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1672 Stahl und Eisen. Bücherschau.—Nachrichten vom Eisenmarkte — Industr.Rundschau. 27. Jahrg. Nr. 46. säure und Chloriden wirkt hindernd, starkes Rühren der Lösung erschwerend auf die Passivierung. Die Aktivierung stellt sich als völlig reziproke Erscheinung der Passivierung dar. Aktivierend wirken in der Regel reduzierende Körper und außerdem ver dünnte Säuren. Die 1,2 Salpetersäure verhält sich z. B. indifferent nur in ruhendem Zustande; spritzt man sie gegen das Eisen, so wirkt sie in kurzer Zeit ak tivierend. Aktivierung kann auch durch Berührung mit unedlen Metallen und anderem aktiven Eisen von hinreichender Größe erfolgen, ebenso indem man das Eisen zur Kathode einer elektrolytischen Zelle macht. Da in geeignete Lösungen getaucht, passives Eisen aktives passivieren kann und umgekehrt, so ist es offen bar auch möglich, daß auf einem und demselben Stück, welches teilweise passiviert war, sich je nach den Umständen der passive oder aktive Zustand über die ganze Fläche ausbreitet. Verfasser bestätigt dies durch Beobachtung. Es finden hier offenbar elektrolytische Wirkungen zwischen den passiven und aktiven Teilen desselben Eisenstückes statt, bei welchen der passive Teil Anode, der aktive Teil Kathode ist. Derartige lokale Ströme zwischen kleinsten Oberflächenteilehen treten wahrscheinlich bei jeder Passivierung und Ak tivierung auf. Vielfach ist behauptet worden, daß durch Hitze blau angelaufenes Eisen passiv sei; Verfasser kann dies nicht bestätigen. Dagegen beobachtet er, daß durch starkes Erhitzen (Schmelzen in Sauers toff-Azetylen- Flamme) mit Eisenoxyduloxyd überzogenes Eisen sich dem passiven, besonders was die elektromotorische Kraft anbelangt, sehr ähnlich verhält. Diese Beobach tung ist von Interesse wegen der verschiedenen Theo rien, welche für den passiven Zustand aufgestellt sind. Man kann unter ihnen drei Gruppen unter scheiden. Die eine nimmt eine schwer lösliche Oxyd schicht auf dem Eisen an, die andere eine schützende Gasbeladung und die dritte Modifikationsänderungen. Die eben genannte Beobachtung des Verfassers spricht zugunsten der Oxydtheorie. Wäre allerdings der Oxydüberzug Eisenoxyduloxyd, so müßte sich dieses in starker Salpetersäure kaum, in verdünnter schnell auflösen; Verfasser beobachtet aber das Gegenteil. Gegen die Theorie der Gasbeladung spricht eine Be obachtung des Verfassers, nach welcher passiviertes und getrocknetes Eisen ein selbst hohes Vakuum stundenlang aushält, ohne aktiv zu werden. Eine Ent scheidung zwischen den Theorien sucht Verfasser nicht zu treffen. Besonderes Interesse bieten noch bei den Passi- vierungsvorgängen vielfach auftretende periodische Erscheinungen. In Salpetersäure (von geringerem spez. Gewicht als 1,32) kann man z. B. beobachten, daß Eisen in lebhafte Pulsationen gerät, indem es in kurzen Zwischenräumen abwechselnd passiv wird und wieder aktiv unter Gasentwicklung und Auflösung. Bei elek trischer Passivierung tritt dasselbe Phänomen in Form von periodischen Strom- und Spannungsschwankungen auf. Verfasser stellt viele Einzelbeobachtungen über diesen Gegenstand an, jedoch ohne besonders be merkenswertes Gesamtresultat. Dr K. Bornemann Bücherschau. Schindler, Karl: Eisenkonstruktionen im Hochbau. Kurzgefaßtes Handbuch mit Bei spielen für den praktischen Gebrauch. Mit 115 Figuren (Sammlung Göschen, 322. Bänd chen). Leipzig 1907, G. J. Göschensche Verlagshandlung. Geb. 0,80 •16. Entsprechend dem Ziele der Sammlung Göschen und dem geringen Umfange ihrer einzelnen Bändchen sollen und können diese nur eine systematische Ueber- sicht, einen guten Leitfaden geben, um den Laien oder Halblaien bequem in größere Wissensgebiete einzuführen. Deshalb ist in großen Zügen gleich mäßig das Ganze zu zeichnen, derart, daß der Laie genug erfährt und der Fachmann noch Interesse an der übersichtlichen Gruppierung findet. Für das vor liegende Werkchen scheinen diese Grundsätze aller dings nicht leitend gewesen zu sein. Die ganze erste Hälfte wird eingenommen von der Beschreibung der eisernen Säulen. Trotzdem beschränkt sich dieser Teil auf die Darstellung einfacherer Wohn- und Ge schäftshaussäulen, und wird z. B. die feuersichere Ummantelung mit einer Seite Text ohne Abbildungen abgetan. Die zahlreichen, teils sehr ausführlichen Tabellen erleichtern dem Laien kaum das Verständnis des Stoffes, und der Fachmann hat sie in jedem Ka lender. Der zweite Abschnitt verliert sich nach einer guten Einleitung wieder in Nebensächlichkeiten. Der dritte Abschnitt „Dachkonstruktionen“ ist von allen noch am besten gelungen; nicht einmal erwähnt sind aber größere Werkhallen, Bahnsteighallen und Ausstellungs- bauten, d. s. Bauwerke, in denen der Eisenhochbau sein Bestes geleistet hat. Der vierte und fünfte Abschnitt, „Treppen“ und „Oberlichte“, umfassen zusammen nur neun Seiten, wobei das meiste nur angedeutet werden kann. Eine Darstellung des Eisenbaues von der vor liegenden Art sollte meines Erachtens das ganze Ge biet vom Wohn- und Geschäftehause bis zu den Groß konstruktionen systematisch in Bild und Wort be schreiben und auf Einzelheiten nur eingehen, soweit sie zum Verständnisse unbedingt wichtig sind. Dann ließe sich — ähnlich wie es bei den meisten natur wissenschaftlichen, philosophischen und volkswirtschaft lichen Bändchen der Sammlung ausgezeichnet gelungen ist — selbst auf 124 kleinen Seiten eine wenn auch sehr knappe, so doch klare und vollständige Uebersicht jenes heute so bedeutungsvollen Sonder gebietes geben und auch in weiteren Kreisen Ver ständnis und Interesse für dasselbe erwecken. Den Eisenbau im Anschlusse an die sehr guten Bändchen der Sammlung über Eisenhüttenkunde so darzustellen, wäre eine verdienstliche Aufgabe, und ihre Lösung mit Freuden zu begrüßen. J. H. Bandholz, Duisburg. Nachrichten vom Eisenmarkte — Industrielle Rundschau. Die Lage des Roheisengeschäftes. — Auf dem deutschen Markte halten die Abnehmer infolge der sich immer ungünstiger gestaltenden Geldverhält- nisse mit langfristigen Abschlüssen für das nächste Jahr noch zurück, doch sind einige nicht unbedeutende Geschäfte für die erste Hälfte 1908 in den letzten Tagen zustande gekommen. Für das laufende Jahr ist die Lage unverändert. Noch immer werden Zusatzposten für diesjährige Lieferung gekauft, auch nehmen die Abforderungen der Abnehmer nach wie vor die volle Erzeugung der Hütten in Anspruch. Ueber das englische Roheisengeschäft lautet der Bericht aus Middlesbrough vom 9. d. M. wie folgt: Die plötzlich eingetretenen Diskont-Erhöhungen so wohl in London (7 °/o) als in Berlin (7 1/2 °/o) wirkten lähmend auf das Geschäft. Die Preise erholten sich