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Sinfonie Nr. 1 D-Dur Zur Musik Die ersten Töne versetzen uns in eine er wachende Natur (irisierendes Streicher- Flageolett, Kuckucksrufe, Jagdsignale). Rasch aber wird erkennbar, daß dies kein reines Idyll ist, sondern entfremdete Na tur, bestenfalls ein vielfach gebrochener Morgen, in welchem das Schimmern und Flimmern der Luft vernebelt wirkt. Mahler nutzt den Klangraum durch besondere Auf stellung der Musiker (Ferntrompeten) und schafft durch Klangfarben als selbständige musikalische Dimension räumliche Tiefe. Idyllisch hingegen wird der eigentliche Hauptteil. Der Schleiervorhang der myste riösen Einleitung hat sich gehoben, ein Lied (ohne Worte) klingt auf („Ging heut’ morgen übers Feld, Tau noch auf den Grä sern hing, sprach zu mir der lust’ge Fink: Guten Morgen! Ei du gelt? Wird’s nicht ei ne schöne Welt?“). Es kann das Bild des Wanderers gemeint sein, des „heimatlo sen“ Helden. Das Liedthema wird, von ständigen Trompetensignalen befeuert, ausgesponnen, im Charakter verändert, von anderen motivischen Splittern durch setzt, im Tempo beschleunigt und schließ lich ziemlich abrupt beendet. Ein bäurisch-derbes Scherzo klingt auf, harmlos wirkend in stampfendem Rhyth mus, eine idyllische Zwischenstation. Wie im 1. Satz existiert auch hier als Grundge danke ein Lied, Mahlers früheste Ländler melodie zu „Hans und Grete“ (1880). Das Trio mag Bruckner, dem großen Vorbild, verpflichtet sein. 1. Satz: Langsam. Schleppend. Wie ein Naturlaut 2. Satz: Kräftig bewegt, doch nicht zu schnell