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EINFÜHRUNG DRESDNER KOMPONISTEN Das Konzert wird vom Landesverband Sachsen des Verbandes Deutscher Komponisten veranstaltet. Es ist das zweite Konzert in Sachsen, ihm ist ein Kon zert mit Leipziger Komponisten in Leipzig vorauf gegangen. Ähnliche Veranstaltungen werden in anderen Städten folgen. Dieses Konzert bringt reine Orchestermusik ohne Solisten. Es zeigt, wie vielfältig und verschieden artig das Orchester behandelt werden kann. Die Werke sind alle jüngeren Datums und geben einen (zwar nicht ganz vollständigen) überblick über das orchestrale Schaffen in Dresden. Die Komponisten schreiben zu ihren Werken selbst: Johannes Paul Thilman In einigen meiner jüngsten Werke bemühe ich mich um eine besondere Haltung, nämlich kurzgefaßte, gedrängte Stücke zu schreiben, dem Pathos aus dem Wege zu gehen und eine Heiterkeit spüren zu lassen, die bei Haydn und dem „Götterliebling“ Mozart so wohltuend wirkt. Nun weiß ich zwar, daß ich weder ein Haydn noch ein Mozart bin, daß mich auch gewisse „Götter“ gar nicht ausstehen können, daß ich mich also mit den beiden genannten Klassi kern weder vergleichen darf noch will. Aber ich ver suchte bei ihnen, diesen Eckpfeilern unseres natio nalen Kulturerbes, das „Klassische“ aufzunehmen, das ich in der handwerklichen Vollkommenheit ihrer Werke sehe, im Ausgewogensein zwischen In halt und Form und in der inneren Haltung, die einen starken Optimismus ausströmt. Die Sinfonietta op. 56 ist im Dezember 1951 in kurzer Zeit geschrieben worden. Die vier Sätze halten sich ans klassische Vorbild. Wenig Blech bläser, kein Schlagzeug, leichte Spielweise, Klarheit und Verständlichkeit, Witz, Heiterkeit — das sind die Dinge, die ich beachtete. Beabsichtigt hatte ich, Unterhaltung im besten Sinne des Wortes zu geben, mit Geist und auch mit Gefühl (zweiter Satz) zu musizieren. Natürlich wollte ich auch der Klippe des Formalismus ausweichen. Ich kam 1906 zur Welt, studierte Komposition bei Hindemith, Grab- ner und Scherchen, bin jetzt Komponist und als solcher ziemlich berüchtigt. Warum eigentlich? Siegfried Kurz Für einen Komponisten ist cs natürlich immer schwierig, sein eigenes Werk selbst zu analysieren. Trotzdem will ich aber in wenigen Sätzen versuchen, Ihnen einiges über mein 1950 entstandenes „Diver timento für Streicher und Klavier“ zu sagen. Der erste Satz ist in einer dreiteiligen Liedform ge schrieben, wobei das zweite Thema etwas verändert den Satz als Coda schwungvoll beschließt. Im zweiten Satz bringt zunächst das Klavier ein sehr freies Thema. Dieses wird abgelöst von einem rhythmisch sehr prägnanten Teil, der zu einem Höhepunkt führt. Der Satz wird durch das erste Thema (jedoch von den tiefen Streichern vorge tragen) sehr ruhig beendet. Das Finale besteht aus einer großen Steigerung, die von einem tänzerischen Rhythmus bestimmt ist und schließlich mit einem reinen C-Dur das Werk tonal beschließt. Ich bin 1930 in Dresden geboren und war Schüler von Prof. F. F. Finke. Karl-Rudi Griesbach Meine „Kleine Sinfonie“, ein Auftragswerk der Stadt Dresden, zeigt in der Tempobezeichnung ihrer vier Sätze (Schnell, Gehend, Leicht, Lebhaft) das gewohnte Bild der klassischen Sinfonie. Auch in der Form greife ich auf alte Traditionen zurück. Der erste Satz ist nach der Sonatenform gebaut. Er be ginnt mit klopfenden Tönen auf fis, in die heftige Synkopen (Schwerpunktverschiebungen) herein fahren. Dann setzt das Hauptthema ein, das die auf wärts gerichtete Spannung h — f — b zur melodi schen Grundlage hat. Bewegte Bässe unterstreichen den unruhigen Charakter dieses Teiles. Dem steht das Nebenthema gegenüber, das sich — mehr ab wärts gerichtet — auf einem ruhenden Baß (es) ausbreitet und durch ein eingängiges, kanonisches Zwischenmotiv Auflichtung erhält. Im Durchfüh rungsteil werden diese beiden Themen unter anderem in einer Fugenexposition sinfonisch verarbeitet. Nach der üblichen Wiederholung des Anfangsteiles gewinnt das kanonische Zwischenmotiv die Ober hand und verhilft dem Satz zu einem kraftvollen Abschluß. Im zweiten Satz wird das gesangliche erste Thema zuerst tastend angedeutet, ehe es voll ständig in Erscheinung tritt. Es hat einen großen Melodiebogen, der sich auf dunkler Klangebene ab hebt. Dagegen zeigt das zweite Thema weniger melodische als harmonische Kraft. Es macht sich die Wirkung der Dissonanzen zunutze, steigert sich bis zum Fortissimo und ebbt wieder ab. Diese beiden Themen werden vielgestaltig variiert und erscheinen auch in abwechslungsreicher instrumentaler Be leuchtung. Der dritte Satz hat Tanzcharakter. Der gleichbleibende Dreivierteltakt wird allerdings hier und da durch fremde Taktarten unterbrochen, was rhythmisch belebend wirken mag. Der Mittelteil ist ruhiger gehalten und hat einen klagenden Unter ton. Im vierten Satz hören wir zu Beginn wieder die gleichen Klopftöne auf fis wie im ersten Satz. Auch die Hauptthemen der beiden Rahmensätze zeigen Verwandtschaft. Jetzt ist die melodische Spannung h — f — b allerdings auf einen einfachen C-Dur- Dreiklang zurückgeführt. Mir scheint, daß das Werk dadurch eine formale Abrundung erhält. Der Satz hat im übrigen Rondoform, die nur von einem kraft voll hämmernden Mittelteil unterbrochen wird. Ich bin 1916 geboren, war Schüler von Philipp Jar- nach und Fritz Jöde und bin mit Liedern, Kammer musik- und Orchesterwerken sowie Kantaten her vorgetreten (Mitteldeutscher Verlag, Dresdner Ver lag, Verlag „Volk und Wissen“). Im vorigen Jahr wurde ich als Lehrer für Theorie und Komposition an die Dresdner Staatliche Akademie für Musik be rufen. Hans-Hendrik Wehding geboren 1915 in Dresden, Opemkapellmeister in Karlsbad und Berlin, jetzt Leiter der Musikabteilung des Landessenders Dresden, schrieb 3 Opern (Ra- faele — l'ockel — Tandaradei), die mehrfach auf geführt wurden. Die Ballette „Liebelei“ und ,,£)er goldene Pavillon“ wurden von 6 Bühnen aufgeführt. Sein Ballett „Pepusch“ wurde in diesem Jahre mit großem Erfolg im Stadttheater Plauen uraufgeführt. Sinfonien, sinfonische Dichtungen, Kammermusiken erlebten in Funk und Konzertsaal zahlreiche Auf führungen. In den letzten Jahren komponierte er außerdem die Musik zu 15 Filmen. Fast alle Texte zu seinen Bühnenwerken schreibt er selbst. Im Funk versucht er der Unterhaltungsmusik neue künstlerische Möglichkeiten zu schaffen.