DRESDNER PHILHARMONIE dem Gewissen hätten und seine Sinfonien nichts als Schwindel seien, der bald vergessen sein wür- | de. War da vielleicht etwas Neid dahinter? War es nicht eher so, daß Bruckner genau das zum Klingen brachte, was Brahms zeitlebens suchte: den ungehemmten Ausbruch seelischer Ab gründe? Und was meinte Bruckner über Brahms? | „Wer sich durch die Musik beruhigen will, der wird der Musik von Brahms anhängen; wer da gegen von der Musik gepackt werden will“, - j Bruckner meinte damit durchaus seine eigene - „der kann von jener nicht befriedigt werden.“ „Das heißt doch“, - konstatiert Dietmar Holland - „Bruckner wußte genau - für seine Zeit offen sichtlich: zu genau -, was er musikalisch, wenn auch vielleicht nicht immer menschlich, wollte; gewiß keine Ruhe und Ordnung und auch keine bequemen akustischen Reize.“ Und weiter schreibt Holland: „Der da so sprach, kannte wie kaum ein anderer Komponist des 19. Jahrhun derts (nach Beethoven) den dornigen Weg, der zur Beherrschung der schwierigen Materie des musikalischen Satzes gehört. Einerlei, ob es ei nem neurotischen Zwangs- und Obrigkeits denken entsprang oder einer skrupulösen Ein sicht in das, was man im 18. Jahrhundert die musikalische .Wissenschaft' (= Kompositions- j technik) nannte, Bruckner drückte die satztech nische Schulbank länger als jeder andere | Komponist seines Ranges. Nach der Elementar ausbildung in der Jugend studierte er - mittler- | weile längst als anerkannter Musiker in Linz tätig - im Fernunterricht bei dem gefürchteten Kon trapunktlehrer Simon Sechter (Wien), und zwar von 1855 bis 1861.“ Man bedenke, er war älter als dreißig, als er seine monatlichen Fahrten nach | Wien aufnahm, um bei Sechter zu studieren! Später vervollkommnete er sich noch unter An- I leitung des Linzer Kapellmeisters Otto Kitzler. Mit j einundvierzig begann er seine erste Sinfonie - obwohl Sechter ihn längst einen „geborenen Meister“ genannt hatte. Doch sein Minderwertig-