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Das fatale Wort Richard Wagners, Mendelssohn habe gezeigt, daß ein Jude trotz aller Vorzüge „seiner feinsten und mannigfaltigsten Bil dung" nicht „ein einzi ges Mal die tiefe, Herz und Seele ergreifende Wirkung" hervorbringen könne, wirkte noch über den Nationalsozialismus hinaus nach. Nachdem im „Dritten Reich” „jüdische" Musik nicht aufgeführt wurde, dauerte es längere Zeit, bis das Diktum von der glatten Oberfläche Mendelssohnscher Musik einer neuen Bewertung unterzogen werden konnte. Aufführungsdauer: ca. 29. Minuten te er feste Bande zu verschiedenen Musikkreisen, was dazu führte, daß er allein zwischen 1829 und 1847 zehn Mal nach England reiste. Immer aber brachte er neue Anregungen mit, erlebte er doch Natur und Kunst, menschliche Kontakte und künstlerische Ereignisse - nicht allein auf die Musik bezogen - mit hellwachem Sinn. Im Ergeb nis solcher Kunstreisen entstanden mehrfach mu sikalische Bilder, tönende Erlebnisberichte, bei spielsweise die „Schottische“ Sinfonie und die „Hebriden-Ouvertüre“ als Erinnerung an seine Schottland-Reise 1829. Im Mai 1830 brach Mendelssohn auf, um nach Italien zu gelangen, in das Land, „wo die Zitro nen blühn“, wo der Himmel so blau, die Luft so mild ist, das große Ziel zahlreicher romantischer Künstler. Dort besuchte er die großen Kultur städte wie Venedig, Florenz, Rom und Mailand, erging sich in Museen und Bibliotheken, erlebte die Meisterwerke Tizians und Giorgiones, hörte Musik von Palestrina und Allegri und lernte so gar das Landleben des einfachen Volkes, z. B. in Neapel, kennen. In Rom aber war er für einige Zeit gezwungen, ohne öffentliche musikalische Aufführungen auszukommen. Der Tod von Papst Pius VII. (30. November) lähmte das musische Leben. Mendelssohn nutzte diese Zeit, sich be sonders seinen kompositorischen Aufgaben zu widmen. Er vollendete die „Hebriden-Ouvertüre“, arbeitete am Klavierkonzert g-Moll op. 25 und begann die Arbeit an einer neuen Sinfonie in A-Dur, die als seine 4. Sinfonie später in die Welt gehen sollte, vom Komponisten selbst als „Italie nische“ bezeichnet. Doch erst nachdem er 1832 von der Londoner Philharmonie Society den Auf trag zur Komposition eines neuen Orchesterwerks erhalten hatte, wurde das Werk fertiggestellt, die se tönende Ansichtskarte, ein Abbild der italieni schen Kultur in ihren Melodien und ihrem Temperament, wie sie Mendelssohn hatte ken nenlernen können und spiegeln wollte. Doch wel ches Bild sich Mendelssohn auch immer von die-