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ZUR EINFÜHRUNG Joseph Haydns berühmte G-Dur-Sinfonie, noch berühmter durch ihren ff-Paukenschlag im Piano-Andante, bedarf in ihrer Volkstümlichkeit kaum eines Kommentars. Ob die Adagio-Einleitung und das nachfolgende Vivace des ersten Satzes, ob die naive Selbstverständlichkeit des Andantes, ob das spielfreudige Menuett oder das abschließende Allegro — jeder Satz spricht trotz seiner klassischen Form den Hörer quasi im „vertraulichen“ Du an. Bekanntlich pflegte Mozart in späteren Jahren, wenn er sich an einem Quar tett oder sonst als Mitspieler beteiligte, die Bratsche zu wählen. Die Geiger wissen jedoch aus seinen Violinkonzerten, die er meist selber spielte, die Musikhistoriker wissen aus Briefen von Vater und Sohn Mozart, daß Wolf gang Amadeus neben dem Klavier schon seit frühester Jugend die Geige besonders bevorzugt hatte, sich darauf auch während der ersten Kunstreise und zu Anfang der ersten italienischen Reise als Solist hören ließ. In Salzburg mußte er von Amts wegen in den Hofkonzerten als Geiger mitwirken, hier war sein Kollege und „Nebenbuhler“ der als Sologeiger angestellte Italiener Brunetti, der Mozarts geigerischem Können jedoch alle Ehre antat: „Brunetti lobt dich nun erschrecklich, deinen schönen großen Ton . . .“, schreibt der Vater 1777 an den Sohn. Seit den siebziger Jahren tritt auch in den Violin- kompositionen immer mehr der Charakter der Bravour hervor, der wohl Maßstab für die geigentechnischen Fortschritte Mozarts sein kann. Der strenge Vater und Geigenlehrer moniert zwar immer erneut, wenn er schreibt (1777) : „Du weißt selbst nicht, wie gut du Violine spielst, wenn du nur dir Ehre geben und mit Figur, Herzhaftigkeit und Geist spielen willst, ja so, als wärest du der erste Violinspieler in Europa — oder später, als Mozart in München war: ,,. . . du wirst wohl auf der Violin, solange du in München warst, dich gar nicht geübt haben ? Das wäre mir sehr leid . . . die Violin hängt am Nagel, das bilde ich mir schon ein!“ Wir wissen, daß Wolf gang Amadeus das Violinspielen bei Hofe eine Last war, wir wissen freilich auch aus Berichten, daß sich Mozart andererseits — vielleicht mehr auf Antrieb des Vaters — regelrecht zum Geigenvirtuosen ausbildete. Die Berichte, die er aus München und Augsburg von seinem eignen Geigen nach Hause schickte, sind wohl eher echt mozartisch-ironisch zu sehen: „Da schauete alles groß drein. Ich spielte, als wenn ich der größte Geiger in ganz Europa wäre!“ und weiterhin: . ich machte eine Sinfonie und spielte auf der Violin das Konzert ex B von Vanhall mit allgemeinem applauso . . . auf die Nacht beim soupee spielte ich das Straßburger Konzert. Es ging wie Öl. Alles lobte den schönen, reinen Ton!“ Fest steht jedoch, daß Mozart bei allem „Fortschreiten der Bravour im französischen Sinne“ nicht dem Technischen, Virtuosen, sondern lediglich dem Musikalischen den Vorzug gibt. Schon der sechsjährige Mozart sagte einmal dem Vater, der Geiger Esser spiele wohl gut, er „mache aber zuviel“, er sollte lieber „spielen, wie es geschrieben steht“. Und über den damaligen Mannheimer Konzertmeister Ign. Fränzl schreibt Mozart einmal