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und gewann in den Jahren danach — besonders durch sein Violinkon zert und seine Sinfonie — den An schluß an die vorangegangenen Höhepunkte in seinem kompositori schen Schaffen zurück. 1950 besuchte er Europa und verbrachte die fol genden Jahre abwechselnd dort und in den USA. Korngold gehörte zur Gruppe der österreichischen Komponisten unse res Jahrhunderts (wie Kornauth, Siegl, Kattnigg, Weigl), die zwischen Spätromantik und Neoklassizismus schaffen, also eine Art Übergang bilden. Er gilt als »letzter großer Romantiker", verwurzelt in der öster reichischen Tradition wie auch Gu stav Mahler und Richard Strauss. Seine Werke sind spätromantisch mit starkem Sinn für impressionistische Klangwirkungen, blühende Melodik, orchestertechnische Effekte, theatra lische Wirksamkeit. Nach anfäng licher Anerkennung verlor Korngold seine Individualität als Komponist und folgte in seinen Werken einer „Wirkung an sich". Die Emigration und seine absolute Verbindung mit dem Film ließen ihn in Europa in Vergessenheit geraten, oder er wurde als Hollywood-Komponist ab wertend beurteilt. Die nach dem Krieg einsetzende Wiederentdeckung der Werke Mahlers und Schönbergs verhinderte zunächst Korngolds Re habilitierung, und er starb in der bit teren Erkenntnis, vergessen zu sein. Erst seit einigen Jahren gibt es wie der vereinzelte Aufführungen seiner Werke. Das Violinkonzert in D op. 35 — auf Anregung Bronislaw Hubermanns komponiert — entstand 1945. Jascha Heifetz brachte es am 15. Februar Charles Ives 1947 in St. Louis zur erfolgreichen Uraufführung, der sich Wiederholun gen in New York und Chicago an schlossen. In der Folge kam es zu großer Anerkennung für den Kompo nisten und sein melodisches Werk, das als echtes Virtuosenkonzert, vol ler Klangschönheit, angelegt ist. Trotz allen solchen Zuspruchs - auch durch Arnold Schönberg — blieb Korngold viele Jahre vergessen. Charles Edward Ives (geboren am 20. Oktober 1874 in Danbury, Con necticut, gestorben am 19. Mai 1954 in West Redding, Connecticut) — also gleiche Generation wie Arnold Schönberg — gehört zu den bedeu tendsten und modernsten, wenn auch beiwertem nicht bekanntesten Kom ponisten unseres Jahrhunderts. Er stammte aus einem kleinen Ort in New England (nördlich von New York). Sein Vater, der großen Ein fluß auf die musikalische Bildung seines Sohnes nahm, war „Band master", also Leiter einer „Dorf kapelle“. Er integrierte den Jungen schon früh in den Musikbetrieb sei ner Umgebung, indem er ihn als Mitspieler, Arrangeur und auch als Komponist beschäftigte. Ives wurde dadurch vielseitig mit der musikali schen Praxis vertraut; auch erhielt er Klavier- und Orgelunterricht. Seit 1887 übte er in Danbury an ver schiedenen Kirchen das Organisten amt aus und benützte diese Tätig keit zum Spielen aller möglichen Be arbeitungen. Nach dem Besuch der High School seiner Vaterstadt stu dierte er von 1894 bis 1898 in New Haven an der Yale University. Seine wichtigsten Lehrer waren dort der Rheinberger-Schüler Horatio Parker (Komposition) und Dudley Buck (Or gel). Parker, auch zu Dvorak wäh rend dessen USA-Aufenthalt in Be ziehung stehend, übte damals als hochangesehener Vertreter einer tra ditionellen Kompositionsschule im europäisch beeinflußten amerikani schen Musikleben einen großen Ein fluß aus. Das Althergebrachte hütete er wie einen Gral und zeigte sich den kompositorischen Wucherungen seines Schülers Ives gegenüber we nig aufgeschlossen. Aber Parker vermittelte Ives notwen dige solide handwerkliche Kennt nisse. 1893 bis 1902 lebte Ives in New Haven, Bloomfield und New York. Er widmete sich beruflich aber nicht der Musik, sondern begann eine Tätigkeit als Mitarbeiter einer Versicherungsgesellschaft. Durch die Übernahme von Organistentätigkeit an mehreren New Yorker Kirchen besserte er sein Gehalt auf; kompo sitorisch beschäftigte er sich aus schließlich in seiner Freizeit, nicht je doch primär. 1907 gründeten Ives und Julius Myf- rick ein Unternehmen, die New Yor ker Generalagentur für die Washing ton Life Insurance Company, deren Geschäfte sie im Laufe der Jahre zu Millionären machte. Ives erhielt durch die Herausgabe eines Buches über die Managertätigkeit im Ver sicherungswesen große — auch inter nationale — Anerkennung, wie sie ihm als Komponist erst Jahrzehnte später zuteil geworden ist. Nebenbei entstand innerhalb weniger Jahre (1896—1921) ein umfangreiches und vielseitiges kompositorisches CEuvre, von dem die Öffentlichkeit kaum oder höchstens verwundert und ab lehnend Kenntnis nahm, wobei ives Werke wie die Klaviersonate Nr. 2 (berühmt als Concord-Sonate) und seine gesammelten Lieder (114) auf eigene Kosten drucken und an In teressenten kostenlos verteilen ließ. Krankheitsbedingt komponierte er seit 1921 kaum noch und zog sich mehr und mehr auch aus seinem Unternehmen zurück. Seit 1927 be trieb er die fördernde Mitarbeit in der von seinem Freund Henry Co- well gegründeten „New Music So ciety“. Ives kompositorisches Werk ist so vielseitig wie umfangreich, Er kom ponierte Vokalmusik, Kammermusik (Streichquartette, Violinsonaten), Or chesterwerke (darunter „Three Places in New England“; „Central Park in the Dark“; „The Unanswered Que- stion“), die teilweise auch Chöre einschließen, und vier Sinfonien. Offensichtlich hat sich Ives dafür Ausführende vorgestellt, denen rhyth mische und harmonische Schwierig keiten fremd sind, und ging dabei wohl von sich aus. So fordert er von