Mit dem Jahre 1 835 begann Felix Mendelssohn Bartholdys dritte und reifste Schaffensperiode, an deren Beginn und Ende jeweils ein be deutendes Oratorium steht: „Pau lus" und „Elias". Neben dem großartigen Streichquartett op. 80 gehört dieser Epoche auch die 1842 vollendete Sinfonie Nr. 3 a-Moll op. 56, die Schottische Sin fonie, an. Jene Schaffenszeit Men delssohns war von inneren Krisen und Konflikten begleitet, die zu ei ner Vertiefung seiner Kunst führten. Die systematische Beschäftigung mit der Musik der Vorklassik löste eine strengere Handhabung der Polyphonie, eine herbere, kräftige re Tonsprache aus, die Steigerung der Chromatik eine Bereicherung seiner harmonischen Mittel. Mendelssohns zwei Hauptsinfoni en, die Schottische und die Italieni sche Sinfonie - von der unklaren Chronologie seiner Sinfonien sei hier nicht gesprochen - verdanken beide ihre Entstehung Naturein drücken. Der Komponist, den Wag ner mit Recht einen „Landschafts maler" nannte, weilte im Jahre 1 829 in Schottland, und unter dem Eindruck der Highlands und Fjor de, des Besuches der in einer schwermütig-herben Landschaft ge legenen, zerfallenen Kapelle des Edinburgher Stuart-Palastes keim ten die ersten Gedanken zu der Schottischen Sinfonie, die seine be deutendste werden sollte und erst 13 Jahre später ihre endgültige Gestalt gewann. Doch die düstere Erregtheit, die leidenschaftlichen Ausbrüche des Werkes sind nicht allein aus der schottischen Natur geflossen, sie spiegeln auch jene tiefen Konflikte wider, von denen schon die Rede war. Aus einer Situation der Enttäu schung und aufkommenden Resi gnation „heraus wuchs das Werk Felix Mendelssohn Bartholdy. Aquarell von James Warren Childe, London 1829