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Verschiedene Gelegenheitskompositionen, vor allem konzertante Stücke für Instrumentalsolisten, die er auf seiner Reise kennenlernte, entstanden in die ser Zeit. Von dem Holländer De Jean erhielt Mozart den Auftrag, ihm drei- Flötenkonzerte und einige Flötenquartette zu komponieren, wovon allerdings nur ein Teil fertiggestellt wurde. Das G-Dur Konzret KV 313 ist eines jener in Auftrag gegebenen Stücke, das als erstes der beiden heute viel gespielten und bekannten Flötenkonzerte KV 313 und 314 überliefert ist, obwohl das ursprünglich für Oboe komponierte zweite in D-Dur schon früher entstanden war. Mozart, der nach eigenen Aussagen die Flöte nie recht leiden konnte - dies mag an der Übersättigung mit Kompositionen für dieses Lieblingsinstru ment des 18. Jahrhunderts gelegen haben orientierte sich bei dem ihm be freundeten Flötisten der Hofkapelle, Johann Baptist Wendling, über Eigen art und Spieltechnik des Soloinstruments. Der Mannheimer Geist zeigt sich besonders in der Behandlung des Orchesters, wie allein die selbständige Füh rung der Mittelstimmen beweist, im übrigen ähneln die beiden Konzerte den vorher entstandenen Violinkonzerten in Charakter und Stil- Das reizvolle, unbeschwert-heitere Wechselspiel von Soloinstrument und Orchestertutti bestimmt den munteren Kopf satz des G-Dur-Konzertes, in dem die klanglichen und virtuosen Möglichkeiten der Flöte voll ausgeschöpft wer den. Im „Adagio non troppo" in D-Dur kommen Melodien von beseelter Schön heit mit vielen spannungserzeugenden Vorhalten zu Gehör, wobei auch dem virtuosen Moment durch viele Verzierungen Rechnung getragen wird. Vermutlich als Ersatz für das anspruchsvolle Adagio hat Mozart später noch ein Andante in C-Dur komponiert, das heute als Einzelstück noch gern ge spielt wird. Der Finalsatz, ein Rondo in herkömmlicher Manier, kehrt den heiter-opti mistischen Charakter des Konzertes wieder hervor und bringt den tänzeri schen Ausklang des anmutigen Opus. Ines Nicolai FELIX MENDELSSOHN BARTHOLDY MUSIK ZU „EIN SOMMERNACHTSTRAUM“ VON SHAKESPEARE Op. 21 und Gp. 61. Am 3. Juni 1830 schrieb Goethe an seinen Duzfreund, den Maurermeister und Direktor der Berliner Singakademie Karl Friedrich Zelter „frisch und eilig“ über einen Besuch Felix Mendelssohns bei ihm: „Mir war seine Gegen wart besonders wohltätig, da ich fand, mein Verhältnis zur Musik sei noch immer dasselbe; ich höre sie mit Vergnügen, Anteil und Nachdenken, liebe mir das Geschichtliche, denn wer versteht irgendeine Erscheinung, wenn er sich von dem Gang des Herankommens“ nicht durchdringen lasse. Für Goethe war dabei „die Hauptsache, daß Felix auch diesen Stufengang recht löblich einsieht und glücklicherweise sein gutes Gedächtnis ihm Musterstücke nach Belieben vorführt. Von der Bachischen Epoche heran hat er mir wieder Haydn, Mozart und Gluck zum Leben gebracht; von den großen neuern Technikern hinreichende Begriffe gegeben und endlich mich seine eigenen Produktionen fühlen und nachdenken lassen ..." Goethe schließt den Brief: „und so fortan!“ Die Verbindung des Geschichtlichen und des Gegenwärtigen in Kunstdingen, worin der alte Goethe und der junge Mendelssohn sich trafen - heute wür den wir es als Einheit von Historizität und Aktualität bezeichnen - ist ein wichtiger Beleg für die Bewahrung und Weiterführung des Klassischen bei Felix Mendelssohn Bartholdy. Hierin finden wir auch den LIrsprung seiner Beziehung zu Shakespeare, dessen Werk ihm in früher Jugend durch die Übersetzertat von Schlegel und Tieck, nicht minder jedoch durch das Beispiel Goethes, zur eigenen Sache geworden war. Die Einheit von Gewordenem und Neuschöpferischem prägte sich gleichermaßen ästhetisch in Mendelssohns Personalstil aus. Als er 1843 die Schauspielmusik zu Shakespeares „Ein Som- mernachistraum“ komponierte, konnte er in die dreizehn Stücke vom Scherzo über Melodramen, Chorlied, Notturno bis zum Finale fast unverändert die Themen hineinnehmen, die er als Siebzehnjähriger in der Konzertouvertürc „Ein Sommernachtstraum“, opus 21, bereits ausgebildet hatte. Shakespeares Schauspiel, in seiner Mischung von Ernst und Heiterkeit, von derbem Komödiantentum und einer Naturbeziehung, deren Erscheinungen uralte Volksphantasie vorgeformt hatte, im Ringen seiner Liebespaare um das Recht auf eigene Partnerwahl gegen höflisch-starre Gesetzlichkeit, und das Spiel im Spiel der Handwerker-Laientruppe hatten viele Musiker zur Kom position herausgefordert; nennen wir allein Henry Purcell und Georg Fried rich Händel. Nur äußerlich ähnelte der „Sommernachtstraum“ den zum Irra tionalen tendierenden romantischen Zauberopern des 19. Jahrhunderts. Tief gehende menschliche Konflikte, aber auch sehr handfeste plebejische Fröh lichkeit kamen bei dem großen Realisten Shakespeare zu ihrem Recht. In der Tat: nicht die „mondbeglänzte Zaubernacht“, die den Blick der deutschen literarischen Romantiker in weltflüchtig-mystischem Dunkel gefangen hielt, sondern die in der Renaissance aufgehobene griechische Antike bezeichneten die Wegstrecke, die Goethe dann in der Klassik weiterging, und auf die sich auch Mendelssohn begab. Man hat diese Schauspielmusik des vierunddreißigjährigen Mendelssohn mit der „Egmont“-Musik Beethovens verglichen. Auch ihr gedanklicher und poeti scher Reichtum prägt sich dem Hörer erst auf, wenn das verbindende Dich terwort den Zusammenhang des Ganzen preisgibt- Auch in diesem Fall hat die Musik nicht bloß illustrierende Funktion. Sie ist in einigen Stücken Vor wegnahme der Handlung, in anderen deren Nachvollzug und oft Überleitung von einer Szene zur anderen, was sich auch an der mehrfachen Bezeichnung attacca zeigt. Immer aber ist sie Ausdruck von Stimmungen, wie nur die Musik sie vermitteln kann. Shakespeare gab bekanntlich in vielen seiner Stücke genau die Stellen an, wo Musik einsetzen, wo ein Lied gesungen wer den sollte. Nicht selten schreibt er sogar die Instrumente vor. Er kannte den Bergomasker Tanz, mit dem die selbstbewußten athener - sprich Londoner - Handwerker unter Anführung ihres Meisters Peter Squenz nach Absolvie rung ihres komischen Trauerspiels „Pyramus und Tisbe“ bei der Hochzeit von Theseus und Hyppolita aufwarten. „Ein Tanz von Rüpeln“ heißt es fälsch-