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die .Flegel' durch heftiges Anfahren von seinem eigenen Mißgeschick abzulenken versucht, die köstliche Szene, in der er mit seinen .Bengels' einen zopfigen lateinischen Cantus, ,was Künstliches, nach Fugenart', einzuüben versucht, wie dabei ihr verfrühter Einsatz greuliche Quinten ergibt und die störrischen Quäl geister dann überhaupt nicht einsetzen, das fröhliche Gelingen beim dritten Versuch, des Scholarchen gutmütig-polternde Kritik und seiner Weisheit letzter Schluß, das ,Lob auf die Musik' und ihre .rechten Meister' mit dem naturalisti schen Eselsgeschrei, — das alles ist mit treffsicherer psychologischer Charakterisie rungskunst und mit bewußt primitiven Mitteln gestaltet von einem Meister des Buf- fostils, der immer wieder durch neue komische Einfälle überrascht. So, wenn er, um nur eins noch zu erwähnen, im 3stimmigen Cantus bei den Worten Euripides und Aristoteles jeweils in einer Stimme eine Ligatur anbringt, so daß im chorischen Zusammenklang ein drolliger Stottereffekt erzielt wird." (F. Stein) Francis Poulenc, der zu den führenden zeitgenössischen Komponisten Frankreichs gehörte, wurde mit 15 Jahren Lieblingsschüler des spanischen Pia nisten Ricardo Vines, der ihn mit Eric Satie und Georges Auric bekanntmachte, zwei Musiker, die auf seine künstlerische Entwicklung größten Einfluß gewannen. Nach dem ersten Weltkrieg trat Poulenc der „Groupe des Six" bei. Mit Darius Milhaud, der als einer der ersten seine außerordentliche Begabung erkannte, reiste er durch Europa und traf in Österreich mit Alban Berg, Anton Webern und Arnold Schönberg zusammen. Milhaud sagte nach Kenntnis einiger Früh werke von Poulenc: „Nach all den impressionistischen Nebeln diese einfache, klare Kunst, die an die Tradition von Mozart und Scarlatti anknüpft — wird sie nicht die nächste Phase unserer Musik sein?" Der Komponist, der vor allem mit Liedern und Klavierwerken — er war selbst ein ausgezeichneter Pianist - schnell bekannt wurde, wandte sich frühzeitig der Ballett- und vor allem der Opern komposition zu, die er 1957 um einen Welterfolg bereicherte: mit „Les Dialogues des Carmelites" nach Georges Bernanos. Das Kriegsgeschehen und Dichtungen von Paul Eluard hatten ihn 1943 zu der Kantate „Figure Humaine" veranlaßt. 1958 schrieb er nach Worten Jean Cocteaus, mit dem er auch noch zuletzt eng zusammenarbeitete, die einaktige Tragödie lyrique „La voix humaine”. Das Concert champetre (Ländliches Konzert) für Cembalo und Orchester entstand im Jahre 1928 für die berühmte polnische Cembalistin Wanda Landowska, die auch die erste Interpretin des Werkes im darauffolgenden Jahr war. Die Komposition zeigt in allen drei Sätzen Bindungen an den Geist der französischen Musik des 18. Jahrhunderts. „Es ist das ewig französisch Klassische, das in den Klängen der Musik dieses Nachkommen der Künstler eines großen Zeitalters weiter lebt", sagte einmal der Schweizer Musikwissenschaftler Armand Hiebner. So erinnert uns diese charmante, geist volle Musik an die reizvollen Pastoralen und Porträts Couperins. Die Melodik triumphiert über die mannigfaltigen Reize des Rhythmischen, ja sie bestimmt Ausdruck und Form der Komposition. Die abwechslungsreichen thematischen Gedanken der drei locker gefügten, mehrgliedrigen, dabei übersichtlichen Sätze sind gekennzeichnet durch Frische der Erfindung, Anmut und Klarheit. Das bedeutet nicht, daß Poulencs Musik ohne Tiefe wäre. Eine echte Gefühlskraft spricht aus seinen Tönen und dies nicht nur im lyrischen Andante im Charakter eines Sicilianos. Aber auch die Freude des Komponisten am Klang, an anmutig maßvollen, sinnlichen Klängen, an der Durchsichtigkeit und Reinheit der musi kalischen Linie bestimmt den Charakter des Konzertes, das dem Solisten brillante Aufgaben zuweist. Der zu den namhaftesten westdeutschen Komponisten zählende Kurt Hes senberg, aus Frankfurt am Main stammend und daselbst auch seit den dreißiger Jahren am einstigen Hochschen Konservatorium, der späteren Musik ¬ hochschule, pädagogisch tätig, studierte 1927 bis 1931 am Leipziger Konserva torium bei Günter Raphael Komposition und bei Robert Teichmüller Klavier. Das sehr umfangreiche Schaffen des Komponisten, organisch auf dem Boden der Tradition gewachsen und vielfach polyphon inspiriert, umfaßt die verschie densten Genres der Kammer- und Orchestermusik (Höhepunkte sind mehrere Sinfonien), Orgelwerke, Lieder und gipfelt im chorischen und Kantatenwerk, das nicht selten schulmusikalische Belange berührt. Der Durchbruch eines persönlichen Stils erfolgte in den übermütig-humorvollen Tanzburlesken der „Struwwelpeter-Suite" op. 7 (1933), deren Vorwurf 1949 in der „Struwwel peter-Kantate“ op. 49 erneut benutzt wurde — kein Wunder übrigens, denn der Verfasser des bekannten Kinderbuches, Heinrich Hoffmann, gehört zu den Vorfahren des Komponisten. Die Musik der Kantate illustriert mit sangbarer Melodik, scharfgeprägter Rhythmik und dissonant gewürzter Harmonik und vor allem mit frischem Humor die bekannten inhaltlichen Vorgänge des literarischen Vorwurfs. »hilhannnoni Programmblätter der Dresdner Philharmonie — Spielzeit 1971/72 — Chefdirigent: Kurt Masur Redaktion: Dr. habil. Diete.r Härtwig Druck: veb polydruck Werk 3 Pirna - 111-25-12 3 ItG 009-106-71 4. ZYKLUS-KONZERT UND 4. KONZERT IM ANRECHT C 1971/72