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vom Landleben“, der Ausdruck von Gefühlen, Stimmungen, ,,Empfindungen“ im Mittel punkt seiner Pastoralsinfonie. „Kein Mensch kann das Landleben so lieben wie ich“, schrieb Beethoven seiner Freundin Therese Malfatti. Viele Briefe, Notizen und Äußerungen des Komponisten bezeugen seine große Naturliebe: „Allmächtiger im Walde! Ich bin selig, glücklich im Walde: jeder Baum spricht durch dich. O Gott! Welche Herrlichkeit! In einer solchen Waldgegend, in den Höhen ist Ruhe, Ruhe ihm zu dienen.“ — „Ist es doch, als ob jeder Baum zu mir spräche: Heilig, heilig! Im Walde Entzücken! Wer kann alles ausdrücken? Schlägt alles fehl, so bleibt das Land selbst im Winter ...“ — „Ein Bauerngut, dort entfliehst du deinem Elend!“ — „Ich muß mich in der unverdorbenen Natur erholen und mein Gemüt wieder reinwaschen.“ Noch mehr als aus all’ diesen Worten spricht Beethovens Liebe zur Natur jedoch aus seiner „Pastorale“. Auch seine Liebe zum einfachen Menschen, zum Landmann und Hirten, findet hier schönsten Ausdruck. Sagte er doch einmal: „Ohne irgendeine menschliche Gesellschaft ist es auch nicht möglich, auf dem Lande zu leben.“ So ist es kein Zufall, daß Beethoven in diesem Werk der Volksmusik einen besonders breiten Raum gibt, ist diese doch überhaupt eine wesentliche Quelle seines Schaffens. In der „Pastorale“ sind es neben österreichischen Weisen vor allem Lieder und Tänze kroatischer Bauern (kroatische Siedlungen befanden sich damals nicht nur in Ungarn und Mähren, sondern auch in Niederösterreich, ja selbst in Wien und seiner Umgebung), die Beethoven verwendet. So besitzt das Hauptthema des ersten Satzes („Erwachen heiterer Gefühle bei der Ankunft auf dem Lande“) eine auffallende Ähnlichkeit mit einem kroatischen Kinderlied: eh In einem Thema des letzten Satzes („Frohe, dankbare Gefühle nach dem Sturm“) kann man ein kroatisches Liebeslied wieder erkennen. Aber nicht nur zahlreiche Themen und Motive der Sechsten Sinfonie zeigen große Ähnlichkeit mit kroatischen Volksweisen, sondern das ganze Werk ist von der Intonation dieser Volksmusik durchdrungen. Gewisse rhythmische und harmonische Wendungen, vor allem aber die häufigen Wiederholungen kurzer Motive — zu Beginn der Durchführung des ersten Satzes wird ein Motiv aus dem Hauptthema etwa achtzigmal wiederholt! — weisen auf Eigentümlichkeiten der slawischen Volksmusik hin. Beethoven erreicht so „mit den einfachsten Mitteln eine farbige, lebendige und volkstüm liche Bildhaftigkeit, deren Ausführung größte Meisterschaft bekundet“, schreibt Schöne wolf („Beethoven in der Zeitenwende“). „In den fließenden Harmonien ist ein Flimmern wie Sonnenlicht im Walde, das nur vorübergehend durch den Aufruhr der Elemente im Gewitter verdunkelt wird, um dann um so reiner und heller zu leuchten. Dabei wird die Natur ebenso wenig naturalistisch kopiert wie das Leben der Menschen auf dem Lande, sondern nach wohlgeordnetem Plan werden die ,Empfindungen' musikalisch gestaltet, wie sie in den Satz- Überschriften angedeutet sind.“ Renate Jahn LITERATURHINWEISE Joseph Suk: Karl Wörner, „Neue Musik in der Entscheidung“, Verlag Schott, Mainz Ludwig van Beethoven: Karl Schönewolf, „Beethoven in der Zeitenwende“, Mitteldeutscher Verlag, Halle Vorankündigung: Nächste Konzerte im Anrecht A 1/2 13./14. Februar 1960 Nächste Konzerte im Anrecht B 1/2 20./21. Februar 1960 7. Außerordentliches Konzert Dienstag, den 16. Februar • Mittwoch, den 17. Februar Sergej Dorenski einer der führenden sowjetischen Nachwuchspianisten, wurde 1931 in Moskau geboren. 1955 errang Sergej Dorenski den ersten Preis beim Internatio nalen Pianistenwettbewerb anläßlich des V. Festivals der Jugend und Studenten in Warschau. Im Internationalen Wettbewerb junger Pianisten 1957 in Rio de Janeiro erhielt Dorenski den 2. Preis. Dorenski zählt zweifellos zu den ersten Pianisten, die sich durch elementares Musikantentum und virtuose Technik aus zeichnen. Sein Spiel bewies eine scharf umrissene Individualtät. Wir sind glücklich darüber, diesen Künstler für unser 7. Außer ordentliches Konzert gewonnen zu haben. PROGRAMM Sinfonie Nr. 101 D-Dur („Die Uhr“), Joseph Haydn Erstes Klavierkonzert C-Dur, Ludwig van Beethoven Klavierkonzert von Aram Chatschaturjan Leitung: Siegfried Geißler