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KONGRESS-SAAL DEUTSCHES H Y G I E N E - M U S E U M Freitag, den 14. März 1969, 19.30 Uhr Sonnabend, den 15. März 1969, 19.30 Uhr 13. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Dirigent: Kurt Masur Solistin: Cecile Ousset, Frankreich, Klavier Paul Hindemith Konzertmusik für Streichorchester und Blechbläser 1895-1963 (Bostoner Sinfonie) op. 50 I. Mäßig schnell, mit Kraft Sehr breit, aber stets fließend II. Lebhaft Langsam Im ersten Zeitmaß (lebhaft) Cesar Franck 1822-1890 Sinfonische Variationen für Klavier und Orchester PAUSE Fryderyk Chopin Konzert für Klavier und Orchester e-Moll op. 11 1810-1849 Allegro maestoso Romanze Rondo (Vivace) CECILE OUSSET wurde in Tarbes (Frankreich) geboren und zeigte bereits in frühester Kindheit ein außerordentliches musikalisches Talent. Sie studierte Klavier bei Marcel Ciampi am Pariser Nationalkonservatorium und erhielt schon mit 14 Jahren einen ersten Preis, dem sich in der Folgezeit noch zahlreiche Auszeichnungen bei internationalen Wettbewerben anschlossen. Die hochbegabte junge französische Pianistin hat seitdem eine brillante internationale Karriere angetreten. Eine ausgedehnte Konzerttätigkeit führte die Künstlerin bisher zu Solo abenden und Konzerten mit großen Orchestern in fast alle Länder Europas, darunter nach Belgien, Spanien, Portugal, Italien, Westdeutschland, die Schweiz sowie nach Nordafrika und Nordamerika. In der DDR gastierte sie erstmalig 1964. Mit der Dresdner Philharmonie musizierte sie bereits 1966 und 1968. ZUR EINFÜHRUNG Die musikgeschichtliche Position und Leistung Paul Hindemiths, dieses im Dezember des Jahres 1963 68jährig leider bereits verstorbenen großen deutschen Repräsentanten der neuen Musik, ist heute längst nicht mehr umstrit ten. Von jugendlich-unbekümmertem, spontanem Experimentieren führte sein Weg zur reifen, traditionsbewußten Meisterschaft eines Komponisten von Welt geltung. Das Streben nach Vereinfachung der musikalischen Struktur, nach Ver innerlichung des Ausdrucks kennzeichnet schon die meisten aus den 30er Jahren stammenden Kompositionen Hindemiths. Die auch „Bostoner Sinfonie" genannte Konzertmusik für Streich orchester und Blechbläser op. 50 entstand 1930 für das fünfzig jährige Jubiläum des lange Jahre von Serge Kussewitzky geleiteten Bostoner Sinfonieorchesters (USA), das zu den besten Klangkörpern der Welt gehört (Strawinsky komponierte aus diesem Anlaß die Psalmen-Sinfonie und Honegger seine 1. Sinfonie). Das Werk ist zugleich die letzte Komposition, der Hindemith noch eine Opusziffer beigegeben hat. Es ist eigenartig instrumentiert: Einem Streichkörper stehen vier Hörner, vier Trompeten, drei Posaunen und Tuba ge genüber. Die Holzbläser und die gesamte Schlagzeuggruppe fehlen. Trotzdem ist die Konzertmusik eine der glanzvollsten Arbeiten Hindemiths, die an die Ausführenden höchste Anforderungen stellt — im ausdrucksvollen Vortrag von Soli, in der Ausführung von Staccati und in der Intonierung komplizierter Akkorde beispielsweise. Der besondere Reiz der Komposition ergibt sich also aus der konzertanten Gegenüberstellung klanglich scharf kontrastierender Klanggruppen, aber auch die kraftvolle und markante Thematik des Werkes ist imponierend, das sich formal in zwei Teile gliedert. Der erste Satz beginnt mit einem rhapsodischen, großangelegten Unisono- Thema der Trompeten und Posaunen, das zunächst von den Streichern umspielt, dann von ihnen breit ausgesungen wird. Ein zweites, kraftstrotzendes und rhyth misch klar gegliedertes Thema bringen die Blechbläser ins Spiel. Nach der Ver einigung beider Klangkörper spielen die Streicher und Hörner zum Abschluß, vom Blech im Ostinato rhythmisch akzentuiert, das rhapsodische Anfangsthema. Im zweiten Satz bestimmen vor allem die Streicher, teils flirrend, teils hymnisch, die furiose und fugierte Entwicklung über einen versonnenen, lyrischen Mittelteil hinweg bis zum stürmischen Schluß, in dem die Bläser die Oberhand über die Streicher gewinnen. Aus dem reichhaltigen und vielseitigen Schaffen Cesar Francks haben sich in Deutschland neben etlichen Orgelwerken und einiger Kammermusik eigentlich nur seine d-Moll-Sinfonie und die heute erklingenden Sinfonischen Variationen einen festen Platz in den Konzertsälen erringen können. Die relativ geringe An teilnahme, die man in Deutschland dem Leben und Schaffen dieses Meisters zollt, ist um so verwunderlicher, als seine Musik der deutschen durchaus nicht