hoven bedeutet die Erweiterung der sinfonischen Form eine innere Notwen digkeit. Er zerstört die überlieferten Formen nicht, er erweitert und durch dringt sie von innen her. Ob Haydn diese erste Sinfonie seines Schülers wohl verstanden hätte? Gewiß nicht, denn wer hätte vor Beethoven wagen dürfen, eine Sinfonie in C-Dur nicht in der Haupttonart beginnen zu lassen? Und der zweite Satz, hätte er nicht besser in der Dominante stehen müssen? Beet hoven schrieb ihn in F-Dur, also in der Subdominante. Auch der dritte Satz war kein Menuett mehr, wenngleich der Name noch darüber stand, sondern ein Scherzo. Otto Daube erklärt es damit, daß „der Sturm der Revolution ja längst zwischen die Perücken und den Puder des Menuettzeitalters gefahren war und daß mit dem von der Grazie des Rokoko erfüllten Lebensgefühles auch das Menuett als Ausdruck der Lebensfreude fallen und einem neuen, freieren Raum geben mußte“. Berlioz nannte dieses „Scherzo-Menuett“ das „Erstgeborene“ aus jener Fami lie neckischer Spiele, für welche Beethoven die Form erfunden und das Tempo bestimmt hat. Sie vertreten in fast allen seinen Instrumentalwerken die Stelle des bei Haydn und Mozart üblichen Menuetts, welches ein doppelt so langsames Tempo und einen ganz verschiedenen Charakter besitzt. Die erste Sinfonie wurde 1799 begonnen und 1800 zum erstenmal aufgeführt. Das Werk fand eine „freundliche Aufnahme“. In einem Brief an den Verleger Breitkopf und Härtel vom November 1802 erwähnte Ludwig van Beethoven „zwei Adagio für Violin- und ganze Instru mentalbegleitung“. Gemeint waren die 1803 und 1805 veröffentlichten ,,Romanzen für Violine und Orchester in G-Dur (op. 40) und F-Dur (op. 60) “. Es waren die ersten Kompositionen des Meisters für diese Besetzung. Natür lich hatte es die Form der Instrumentalromanze bereits vor Beethoven gegeben, innerhalb der Violinliteratur jedoch nur als (zumeist langsamer) Einzelsatz eines Konzertes. Indem Beethoven die liedhafte Form aus dem Zusammenhang des Konzertes löste und selbständig machte (wobei das kon zertante Prinzip jedoch weitgehend gewahrt blieb!), schuf er damit etwas Neues. Nach Beethoven wurde die Romanze zum überaus beliebten, roman tisch durchdrungenen Charakterstück, das bei einzelnen Komponisten (Svendsen z. B.), sogar die Grenzen der gehobenen Unterhaltungsmusik streifte. Die Romanze G-Dur wird eröffnet durch das markante, klangerfüllte Haupt thema, vorgetragen von der Sologeige, ohne Begleitung des Orchesters, das nach wenigen Takten das Thema bestätigt. Die Weiterführung des Themas erfolgt in der gleichen Weise, und dann entfaltet sich ein reizvoll konzer tantes Wechselspiel zwischen Solist und Orchester, gipfelnd in einem wir kungsvollen Ausklang. Noch stärker als in der Romanze G-Dur wird in der F-Dur-Romanze der Ausdruck des Gefühls betont, ein ausgeprägt romantisches Empfinden, und auch dem Konzertanten (Figurenwerk!) wird breiter Raum gelassen.