Volltext Seite (XML)
Doppelfuge: Allegro moderato (Fuga I e II) bringt die Entscheidung: „Nah umarmen die Heere sich“. In gewaltigem An sturm messen sie nochmals ihre Kräfte; da — als erscheine plötzlich ein unheilverheißender Dämon — stockt alles, um dann in verzweifelter Wut das letzte zu wagen: der Boden scheint zu wanken; „Die Sonne löscht aus; entschieden die Schlacht. — Schwarz brütet auf dem Heer die Nacht. . . Andante tragico. Wieder ziehen die süßen Bilder der Heimat vorüber, vermischt mit den feierlich-verklärten Klängen des Marsches — am Todwunden jetzt — und versinken seufzend mit ihm ins Unbekannte. . . . Wohin? Wozu?“ Also entringt sich der bangenden Menschenbrust die sie nicht auch in der Einleitung zu Beethovens Siebenter Sinfonie? Sascha Schneider: O ihr Höheren! „O ihr Höheren! ewige Frage. Hören wir sie i Bald feierlich vorgetragen, bald energievoller, aufwärtsverlangend, bald von anmutigen Visionen beschwichtigt? . . . Das Herz klopft wie vor einer Offenbarung, stockt — Da — ein neuer Puls! (Erster Satz.) Eine rhythmische Macht durchzuckt den Jünger: es ist das Leben selbst, das ihn durchströmt. Was ist hier Leid und Lust, wo ihre Grenzen, wo ihr Zweck?! — Nur ein rhythmischer Überschwang erfüllt ihn ganz, daß die Brust zu eng wird und der Fuß zum tanzenden Sprung sich hebt. . . . Wie ein weicher Abend umfängt uns der zweite Satz, das Allegretto. Es duftet aus allen Büschen, und ein wehmütig wiegender Sang streicht über feuchte Wiesen. Der Überschwang des Lebens ermattete. Ein tröstender Zuspruch in der elegischen Stimmung ist die hellere Wendung nach Dur, und Traumbilder — anschwellend und verblassend — ziehen vorüber. Im dritten Satz, dem Scherzo, bricht eine eigensinnige, persönliche Lustigkeit durch; als sollte durch eigene Kraft der verlorene Schwung von früher wiedererobert werden. Da warnen (im Trio) ehrfürchtige Stimmen, die sich in feierlich-ernstem Hymnus aus breiten. Aber der tolle Versuch wird erneut gewagt: grimmes Lachen — Anläufe — ohne Atem. Doch die Erfüllung kommt — und überwältigender, als der Mensch sie im Zucken des Anfangs ahnen konnte. Hier im Schluß satz seiner Siebenten hat Beethoven die Schranken niedergerissen, die uns innerlich vom AÜ-Leben, das die Sterne kreisen und die Erde beben und Maikätzchen treiben läßt, trennen. Ein großer Festrausch umfängt uns. Wenn er aber auf uns wirken soll, müssen wir selber innen festlich angetan sein mit feuriger Kraft und dem Mut zur Hingabe. — Auch aus diesem Dithyrambus tönt: „Seid umschlungen, Millionen, diesen Kuß der ganzen Welt!“ * * * O Leben, du Sphinx, was wütest du gegen dich selbst in deinen Kindern während grausiger Kriege, wenn du sie zu höchster Freude und Brüderlichkeit fähig machtest! . . . * * * Auch bei der Erstaufführung der Siebenten Sinfonie — am 8. Dezember 1813 — spielte das politische Sonderleben eine bedeu tende Rolle. Beethoven führte vor diesem unsterblichen Werk damals eine patriotische Komposition auf: das sinfonische Orchester gemälde: Wellingtons Sieg oder die Schlacht bei Vittoria, seine minderwertigste Orchesterkomposition, die er ursprünglich für einen Musikautomaten entworfen. Damit aber gewann er einen endgültigen Sieg über jede bisherige Gegnerschaft, und das Publikum höchst begeistert von dem Gelegenheitswerk — vermochte eben kraft seiner erregten Stimmung auch die hohe Bedeutung der Siebenten Sinfonie mitzuwürdigen. So kann in jeder aufwühlenden Zeit, wenn das Innere des Menschen umgeworfen ist gleich einem empfänglichen Ackerboden, manches Samenkorn echter Kunst oder Erkenntnis tiefer Wurzel fassen als sonst. Seid dessen eingedenk, liebe junge Freunde! Frau Eva Büttner Persönliche Anmerkung: Wi.. früher möchte ich auch diesmal von euch in Briefen, Gedichten oder Aufsätzen eure Eindrücke, die ihr von den Werken er halten habt, mitgeteilt erhalten. Es sind mir wichtige Zeugnisse für euer Innenleben, und sie erleichtern wesentlich die Weiterarbeit für euch. Aber seid wahr, ganz wahr! Adresse: Redaktion der Dresdner Volkszeitung (Musikabteilung).