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Auf seiner Fahrt nach dem Norden Deutsch lands im Jahre 1789 machte er auch für eini ge Tage in Dresden Sta tion, konzertierte hier bei Hofe und in Privat zirkeln. Vom Kurfürsten Friedrich August III. von Sachsen erhielt er „eine recht scheene Dose", wie er seiner Frau mitteilte, überspielte aber mit der scherzhaften Nachah mung des Sächsischen die Tatsache, daß diese Dose immerhin 100 Dukaten enthielt. Im Hause des Oberkonsisto- rialrats Christian Gott fried Körner, Freund Friedrich Schillers und Vater des Dichters Theo dor Körner, entstand die feine Silberstiftzeich nung von Körners Schwägerin Dorothea Stock, das letzte Bild Mozarts, auf dem wir schon die Spuren auf keimenden Leidens zu erkennen glauben. Produkt einer halbanonymen Schöpferkraft wie die Dramen des Dichters aus Stratford-upon- Avon. Aber wir kennen den Menschen Mozart, den sehr lebensfrohen, immer aber auch durch tiefe Täler schreitenden und dennoch fröhlich schaffenden. Wir wissen um seine Freuden und seine Nöte und wissen längst, daß er sein Leben nicht immer zu meistern verstand, Schwächen hatte - wie wir - und dennoch Kraft und Willen aufbrachte, unentwegt zu schaffen. Und doch bleibt ihm ein kleines Geheimnis, das eines jeden schöpferisch Tätigen: ein Geschenk des Geistes, das ihm im Übermaß zuteil wurde. Was aber bleibt uns? Vieles, sollte man meinen! Denn wir können hören und erleben, was dieser Mozart uns hinterlassen hat. Wir können uns dar an erfreuen, es staunend betrachten, in uns auf nehmen und es lebendig erhalten. Wir dürfen da beisein. In den letzten Lebensjahren war es um Mozart immer einsamer geworden. Es schien fast, als sei er vergessen. Seine Kompositionen waren nicht mehr danach, ein Zerstreuung suchendes Publi kum zu befriedigen. Der Komponist schrieb eher Werke, die „schwitzen machen“ als solche, die leichtfüßig dahineilen. Seinen letzten großen Sinfonien, wahrlich Meisterwerke, an denen sich nichts mehr messen ließ, konnten nicht mehr in Wien aufgeführt werden. Sein Publikum, von dem er einst stürmisch begrüßt wurde, war ihm ge genüber lethargisch geworden. Die Subskriptions listen seiner Konzerte wurden allmählich leerer, bis sich 1789 nur noch ein einziger Name darauf fand: immerhin Gottfried van Swieten, Gönner zwar bis zuletzt, der sich jedoch sein Gönnertum nicht viel kosten lassen wollte. Auch die letzten Reisen erfüllten die Sehnsucht' nach einem großen Auftrag, die er hoffnungsvoll bis zuletzt hegte, nicht. Zwar war er überall herzlich will kommen und gefeiert, wurde aber immer nur mit kleineren Geschenken fürstlicher Huld abgespeist,