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Ttoniglieh Sächstschev Staatsanzeigev. Verordnungsblatt der Ministerien nnd der Ober- und Mittelbehörden. Nr. 94. Beauftragt mit der verantwortlichen Leitung: Hofrat Doengesin Dresden. Montag, 26. April 1909. Bezugspreis: Beim Bezüge durch die Expedition. Troße Zwingerstraße 20, sowie durch die deutschen Postanstalten 3 Mark vierteljährlich. Einzelne Nummern 10 Pf. Erscheint: Werktags nachmittags. — Fernsprecher: Expedition Nr. 1295, Redaktion Nr. 4574. A nkü ndi gung e n: Die Zeile kl. Schrift der 6mal gespalt. Ankündigungsseite 2b Pf., die Zeile größerer Schrift od. deren Raum auf 3mal gesp. Textseite im amtl. Teile 60 Pf., unter dem Redaktionsstrich (Eingesandt) 7b Pf. PreiSermLßigg. auf Geschäftsanzeigen. — Schluß der Annahme vorm. 11 Uhr. Amtlicher Teil. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu ge nehmigen geruht, daß der Geh. Baurat a. D. Goebel in Dresden das von Sr. Majestät dem Könige von Italien ihm verliehene Kommandeurkreuz vom Italieni schen Mauritius- und Lazarus-Orden annehme und trage. Am 1. Mai 1909 wird an der Linie Zwota— Klingenthal ein neuer Haltepunkt für Personen- und Gepäckverkehr eröffnet, der den Namen ,,Zwota-Zechcn- bach" erhält. Vom gleichen Zeitpunkte ab erhält die bisherige Station „Zwota Bahnhof" den Namen „Zwoten- tal" und die bisherige Station „Zwota Haltepunkt" den Namen „Zwota". Uber die an der neuen Verkehrsstelle haltenden Personenzüge gibt der Sommerfahrplan 1909 Auskunft. Die Bcförderungssätze für den Verkehr mit dem neuen Haltepunkte werden auf diesem und den sonst beteiligten Stationen rechtzeitig bekanntgemacht. 2875 Kgl. Gen.-Dir. der Sachs. Staatseisenbahnen. Ernennungen, Versetzungen re. im öffentlichen Dienste. Im Geschäftsbereiche bei» Ministeriums der Finanzen. Bei der Post-Berwaltung sind ernannt worden: Wolf, Lindner, Lorenz, Horn, Dallmann und Gaul, seither gegen Tagegeld beschäftigte Postgehilfinnen, als etatmäßige Post- gehilfinnen. . (Behördliche Bekanntmachungen erscheinen auch im Anzeigenteile.) Nichtamtlicher Teil. Vom Königlichen Hofe. Dresden, 26. April. Se. Majestät der König be suchte gestern vormittag den Gottesdienst in der Katho lischen Hofkirche und nahm um 1 Uhr mit Ihren König!. Hoheiten den Prinzen-Söhnen und Prinzessinnen-Töchtern an der Familien täfel bei Ihrer Königl. Hoheit der Prinzessin Mathilde teil. Heute früh wohnte Allerhöchstderselbe den Kompanie- besichtigungen beim 2. Grenadierregiment Nr. 101 auf dem Garmsonübungsplatze bei und nahm, in das Resi denzschloß zurückgekehrt, militärische Meldungen, sowie die Vorträge der Herren Staatsminister und des Kabinetts sekretärs entgegen. Se. Majestät der König begab Sich nachmittags 3 Uhr 25 Min. nach Bad-Elster, um in der dortigen Gegend auf Auerhähne zu jagen und gedenkt am Donners- tag vormittag hierher zurückzukehren. — Ihre Königl. Hoheit die Frau Prinzessin Johann Georg zeichnete gestern mittag die von Lrn. Prof. Bertrand Roth in dessen Musiksalon veranstaltete „120. Aufführung zeitgenössischer Tonwerke" in Begleitung der Hofdame Fräulein v. Schönberg-Rothschönberg und des Hofmarschalls v. Mangoldt-Reiboldt mit Höchstihrem Be suche aus. Mitteilungen ans der öffentlichen Verwaltung. — Sicherem Vernehmen nach wird an Stelle des zum Königl. Gesandten in Berlin ernannten Vorstands der Amtshauptmannschaft Dresden-Neustadt Geh. Rates Frhrn. v. Salza und Lichtenau der Amtshauptmann vr. v. Hübel in Borna treten. Zum Amtshauptmann in Borna ist dem Vernehmen nach der Regierungsrat vr. Einert bei der Kreishauptmannschaft Leipzig in Aussicht genonrmen. Deutsches Reich. > Bom Reichstage. Sitzung vom 24. April 1909. Am BundeSratttische: Staatssekretär vr. Nieberding, Unter- paatSiekretär Twele. Der Präsident eröffnete die Sitzung 2 Uhr 1b Min. Auf der Tagesordnung stand zunächst die erste Beratung de» Berichts der ReichSschuIdenkommisfion, sie passierte ohne Debatte. Alsdann wurden die Verhandlungen über die Strafgesetz- novelle fortgesetzt. Abg. vr. Müller-Meiningen (frs. Vp.): Wir begrüßen in dem Entwurf die Abschaffung der drakonischen Strafbestimmungen, anderseits aber auch die strengere Bestrafung der Kindermißhand- lungen und der Tierquälerei. Auch mit der Grundtendenz der Bestimmungen zur Verstärkung des Schutzes der Ehre sind wir im Interesse der Bekämpfung der Rovolverpresse einverstanden; aber der hier gewählte Weg ist nicht der richtige. Soll denn der Wahrheitsbeweis auch dann ausgeschlossen sein, wenn der Kläger selbst ein berechtigtes Interesse an der Veröffentlichung hat? Nicht geringere Bedenken habe ich gegen die Fassung des § 253 (Er pressung). Danach wäre jedes Fordern einer erheblichen Lohn erhöhung bei gleichzeitiger Androhung der Arbeitseinstellung als Erpressung anzusehen. Eine solche Bestimmung würde sich gegen das Koalitionsrecht der Arbeiter richten. Abg. vr. Faßbender (Z.): Der Kinderschutz muß eine möglichst weite Ausdehnung erfahren und besonders scharf muß gegen Lehrer und sonstige Personen, denen die Erziehung von Kindern obliegt, bei Kindermißhandlungen vorgegangen werden. Fraglich könnte sein, ob nicht der Begriff der Wehrlosigkeit weiter auszudehnen wäre, als es in der Vorlage vorgesehen ist. Abg. vr. Heckscher (frs. Vgg.): Die Begründung des Er presserparagraphen birgt die Gefahr in sich, daß die schwierigsten wirtschaftlichen Fragen in die Rechtsprechung mit hineinspielen. Wenn diese Gefahr ausgeschieden wird, dann können wir den 8 253 auch im Interesse der Arbeiterbewegung gutheißen. Die vorgeschlagenen Kinderschutzbestimmungen werden dem Rechts- empfinden des Volkes entsprechen. Abg. Hormann (frs. Bp.): Es verrät eine gewisse Rück ständigkeit, daß wir bisher noch nicht zu einer schärferen Beur teilung der Kindermißhandlungen gekommen sind. Die Befürchtung, daß das elterliche Züchtigungsrecht durch die Vorlage angetastet werden könnte, erscheint uns nicht gerechtfertigt. Abg. vr. Frank (soz.): Man muß verlangen, daß die Kinder auch gegen die nächsten Verwandten geschützt werden. Dabei ist aber nicht zu vergessen, daß die Prügelerziehung an Stelle des guten Beispiels erst durch die Prügelpädagogik in den Volks schulen großgezogen wurde. Zunächst ist hier eine Änderung notwendig. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Wir werden Vorschlägen, die Beleidigungsbestimmungen aus der Kommissionsberatung ganz auszuscheiden und darüber im Zu sammenhang mit den Strafbestimmungen über das Duellwesen später zu beraten. Staatssekretär vr. Nieberding: Die Frage, ob ein öffentliches Interesse anzunehmen sei, wenn der Täter persönlich ein berechtigtes Interesse an der Erhebung des Wahrheitsbeweises hat, würde ich in dieser Allgemeinheit verneinen. Das Interesse des Klägers an der Feststellung des Beweises kann auf Grund des § 193 geltend gemacht werden. Die weitere Frage, ob das Gericht, wenn eine strafbare Handlung vorliegt, ohne weiteres ein öffentliches Interesse anzunehmen hat, beantworte ich mit einem glatten ja. Die Unterstellung, als hätte ich die Vorlage hier nur mit halbem Herzen vertreten, muß ich zurückweisen. Abg. Kirsch (Z.): Die Presse kann einen Prozeß nicht so wiedergeben, daß alle Momente berücksichtigt sind, die zu dem Urteil geführt haben. Darauf darf man einen Vorwurf nicht aufbauen. Abg. Wölzl (nl.): Bei dieser Novelle hätte auch die Be schränkung der Prostitution berücksichtigt werden sollen. Hoffent lich kommt bald ein Spezialgesetz, das diese brennende Frage regelt. Staatssekretär vr. Nieberding: Eine anderweitige Re gelung der einschlägigen Rechtsbestimmungen wird bei Gelegen heit der Revision des Strafgesetzbuchs vorgenommen werden. Ob es richtig ist, noch früher mit einem Spezialgesetz vor zugehen, bedarf noch der Entscheidung. Die Frage ist in der Schwebe und wird mit vollem Ernst von uns behandelt Abg. Seyda (Pole): Wir werden uns der Novelle gegen über nicht ablehnend verhalten, hegen aber erhebliche Bedenken bezüglich der Vorschläge für Behandlung der Beleidigungen. Jeder muß die Konsequenzen seiner Handlung tragen; wer eine ehrenrührige Handlung begeht, darf sich auch nichtbeklagen, wenn davon gesprochen wird. Das Recht auf das freie Wort ist ebenso schutzbedürftig wie die persönliche Ehre. Abg. Kölle (wirtsch. Vgg ): Erwünscht wäre eine Bestim mung, wonach die bürgerlichen Ehrenrechte aberkannt werden können, wenn eine besonders niedrige Gesinnung Kindern gegen über zutage tritt. Damit schloß die Diskussion, und die Vorlage wurde an die Justizkommission verwiesen. Nächste Sitzung Montag nachmittag 1 Uhr. (Gerichtsver fassungsgesetz.) verll«, 24. April. Die Finanzkommission des Reichs tag» beschloß nach sehr erregter GeschästSordnungSdebatte, die Beratung über den Gesetzentwurf betreffend den Zwischenhandel des Reiches mit Branntwein zu unterbrechen und zunächst den konservativen Antrag betreffend die Einführung einer ReichSwert- zuwachSsteuer zu beraten. (Wiederholt) Württemberg. (W.T. B.) Stuttgart, 25. April. Die Regierung hat dem Landtage eine ausführliche Denkschrift über das Volksschulwesen vorgelegt, welche die grundsätzliche Übernahme der Volksschullasten auf den Staat, sei es ganz oder teilweise, ablehnt, dagegen dafür eintritt, daß sich der Staat m der Form von StaatSbeiträgen in immer weiterem Umfange nach dem Maße seiner Kräfte an der Befriedigung der Bedürfnisse der Volksschule be teiligt. Ausland. Tas Kaiferpaar auf Korfu. (W.T. B.) Achilleion (Korfu), 25. April. Se. Majestät der Kaiser hielt heute vormittag Gottesdienst in der Kapelle des Schlosses Achilleion ab. Beide Majestäten mit den Umgebungen waren am Nachmittag zum Tee bei dem Könige von Griechenland im Schloß Monrepos bei der Stadt Korfu geladen. Abreise des Deutschen Kronprinzen von Bukarest und Besuch in Wien. (W.T. B.) Bukarest, 24. April. Der Deutsche Kronprinz fuhr heute vormittag nach Sinaja, nahm auf Schloß Pelesch das Frühstück ein und trat dann die Reise nach Wien an. Der Thronfolger und Prinz Karl Anton von Hohenzollern gaben ihm bis zur Grenze das Geleit. Wien, 25. April. Kronprinz Friedrich Wilhelm ist heute nachmittag um 2 Uhr 8 Min. aus Bukarest hier eingetroffen. Am Staatsbahnhofe war eine Ehrenkompanie des 4. Infanterie-Regiments mit Fahne und Musik und den reglementsmäßigen Vorgesetzten aufgestellt. Kurz nach °/<2 Uhr erschien der Kaiser in preußischer Marschalls uniform mit dem Bande des Schwarzen Adlerordens in Begleitung des Generaladjutanten Grafen Paar am Bahn hof. Ferner hatten sich eingefunden die Erzherzoge Franz Ferdinand, Franz Salvator, Leopold Salvator, Eugen, Friedrich und Rainer mit ihren Suiten in den Uni formen ihrer preußischen Regimenter, der Statthalter Graf Kielmannsegg, Korpskommandant General der In fanterie Ritter v. Wersbach u. a., sowie der deutsche Botschafter v. Tschirschky mit den Herren der Botschaft. Ter Kmser schritt die Ehrenkompanie ab und zog sodann die Erzherzöge ins Gespräch. Um 2 Uhr 8 Minuten fuhr der Zug unter den Klängen des „Heil dir im Sieger kranz" in den Perron ein. Der Kaiser trat dicht an den Bahnkörper heran. Der Kronprinz in der Oberstenuniform seines Husaren - Regiments mit umgehängter Pelzattila entstieg dem Waggon, schritt auf den Kaiser zu und wollte ihm die Hand küssen. Der Kaiser wehrte ab, schüttelte dem Kronprinzen die Hand und küßte ihn dreimal. Nachdem der Kronprinz die Erzherzöge durch Hände druck begrüßt hatte, schritt er zur Rechten des Kaisers die Ehrenkompanie ab. Hierauf fuhr der Kaiser mit seinem Gaste zur Hofburg. Das vor dem Bahnhofe in überaus großer Zahl angesammelte Publikum brach in brausende Hochrufe aus und auch längs des ganzen Weges vom Bahnhof zur Hofburg jubelte das Publi kum dem hohen Gaste zu. In der Hofburg begrüßten den Kronprinzen der erste Obersthofmeister und der Zcremonienmeister und geleiteten ihn in die großen Fremdendepartements. Gleich nach seiner Ankunft stattete der Kronprinz den in Wien weilenden Erzherzögen Be suche ab. Um 7 Uhr abends fand im Neuen Saale der Hofburg Tafel statt. Ter Kaiser holte den Kronprinzen ab und geleitete ihn in den Gobelinsaal, wo der Kron prinz die Mitglieder des Kaiserhauses begrüßte. Sodann reichte der Kronprinz der Erzherzogin Maria Annunciata den Arm, während der Kaiser die Erzherzogin Isabella führte. An der farbenprächtigen, mit exotischen Blumen reich geschmückten Tafel nahmen Platz: in der Mitte der Kaiser zur Linken des Kronprinzen. Zur Rechten des Kronprinzen saß Erzherzogin Maria Annunciata, Erzherzog Franz Ferdinand, Erzherzogin Gabriele, Erzherzog Franz Salvator Fürstin Sophie Hohenberg, Erzherzog Eugen und Minister des Äußern Frhr. v. Aehrenthal. Zur Linken des Kaisers Erzherzogin Isabella, Erzherzog Leopold Salvator, Erzherzogin Isabelle Marie, Erzherzog Friedrich sowie die Gemahlin des deutschen Botschafters v.Tschirschky und Erzherzog Rainer. Außerdem nahmen an der Tafel teil die Suite des Kronprinzen, der dem Kronprinzen zugeteilte Ehrendienst und die Suiten der Erzherzoge und Erzherzoginnen, ferner die Herren der deutschen Botschaft und die obersten Hofchargen. Nach der Tafel hielt der Kaiser Cercle, während der Kronprinz sich in das Hof operntheater begab, um der Vorstellung der Bajazzi und der Balletts Aus der Heimat beizuwohnen. Die Blätter begrüßen den Deutschen Kronprinzen in warmen Willkommensartikeln. Das „Fremdenblatt" schreibt: Wir dürfen den Deutschen Kronprinzen heute in Wien als Vertreter des Deutschen Kaisers und des deutschen Volkes begrüßen. In dem Willkomm, das ihm geboten wird, spricht die Erinnerung mit an die Ereignisse der jüngsten Vergangenheit, wobei Kaiser und Volk m Deutschland sich einig bewiesen haben in der Bundestreue, die den vollen Wert des mitteleuropäischen Bündnisses als der stärksten Friedensbürgjchaft in Europa dargetan hat. Die Kraft diese- Bündnisses hat in den vergangenen schweren Zeiten alle Zweifler im AuSlande und Jnlande besiegt und be-