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deutscher Musikgeschichte. Sein Leben und Werk war aufs engste mit seinem Wirken für die Dresdner Staatskapellc verbunden. Bereits 19jährig, im Jahre 1905, kam er aus der Schule des Dresdner Konservatoriums (u. a. Schüler von Fährmann und Draeseke) als Solorepetitor unter Schuch, der ihn entdeckt hatte, an die Dresdner Staatsoper. Damit begann eine 50jährige Tätigkeit an diesem Institut, an dem er 1912 Kapellmeister, später auch stellvertretender Operndirektor und schließlich Sächsischer Staatskapellmeister wurde. Daneben wirkte er von 1905 bis 1945 als Lehrer am Dresdner Konservatorium, dessen künstlerische Leitung er zwischen 1933 und 1937 innehatte. 1950 übersiedelte Striegler nach München, blieb aber weiterhin der Dresdner Oper als ständiger Gastdirigent verbunden. In der Person dieses Künstlers verkörpert sich im besten Wortsinne der Begriff des „komponierenden Kapellmeisters“, der im 19. Jahrhundert aufkam. Wohl kaum eine Ausdrucksform der Tonkunst hat Striegler in seinem weit über 100 Opuszahlen umspannenden imponierenden Lebenswerk nicht bedacht: vom einfachsten Liede reicht es über die Kammer- , und Konzertmusik bis zu Sinfonie und Oper. Die Krönung brachte 1956 ein Requiem für Soli, Chor und Orchester. Viele seiner Werke kamen durch Staatskapelle und Staats oper zur Aufführung. Ja, Striegler konnte am Ende seines Lebens bekennen: „Wohl selten hat ein Komponist das Glück gehabt wie ich, alle seine Werke gehört zu haben.“ Anläßlich seines 50jährigen Berufsjubiläums wurde Kurt Striegler die Ehrenmitgliedschaft der Dresdner Staats theater verliehen. Als Dirigent, Pädagoge und Komponist stand der Künstler fest auf dem Boden der Tradition. Seine Welt war die Spätromantik, Bruckner, Richard Strauß, Pfitzner. Hier auch knüpfte der schöpferische Musiker an, dessen urtümliches Musikantenblut sich mit unbedingter handwerklicher Sicherheit verband. Dabei ist sein organisch, jenseits aller „Modernität“ gewach senes GEuvre, das jetzt zu den Beständen der Sächsischen Landesbibliothek gehört, durchaus zu Teilen mehr als „Gebrauchskunst“. Davon kündet nicht zuletzt das heute erklingende „Rondo burlesk“, Werk 50, für großes Orche ster, das, Ende der zwanziger Jahre entstanden und von der Dresdner Staatskapellc unter Fritz Busch uraufgeführt, zu Kurt Strieglers erfolgreichsten und bekanntesten Schöpfungen gehört. Das zwölf Minuten dauernde Werk erlebte mehrere Rundfunkproduktionen, u. a. in Berlin, Leipzig, Stuttgart und zuletzt - mit den Münchner Philharmonikern unter Leitung des Komponisten - in München, sowie zahlreiche Konzertaufführungen; Fritz Busch errang mit ihm während einer Amerika-Tournee in New York einen großen Erfolg. Bereits am 11. Januar 1939 erklang es auch schon einmal in der Philharmonie unter Paul van Kempen. In der Tat ist es eine effektvolle, brillante Komposition, die dem Autor das Zeugnis einer glänzenden Beherrschung des umfang reichen Straußschen Orchesterapparates ausstellt, seinen Sinn für farbige, pointierte Instrumen tation erweist wie bei aller Vorliebe für witzige, groteske Formulierungen sein melodisches Talent bestätigt. Denn neben dem hurtig eilenden, scherzhaften, sich über Harfcnglissandi zu nächst in den Holzbläsern ankündigenden, dann vom ganzen Orchester aufgegriffenen Hauptthema gewinnt für das Stück eine eingängige, schwunghafte Streichermelodie Bedeutung. Nach Rondoart werden diesen Gedanken kontrastierende Episoden und Stimmungen zugesellt. Äußerungen über schäumender Laune folgen besinnliche, weiche Töne, in denen sich Naturerlebnissc widerspiegeln könnten. Streckenweise wollen sich Assoziationen an die phantastisch dahinhuschende Elfenwelt der Mendelssohnschen Sommernachtstraummusik einstellen. Bei aller Ausgelassenheit und Hu- morigkeit des musikalischen Geschehens, das in turbulenten Steigerungen gipfelt, ist die Musik zuchtvoll geformt, bedient sie sich gelegentlich imitatorischer Verflechtungen. Mit romantisch überschwenglicher Gebärde verklingt das wirkungssichere Stück. Robert Schumanns 4. Sinfonie in d-Moll, op. 120, ist sein sinfonisches Hauptwerk. Sie entstand in seiner glücklichsten Zeit, im „Sinfoniejahr“ 1841, kurz nach der „Frühlingssinfonie“. Un geachtet ihres großen Reichtums an lyrischen Gedanken fand sie bei der Uraufführung am 6. De zember 1841 im Leipziger Gewandhaus unter dem Konzertmeister David nicht den verdienten Erfolg. Doch der Komponist war von dem Werte seiner Schöpfung durchaus überzeugt, schrieb er doch 1842: „ . . . ich weiß, die Stücke stehen gegen die erste (Sinfonie) keineswegs zurück und werden sich früher oder später in ihrer Weise auch glänzend machen.“ Zehn Jahre später nahm er die Partitur noch einmal vor. Kurz vor der Uraufführung der zweiten Fassung am 3. März 1853 in Düsseldorf schrieb Schumann dem holländischen Dirigenten: „Ich habe die Sinfonie übrigens ganz neu instrumentiert, und freilich besser und wirkungsvoller, als sie früher war.“ Das Werk wird im chronologischen Verzeichnis als 4. Sinfonie gezählt. Die Grundstimmung ist ernster, gedankenschwerer als die der „Frühlingssinfonie“, doch gewährt das fast Bcethovenschc Pathos einiger Abschnitte auch idyllisch-humorigen Partien Raum. Inhaltlich spiegelt sie Schumanns Kampf gegen alles Philisterhaft-Hohle in der Kunst wie im Leben seiner Zeit wider. Dem Unter ¬ titel „Introduktion, Allegro, Romanze, Scherzo und Finale in einem Satz“ entsprechend sind die vier Teile des Werkes ohne Pausen miteinander verbunden - typischer Ausdruck der Neigung der Romantiker zur Verwischung und Auflösung der klassischen Sonatenform. Die einzelnen Sätze sind nicht nur äußerlich, sondern auch ideell-thematisch eng miteinander verknüpft, wo durch das Ganze den Charakter einer sinfonischen Fantasie erhält und eine Vorstufe zur sinfo ¬ nischen Dichtung, wie sic später üblich werden sollte, bildet. Dunkle, ernste Kampfstimmung waltet in der langsamen Einleitung des ersten Satzes. Eine auf- und absteigende Achtelfigur wird ausdrucksmäßig ausgeschöpft. Stürmisch, in erregten Sechzehn teln setzt das Hauptthema des lebhaften Hauptteiles ein. Es bestimmt mit seinem drängenden Charakter eigentlich das ganze musikalische Geschehen des Satzes, erst in der Durchführung gesellen sich ihm neue Gedanken hinzu, in den Posaunen, in den Holzbläsern (ein Marschmotiv), in den ersten Violinen (eine zarte Melodie, welche die Bedeutung des zweiten Themas erhält). Wie die Gedanken wechseln die Stimmungen. Doch der Schwung des Ganzen führt zu einem jubelnd-hymnischen Ausklang. Nach einem unerwarteten, schroffen d-Moll-Akkord wird man von einem volksliedhaften Thema der Solo-Oboen und Violoncelli in die schwermütige Welt des zweiten Satzes, einer Romanze in a-Moll, eingeführt. Dieser klagenden Weise folgt unmittelbar in den Streichern die Achtelfigur der langsamen Einleitung, aus der vom Komponisten der etwas tröstlichere Mittelteil der Romanze entwickelt wird. Der klanglich fein ausgewogene Satz schließt wieder in der Anfangsstimmung. - Energisch-freudig hebt das Scherzo an, ja sogar der Humor stellt sich ein. Aber die straffe Haltung entspannt sich im Trio mehr und mehr und geht fast ins Träumerische über. Beim zweiten Erscheinen des Trios löst sich das Thema förmlich auf, wodurch ein Übergang zur langsamen Einleitung des Schlußsatzes geschaffen wird. Hier erklingt zunächst das Kopfmotiv des Hauptthemas aus dem ersten Satz, das den Hörer in die düstere Anfangsstimmung zurückversetzt. Jedoch schlagartig bricht strahlender D-Dur-Jubel mit dem Allegrotcil herein. Das vor Kraft, Optimismus und Lebenslust überschäumende Hauptthema, dessen siegesgewisse Impulse vom Seitenthema weitergetragen werden, vermag sich gegen düstere Gedanken durchzusetzen. In der Durchführung kommt es zu einem Fugato über das Hauptthema, grell-dramatische Einwürfe erzeugen vorübergehende Ungewißheit. Doch der glückliche Aus gang ist eigentlich schon entschieden. Im hinreißenden Presto bricht heller, eindeutiger Jubel aus, herrscht ungebrochene Freude über den endlich errungenen Sieg über die Philister. Dieter Härtwig Betrifft Anrechtserneuerung 1 963/64 Wie im Programm des 10. Philharmonischen Konzertes am 19., 20. und 21. April 1963 bereits bekanntgegeben, kann die Anrechtserneuerung bis zum 19. Juli 1963 erfolgen. Überweisungen sind möglich auf Konto 52 30 621 Deutsche Notenbank Dresden, unter Angabe der bisherigen Anrechtsreihe bzw. Plätze. Literaturbinweise: Einstein: Mozart, Sein Charakter, Sein Werk (Zürich 1953) Malipiero: in „Die Musik in Geschichte und Gegenwart“ Striegler, in Moser, Musiklexikon Abcrt.- Rob. Schumann (Berlin 1920) V orankündigung : SCHLOSSPARK PILLNITZ Pfingstsonntag, 2. Juni 1963, 18 Uhr Pfingstmontag, 3. Juni 1963, 18 Uhr I. Serenade Dirigent: Gerhard Rolf Bauer Mitwirkende: Städtischer Chor, Dresden Leitung: Wolfgang Berger H. Wolf, „Italienische Serenade“ J. Brahms, „Liebeslieder-Walzer“ W. A. Mozart, „Haffner-Serenade“ Karten 8 Tage vorher in den bekannten Vorvcrkaufsstellen, Oeser, Schloßverwaltung Pillnitz, sowie eine Stunde vor Beginn der Serenade an allen Parkeingängen! 6117 111 9 5 563 1,8 ItG 009 31