Der gewaltige Kosmos seiner großen Opern von „Rienzi“ bis zum „Lohengrin“, später noch „Die Meistersinger von Nürnberg“ und den neuartigen Musikdramen („Tristan und Isolde“, der vierteilige „Ring der Nibe lungen“ und „Parsifal“) hat Richard Wagner (1813-1883) schon zu Lebzeiten zu einer heftig umstrittenen Legende gemacht. Auch sein eigenes Leben war von großer äußerer und innerer Unruhe erfüllt. Es wurde von einem beinahe apostolischen Sendungsbewußtsein gelenkt und von stän digen Geldnöten gestört. Und doch hat er mit seinen Opern ein beeindruckendes Lebenswerk hinterlassen, das immer noch - so heftig wie ehedem - zu einem Für und Wider herausfordert. Den Gipfel seines auf die Errichtung eines literarisch-musikali schen „Gesamtkunstwerkes“ angelegten Schaffens erreichte der Meister jedoch erst nach 1872 in Bayreuth. Bevor er sich je doch diese Stätte seines eigenen Ruhms schaffen konnte, fand er - nach endlos qualvollen Exiljahren, in denen er den Hei matboden wegen seiner Beteiligung an der 48er Revolution nicht betreten durfte, - im schweizerischen Triebschen bei Luzern ein zeitweiliges Heim. Hier heiratete er 1870 in zweiter Ehe die Tochter von Franz Liszt, Cosima - zuvor Gattin seines Freundes Hans von Bülow. Für den ersten Geburtstag Cosimas als Ehefrau Wagners (25. Dezember 1870) ent warf der Komponist parallel zu seiner Arbeit an der „Siegfried“-Partitur heimlich ein sehr persönliches Ständchen, ein herr lich friedvolles Tongemälde für 13 Instru mente (auch für großes Orchester geeig net): das Siegfried-Idyll. Die Liebesbeziehung zwischen Siegfried und Brünnhilde, zwei Zentralgestalten der „Ring“-Tetralogie - beziehungsvoll gemünzt auf Richard und Cosima wird im „Siegfried-Idyll“ von ihrer lichtesten Seite betrachtet. „Siegfried“-Motive umschmeicheln den Hörer. Eine eigens entworfene Wiegen lied-Melodie fließt ein und verweist auf den bereits eineinhalb jährigen gemeinsamen Sohn Siegfried der beiden Jungvermähl ten. Ein feiner, intimer lyrisch-romantischer Stimmungszauber ver leiht der liebenswür digen Komposition, das zu den wenigen selbständigen Instrumentalwerken Wagners gehört, einen ganz besonderen Reiz. Die Uraufführung erfolgte in der kammermusikalischen Original-Fassung in der Triebschener Wagner-Villa zum Geburtstag Cosimas.