchesterD-Dur KV 218 Allegro Andante cantabile Rondo (Andante graziöse - Allegro ma non troppo) PAUSE Peter Tschaikowski 1840-1893 Sinfonie Nr. 1 g-Moll op. 13 (Winterträume) Allegro tranquillo (Träume von einer Winterreise) Adagio cantabile ma non tanto (Düsteres Land, nebliges Land) Scherzo (Allegro scherzando giocoso) Finale (Andante lugubre - Allegro maestoso - Allegro vivo) PETR VRONSKY, Jahrgang 1946, wurde in Prag ge boren, wo er auch seine musikalische Ausbildung er hielt — zunächst im Fach Violine, 1967-72 als Dirigent. Nach einer Tätigkeit als Geiger im Opernorchester Plzen übernahm er — noch in seiner Studienzeit — die Leitung des Prager Hochschulorchesters, mit dem er in Österreich, der Schweiz, in der BRD und in Belgien gastierte. 1971 wurde er erster Dirigent der Plzner Oper, 1974 künstlerischer Leiter der Oper in Usti nad Labern. 1979 engagierte ihn die Staatliche Philharmonie Brno als Dirigent und berief ihn 1983 zu ihrem Chefdirigenten. Daneben tritt Petr Vronsky als Gastdirigent vor allem an der Oper des Prager Nationaltheaters und der Janäcek-Oper Brno sowie bei den einheimischen Spitzenorchestern in Erschei nung. Außerdem musizierte er mit Orchestern in der UdSSR, in Jugoslawien, Polen, Rumänien, Bulgarien, Griechenland, Portugal, Kuba, in der DDR und BRD. Mit der Staatlichen Philharmonie Brno reiste er bis her nach Jugoslawien, Frankreich, in die UdSSR, BRD, nach Japan, Österreich, Italien sowie 1983 und 1984 in die DDR. Bei Rundfunk und Schallplatte wurde er zu einer Reihe von Konzert- und Opernauf nahmen mit verschiedenen Ensembles verpflichtet. Wettbewerbserfolge hatte er 1970 in der CSSR, 1971 in Besanpon/Frankreich und 1973 beim Herbert-von- Karajan-Wettbewerb in West-Berlin. Im Mai 1987 er hielt Petr Vronsky von der Regierung seines Heimat landes den Titel „Verdienter Künstler". GYULA STULLER gehört als heute Fünfundzwanzig jähriger — er wurde 1962 in Budapest geboren — zu den vielversprechendsten Nachwuchs-Musikern Un garns. Mit sechs Jahren begann er seine Violinstudien, die er als Elfjähriger an der Spezialschule für Junge Talente der Budapester Musikakademie „Ferenc Liszt" bei Ferenc Haläsz, danach am Bela-Bartök-Konser- vatorium und 1980 an der Musikakademie der Haupt stadt fortsetzte. 1979 und 1980 besuchte er Meister kurse bei Nathan Milstein in Zürich. 1977 gastierte Gyula Stuller beim Festival Moderner Musik in Za greb. Im darauffolgenden Jahr erhielt er den Grand Prix des Internationalen Wettbewerbs Junger Musi ker in Usti nad Orlice/CSSR und 1979 wurde er zwei ter Preisträger beim Internationalen Joseph-Szigeti- Violinwettbewerb in Budapest. Rundfunkübertragun gen machten seinen Namen auch außerhalb der un garischen Hauptstadt bekannt. ZUR EINFÜHRUNG Die Hauptwerke der diesjährigen Zyklus-Kon- zerte unterliegen dem Gedanken der pro grammatischen Musik. Wir wollen uns damit absetzen gegen die landläufige Vorstellung von Programmusik. Außer den „Bildern einer Ausstellung" von Mussorgski (2. Konzert) besitzt nämlich keines der übrigen Werke unseres Zyklus' einen so eindeutig kon zipierten außermusikalischen Inhalt wie die ses. Vorweg sei allerdings vermerkt, daß die Grenzen durchaus fließend sind. Worauf der Titel „Bilder einer Ausstellung" schon verweist, wird hier in Tönen gemalt, was ein Künstler vorher bereits in Farben entworfen hatte. Be wußt ist verzichtet etwa auf die Tondichtungen von Berlioz, Liszt und Strauss, die mit den spe zifischen Mitteln der Musik ein literarisches oder historisches Sujet nachbilden bzw. illu strieren, die durch Inhaltsangaben oder deut lich hinweisende Überschriften auf ein begriff lich faßbares, detailliertes Programm für ihre musikalische Gestaltungsabsichten hinweisen. Das bedeutet, daß hier die Auffassung des Hörers in eine ganz bestimmte Richtung ge lenkt wird. Ähnliches tun allerdings auch die Komponisten von programmatischer Musik. Sie jedoch setzen ihren Bezugspunkt allgemeiner. Sie zielen im wesentlichen auf innere, Ge fühls- und Seelenvorgänge, lassen damit dem Hörer den größeren Freiraum. Die program matische Musik geht eher aus von einer „Idee" — Beethoven in seiner „Eroica" (3. Konzert) von der Idee des Heldischen, Heroischen, wie auch Borodin in seiner 2. Sinfonie (6. Konzert) - oder auch von einer „poetischen Idee" wie Schumann in seiner „Frühlingssinfonie", die er komponierte, beflügelt vom „. . . Frühlings drang, der den Menschen wohl bis in das höch ste Alter hinauf und in jedem Jahr von Neuem überfällt .. . . “ (7. Konzert). Josef Suk setzte sich in seiner „Asrael"-Sinfonie (5. Kon zert) mit Fragen von Leben und Tod ausein- der; Schostakowitsch legte seiner 5. Sinfonie (9. Konzert) die Idee vom Werden der Persön lichkeit zugrunde. Landschaftliche Eindrücke regten Mendelssohn zu seiner „Hebriden"- Ouvertüre und Dvorak zur Komposition der 8. Sinfonie (4. Konzert) an. „Erinnerungen eines Knaben an Feiertage in einer Landschaft von Connecticut" fängt die Stimmung der Holidays Symphony von Charles Ives ein. Wir wünschen uns, daß die ausgewählte Musik mit programmatischem Charakter Ihnen, liebe Konzertfreunde, Anregung für das Mit-Denken beim Hören ist und Ihnen dadurch intensive Musikerlebnisse vermittelt. (S. G.) Mit der Niederschrift der Hebriden- Ouvertüre oder Ouvertüre zur Fingalshöhle op. 26 begann Felix Mendelssohn Bartholdy 1829, als er mit seinem Freund Karl Klingemann auf der Hebrideninsel Staffa weilte und von der dü ster-herben Schönheit der nordischen Land schaft überwältigt war. In Italien vollendete er eine Fassung, die ihn nicht befriedigte; erst eine dritte Version, die er 1833 in Berlin diri gierte, stellte den selbstkritischen Komponisten zufrieden. Das Werk, das, wie oben erwä^B Landschaftseindrücke widerspiegelt, knüpTt stimmungsmäßig an die „Schottische Sinfonie" Mendelssohns an. Das Tongemälde, dessen auf der Insel Staffa notiertes Hauptthema in dunk len Klangfarben Fagott, Viola und Violoncello intonieren, sollte nach Mendelssohns Worten nach „Tran und Möwen schmecken". Darge stellt werden der Eindruck des weiten, grauen Meeres, das während der Überfahrt immer stürmischer wird, die glückliche Ankunft, das Inselerlebnis und die Erhabenheit der Fin galshöhle, in der und um die das Meer rauscht. Auch Assoziationen an Richard Wag ners Ouvertüre zum „Fliegenden Holländer" (1841) wollen sich einstellen, der das poeti sche Naturgedicht übrigens als „eines der schönsten Musikwerke, das wir besitzen" be zeichnete. Auch Brahms war von dem Erfin dungsreichtum der meisterlichen Komposition zutiefst angetan, äußerte er doch überschweng lich: „Ich würde alle meine Werke hingeben, wenn mir ein Werk wie die Hebriden-Ouver türe gelungen wäre". Wolfgang Amadeus Mozart schri^B im Jahre 1775 im Laufe weniger Monate enB Gruppe von fünf Violinkonzerten, von denen das vierte in D-Dur KV 218 heute erklingt. Zu jener Zeit war der 19jährige als Konzertmeister im Hoforchester des Salz burger Erzbischofs angestellt und schrieb da her diese Konzerte vermutlich für den eige nen Gebrauch, da man von ihm natürlich auch solistische Leistungen auf seinem Dienstinstru ment verlangte. Obwohl Mozart schon als Kind gut Geige spielte, wandte er sein Interesse — gerade auf dem Gebiet des Solokonzertes - späterhin doch mehr und mehr dem Klavier zu, für das er kennzeichnenderweise bis zu sei-