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DRESDNER PHILHARMONIE Sonnabend, den 21. April 1973, 20.00 Uhr Sonntag, den 22. April 1973, 20.00 Uhr Festsaal des KuJturpalastes 10. AUSSERORDENTLICHES KONZERT • Dirigent: Günther Herbig Solistin: Cecile Ousset, Frankreich, Klavier Joseph Haydn 1732-1809 Sinfonie Nr. 7 (Le Midi) Adagio - Allegro Recitativo (Adagio - Allegro — Adagio) Adagio Menuetto Finale (Allegro) Soloviolinen: Günter Siering Dieter Kießling Soiocello: Peter Doß Fryderyk Chopin 1810-1849 Konzert für Klavier und Orchester f-Moll op. 21 Maestoso Larghetto Allegro vivace PAUSE Ludwig van Beethoven 1770-1827 Konzert für Klavier und Orchester Nr. 4 G-Dur op. 58 Allegro moderato Andante con moto Rondo (Vivace) iiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiniiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiniiniininiHinHnnmiiiiHinHiHiHHHiHimiiiiiiiiiiiiiniiniiin Die in Tarbes geborene französische Pianistin CECILE OUSSET, die seit Jahren zu den ständigen Gästen der Dresdner Philharmonie gehört, zeigte seit frühester Kindheit außer gewöhnliche musikalische Anlagen. Ihr erstes Konzert gab sie bereits mit S'/s Jahren in Alger. Als Schülerin von Marcel Ciampi am Pariser National-Konservatorium erhielt sie im Alter von 14 Jahren einen 1. Preis. In der Folgezeit gewann sie bei internationalen Wettbewerben höchste Auszeichnungen, u. a. den Preis „Marguerite Long-Jacques Thibaud, den Preis „Königin Elisabeth von Belgien" und den „Van-Cliburn -Preis in den • it aufsehen erregenden Erfolgen konzertierte Cecile Ousset in allen Ländern Europas^ in or a rika, Nord- und Südamerika, Japan sowie auf zahlreichen Inseln Ozeaniens. eci e usset hat Schallplatten bei Decca und Eterna aufgenommen. ZUR EINFÜHRUNG Im Jahre 1760 nahm Joseph Haydn die Stellung eines Vizekapellmeisters am Hofe des Fürsten Paul Anton Esterhazy in Kismarton (Westungarn) an. Die Esterhazys waren sehr musikinteressiert und konnten auf eine fast 100jährige Hofmusiktradition zurückblicken. Zu Haydns Pflichten im Dienste des Fürsten gehörten nicht nur die Leitung der täglichen „Musique" und die Aufsicht über Sänger und Instrumente, sondern auch „solche Musikalien zu komponieren, was vor eine Hochdieselbe verlangen werden", wie es im Vertrag festgehalten ist. Auftragswerke dieser Art sind wahrscheinlich auch die „Tageszeiten-Sinfonien" Nr. 6—8 („Le Matin", „Le Midi" und Le Soir"), die in den Jahren 1761/62 entstanden. Haydn griff damit ein zu dieser Zeit beliebtes Thema — die Dar stellung der Tageszeiten in der Musik — auf und lieferte seinen ersten Beitrag zur Programmusik. In ihrer Musizierhaltung sind diese drei Sinfonien noch stark dem vorklassischen Stil verpflichtet. Indem Elemente des Divertimentos und des Konzerts von Haydn verarbeitet wurden, erreichte er jenen für seine Früh werke typischen Stil, der mit der Bezeichnung „Concerti grossi in Sinfonie-Form" treffend charakterisiert ist. Die Sinfonie Nr. 7 C-Dur „Le Midi" (Der Mittag) ist als einzige der Tageszeiten-Sinfonien zur Fünfsätzigkeit erweitert worden — die Form mußte dem Inhalt Rechnung tragen. Der 1. Satz (Adagio) mit seinen schillernden Farben und solistisch hervortretenden Streichern schildert eine mittägliche Tafelmusik. Ein sich anschließendes Rezitativ der Violinen könnte identisch mit dem „Dialog zwischen Gott und einem verstockten Sünder" sein, den Haydn sich in einer seiner frühen Sinfonien gedacht haben soll. Der 3. Satz (Adagio) läßt wieder über weite Strecken die Solovioline zu Wort kommen und gipfelt in einer unbe gleiteten Kadenz der Solovioline mit dem Solocello, ein seltenes Beispiel unbe gleiteten Duettspiels innerhalb einer Sinfonie. Der 4. und 5. Satz (Menuetto und Finale) tragen wieder ganz Tafelmusikcharakter, wobei der 5. Satz im Charakter eines Concerto grosso gestaltet ist. Sein Klavierkonzert f-Moll op. 21 vollendete Fryderyk Chopin (ebenso wie das e-Moll-Konzert op. 11) im jugendlichen Alter von kaum 20 Jah ren. Die Uraufführung des Werkes, bei der der Komponist den Solopart selbst übernommen hatte, fand am 17. März 1830 in Warschau statt. Obwohl das f-Moll-Konzert bei seiner späteren Veröffentlichung im Jahre 1836 der polni schen Gräfin Delfina Potocka gewidmet wurde, war es ursprünglich unter dem Eindruck seiner Jugendliebe zu Konstancja Gladkowska, einer Opernsängerin am Warschauer Nationaltheater, entstanden. Das Konzert, mit dem Chopin übrigens auch in Paris debütierte, knüpft zwar in seiner formalen Anlage und in technischer Hinsicht an die virtuosen Klavierkonzerte der Zeit an, zeigt sich aber in seiner Tiefe des Gefühls, seiner Poesie, seiner reich figurierten typischen Melodik und in seiner bezaubernden jugendlichen Frische und Leichtigkeit bereits als echtes Werk seines Schöpfers. Der erste Satz (Maestoso) entwickelt sich in seinem Verlauf zu einem ausgeprägt virtuosen Musikstück. Auf zwei kontrastierenden Themen, einem betont rhyth mischen und einem eher lyrisch-ausdrucksvollen, aufbauend, bringt der Satz in seiner Durchführung statt einer Verarbeitung dieser Themen im Sinne drama tischer Spannung und Entspannung eine reiche Ausdeutung des thematischen Materials durch die Erzeugung wechselnder Stimmungen, wobei das Soloinstru ment mit glitzernden Passagen, brillanten Läufen und feinen, arabeskenhaften Ornamenten die Grundgedanken virtuos umspielt. Das folgende Larghetto ge hört zu Chopins poetischsten Einfällen überhaupt. Dieser schwärmerisch-innige