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22. April 1908. Druckversuche an ausgeführten Brückenteilen. Stahl und Eisen. 581 leicht hat Herr Wild nicht ganz unrecht. — Noch eines möchte ich hervorheben, nämlich, daß bei der elektrisch angetriebenen Reversier straße ein Jlgner-Umformer vorhanden ist, wel cher Leerlaufarbeit zu verrichten hat. Diese Leerlaufarbeit wird von Riecke mit 120 KW. angegeben. Bei der Umkehr - Dampfmaschine ist kein Leerlauf vorhanden. Dem Leerlauf würden die Kondensverluste in der Rohrleitung gegenüberzustellen sein. Ich mache nun darauf aufmerksam, daß diese Kondensverluste bei der hiesigen Maschine in vier Stunden 103 kg Wasser betragen haben. Diese Menge wurde an den verschiedenen Abzapfstellen der Rohrleitung bis zur Dampfmaschine in dieser Zeit aufge fangen. Die Menge ist so gering, daß man wohl behaupten kann, die Leerlaufarbeit des Jlgner- Umformers kostet mehr als die Kondensverluste der Dampfmaschine. Ich habe die Kondensverluste der Leitung auch während des Stillstandes der Maschine be stimmt, und es hat sich ergeben, daß, nachdem die Leitung während des Betriebes an der Dampf maschine plötzlich abgesperrt wurde, während sie mit der Kesselbatterie in Verbindung blieb, so daß sie also mit Dampf während des Still standes gefüllt war, in 6 Stunden dieser Ruhe zeit 595 kg, also rund 600 kg Wasser an den verschiedenen Abzapfstellen abgeschieden wurden. Es sind dies mithin in der Stunde 100 kg. Es ist selbstverständlich, daß während des Betriebes die Kondensverluste kleiner waren; immerhin sind auch in der Ruhe, d. h. während des Still standes der Maschine, die Kondensverluste sehr niedrig. Rechnet man 2 6 f. d. Tonne Dampf, so würde also in einer Stunde für 20 8 Dampf verloren gehen. Die Leerlaufarbeit des Jlgner-Umformers be rechnet sich bei 120 KW. in einer Stunde zu 120 X 2,5 8, also 6. Man sieht, was die Leerlaufarbeit der elektrischen Maschine gegen über den Pausen bei der Dampfmaschine kostet. Natürlich wird niemand so töricht sein, eine Dampfkesselanlage 1000 m von der Re versiermaschine aufzustellen. Er wird lieber die Gasleitung verlängern und kurze Dampfleitungen zu erhalten suchen, was sich auch in jedem Falle erreichen läßt. Bei vorstehenden Ausführungen handelt es sich lediglich um den Antrieb von Umkehrwalz werken, nicht um den der Straßen mit Schwung rad, welche in einer Richtung umlaufen. Ich hebe deshalb besonders hervor, daß ich den elektrischen Antrieb von Mittel- und Fein straßen für durchaus richtig halte, und zwar weil man bei diesem Antrieb die Umdrehungszahlen der Walzwerke’ in jeder Weise bis zu den höchsten steigern kann. Druckversuche an ausgeführten Brückenteilen. H— s ist nicht zu bestreiten, daß überall und — so auch in Deutschland die dem Eisenkon strukteur zufallenden Aufgaben an Größe und Schwierigkeit beständig zunehmen. Man muß es daher freudig begrüßen, daß der Verein deutscher Brücken- und Eisenbaufabriken einen großen Betrag ausgeworfen hat, um systematische Versuche mit Brückenteilen und anderen Eisenkonstruktionsteilen im größeren Um fange gemeinsam mit den zuständigen Staats behörden auszuführen. Die erhaltenen Resultate werden im Laufe der Versuche der Oeffentlich- keit übergeben werden und es ist zu hoffen, daß damit die vielen Unklarheiten, mit denen der Eisenkonstrukteur zu kämpfen hat, zum Teil beseitigt werden. In diesem Zusammenhänge erscheint es ge rechtfertigt, kurz auf einen sehr interessanten Bericht* von C. P. Buchanan, Assistant Engineer of Bridges, Pennsylvania Lines West of Pittsburg, einzugehen über Versuche, die er in den Jahren 1888 bis 1902 mit Brückenteilen ausgeführt hat, die bei den Brücken der Penn sylvania-Bahn zur Verwendung gekommen sind. Alle Versuche wurden in den Werkstätten * „Engineering News“, 26. Dez. 1907. der Keystone Bridge Co. in Pittsburg vorge nommen auf einer hydraulischen Maschine, die von Wm. Seilers & Co. geliefert war, und mit der Drücke bis rund 272 t ausgeübt werden konnten. Unter dem Eindruck der Katastrophe an der Quebecbrücke* wurde Buchanan veranlaßt, die außerordentlich wertvollen Versuchsresultate der Oeffentlichkeit zu übergeben. Die Versuche er streckten sich in der Hauptsache auf Proben mit Druckgliedern und ergaben überraschende Resultate, die im Folgenden eine kurze Be sprechung finden sollen. Bisher gründeten sich die Ausführungsregeln und Formeln für die Stärke von Druckstäben hauptsächlich auf Versuche mit kleineren Mo dellen und auf Druckstäbe mit einfachen Quer schnittsformen, wie z. B. die klassischen Ver suche von Hodgkinson. Es war daher ein dringendes Bedürfnis vorhanden, Versuche anzu stellen mit Druckstäben, wie sie den praktischen Ausführungen entsprechen. Buchanans Versuche bezweckten in erster Linie, Konstruktionsmethoden zu entwickeln, die eine Gewähr dafür geben, daß die einzelnen Teile der zusammengesetzten * „Stahl und Eisen“ 1907, Nr. 40 S. 1436, Nr. 43 S. 1555, Nr. 51 S. 1854; 1908, Nr. 15 8. 527.