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ZUR EINFÜHRUNG Zu Beginn unseres heutigen Konzertes werden wir mit einem Beispiel altjapa nischer Tonkunst bekanntgemacht: mit dem Gagaku-Stück „Etenraku". Der Begriff bedeutet „Vom Himmel überlieferte Musik". Gagaku (japanisch die „vornehme Musik") bezeichnet die seit der Heian-Zeit (etwa 9.—12. Jahrhundert) am japanischen Hof gepflegte und bis heute fast unverändert überlieferte Tonkunst. Sie spiegelt in ihren verschiedenen Elementen von Lied und Tanz der alten japanischen Tradition, von neuerer, instrumentalbegleiteter Vokalmusik und von aus anderen Teilen Asiens (u. a. China, Indien, Korea) eingeführten oder in diesem Stil neukomponierten Werken die im Laufe der Geschichte der japanischen Musik wirksam gewordenen Einflüsse wider. Die Komposition „Etenraku" wurde von dem japanischen Dirigenten und Komponisten Hide- mai*o Konoye 1931 für europäische Orchesterbesetzung instrumentiert. In dieser Fassung erklingt sie heute. Das traditionelle Orchester der altjapanischen Hofmusik „Gagaku" besteht aus den Blasinstrumenten Fue (Flöte), Hichiriki (wie Oboe) und Sho (Mundorgel) sowie den Saiteninstrumenten Biwa (gitarreartiges Instrument) und Koto (Harfe), ferner aus großen und kleinen Trommeln und Glöckchen. Bekanntlich wurde der französische Komponist Claude Debussy von einer solchen Gagaku-Vorfüh- rung während der Pariser Weltausstellung 1890 zutiefst beeindruckt. Der Bearbeiter äußerte über das aus dem 8. oder 9. Jahrhundert stammende Tonstück „Etenraku": „Die Musik ist wohl damals von China gekommen. Es verlautet, daß es eine Komposition des Kaisers ist, jedoch ist dies nicht ver bürgt. Es ist ein festliches Präludium, das seit einem Jahrtausend in den Kon zerten am kaiserlichen Hofe Japans gespielt wird. Die von großen und kleinen Trommeln und von Harfen begleitete, ruhig dahinfließende Melodie ist sechs stimmig, mit hochklingender Mundorgel (Sho), die aus Bambus hergestellt ist (in der Bearbeitung sechs geteilte Violinen), harmonisiert und weist eine Ähn lichkeit mit der um die Jahrhundertwende in Europa aufgekommenen Klang färbung auf." Der Bearbeiter ließ die Urform des Stückes unangetastet und nahm die Übertragung auf moderne europäische Instrumente hinsichtlich der Klänge verschiedener alter Instrumente originalgetreu vor. Hidemaro Konoye (1898—1973), Mitglied der Japanischen Akademie der Künste, gründete 1951 das von ihm geleitete Nya Symphonieorchester in Tokio, das heute dem japanischen Rundfunk angeschlossen ist. Er unternahm als Dirigent Tourneen durch Europa und die USA. In der Ära Paul van Kempen gastierte er auch bei der Dresdner Philharmonie. Kompositorisch trat er besonders mit Lie dern hervor. Der junge Dresdner Komponist Jörg Herchet, auf den die Dresdner Philharmonie in ihren Landhaus-Konzerten durch mehrere erfolgreiche und viel beachtete Uraufführungen kammermusikalischer Kompositionen mit Nachdruck hinweisen konnte, kommt heute mit seiner bisher gewichtigsten Schöpfung zu Wort: mit der Komposition für Flöte und Orchester, für die sich wiederum Soloflötist Eckart Haupt einsetzt. Jörg Herchet wurde 1943 in Dresden geboren. 1964—1967 studierte er in seiner Heimatstadt Komposition (u. a. bei Manfred Weiss) und Violoncello. 1967—1969 setzte er seine Studien in Berlin fort, wo er Unterricht in Komposition — zu seinen Lehrern zählten Rudolf Wagner-Regeny und Ruth Zechlin — und Chorleitung erhielt. Außerdem belegte er musikwissenschaftliche Vorlesungen bei Georg Knepler. 1970 nahm ihn Paul Dessau als Meisterschüler an der Akademie der Künste der DDR auf. Seit 1974 ist er freischaffend tätig. An Werken entstanden bisher Kammermusiken für verschiedene Besetzungen, Solostücke für Flöte, Bratsche, Violoncello, Orgel, die Komposition für Sopran, Bariton und 11 Instrumente frei nach Jakob Böhme ECKART HAUPT, 1945 in Zittau geboren, studierte von 1962 bis 1967 an der Hochschule für Musik „Carl Maria von Weber" in Dresden bei Prof. Fritz Rucker. Bereits bei Schüler- und Studentenwettbewerben gewann er mehrere erste Preise. Uber Engagements am Landesthsater Dessau und am Großen Rundfunkorchester Berlin — zur gleichen Zeit war er Aspirant bei Prof. Erich List an der Leipziger Musikhochschule — kam er 1970 als Soloflötist zur Dresdner Philharmonie. Erfolge auf internationalen Wettbewerben in Markneukirchen (1972 gewann ei den 1. Preis), Genf (1973) und Prag (1974) waren der Grundstein für eine umfangreiche solistische Tätigkeit, die ihn zu vielen Orchestern der DDR, aber auch in die CSSR VR Polen und in die UdSSR führte. Darüber hinaus war er Gast internationaler Musikfestspiele in Berlin, Barcelona, Tokio und Bratislava. Neben seiner Dozententätigkeit an der Dresdner Musikh och- schule produzierte Eckart Haupt zahlreiche Rundfunkaufnahmen.