stötigt und aufgehoben. Besonders im Bereich der Harmonik schafft Zemlinsky eine Vielschichtigkeit, auf deren Hintergrund er nicht auf eine tonale Fixierung verzichten kann. Mit seinem 3. Streichquartett op. 19 (1924) tritt eine distanzier te, ironische Tonsprache in seine Werke, durch Adorno treffend mit „verbindlich formulierter Unverbind lichkeit" (1959) umrissen. Setzt hier eine gewisse Resignation beim Komponisten ein? 1927-1930 wirkte Zemlinsky an der Berliner Kroll-Oper auf einer für ihn als mitt lerweile hochgeachteten Konzert dirigenten unbefriedigenden Stelle, für die ihn Otto Klemperer ver pflichtet hatte. Auf eigenen Wunsch ausgeschieden, lebte er von seiner Lehrtätigkeit an der Berliner Musik hochschule, geriet als Komponist jedoch immer mehr in den Schatten jüngerer Kollegen. Als durch die erfolgreiche Auf führung seiner Oper „Kreidekreis'' im Jahr 1933 ein gewisser Auf schwung zu erwarten war, machte die gewalttätige Austreibung jegli cher progressiver Kultur durch den NS-Staat auch Zemlinskys Träumen einen Strich durch die Rechnung. Er flüchtete 1933 nach Wien, von dort aus 1938 in die USA, wo er im Jahr 1942 einsam und verarmt starb. Zu seiner Lyrischen Sinfonie op. 18 schrieb Zemlinsky: „Die innere Zu sammengehörigkeit der Sieben Gesänge mit ihren Vor- und Zwi schenspielen, die alle ein und denselben, tiefernsten, leiden schaftlichen Grundton haben, muß bei richtiger Erfassung und Aus führung einwandfrei zur Geltung kommen. Im Vorspiel und 1. Ge sang ist die Grundstimmung der ganzen Sinfonie gegeben. Alle Aufführungsdauer der Lyrischen Sinfonie: ca. 40 Minuten Zur Musik Ein Paukenwirbel eröffnet die Entfaltung einer Klang pracht zwischen großer Orchestergeste und liedhaft schlichter Atmosphäre. Sehr plastisch in der Textausdeu tung singt die Baritonstimme von einer Sehnsucht nach auf dieser Welt unerreichbaren, fernen Dingen. Leicht, licht und kapriziös schließt sich das Scherzo an im Verlangen des Mädchens nach Erfüllung seiner Liebe. Erst am Ende erfährt dieser 2. Gesang eine dramatische Zuspitzung. Leitmotivische Anfangsakkorde leiten zum Gipfel der Leidenschaft im 3. Gesang, hitzig besingt der Künstler hier die Liebe, die allein seiner eigenen Verwirklichung dient. Das Thema des Refrains „Du bist mein Eigen“ übernahm Alban Berg in seine „Lyrische Suite“. Auf diese Emphase antwortet das folgende lyrische Zentrum der Sinfonie und spricht vom Verlangen nach wirklicher, diesseitiger Erfüllung (Sopran). Diesem entrückten „Nachtstück” antwortet der 5. Gesang mit freudiger, glutvoller Musik. Der Künstler entzieht sich der Liebe, da sie für ihn nur Gefangenschaft und das Ende seiner Inspiration bedeutet. Glutvoll und energiegeladen präsentiert sich die Musik. Im 6. Gesang verliert die Musik an Kontur und die Harmonie stößt an die Grenzen der Tonalität. Das Mädchen begreift die Vergeblichkeit seiner Liebe und resigniert in der Verlassenheit. Mit der Wiederholung der Themen des 1. und 3. Gesanges lichtet sich dann der Satz, das Mädchen akzeptiert die Realität. Das Scheitern der Liebe ist für den Künstler nicht tragisch, im Gegenteil wird es ihm zur Energiequelle seines Schaffens und zum ästhetischen Objekt selbst. In einer gelösten Stimmung endet dieser 7. Gesang melancholisch-nachdenklich.