23 Rößler, Dinter usw. vorkamen, die noch lange nicht 70 Jahre alt waren, so kann man es gar nicht begreifen, daß man wirklich so alt ist." Nach wohlbestandenem Maturus ging Oskar Voigt ein Se mester nach München, von wo aus er mit einem Freunde, Or. Wolff, herrliche Wanderungen nach Oberbayern unternommen hat. Die übrigen Semester studierte er Jura in Leipzig. Im Mai 1892 machte er sein Referendarexamen und kam zunächst an das Amts gericht Mittweida, wo er bis zum 1. Oktober 1894 verblieb. Von da ab war er für ein Jahr bei Justizrat Schneider daselbst — seinem späteren Schwiegervater — in dessen Anwaltspraxis tätig. Darnach ging er als Ratsreferendar an die Stadtverwaltung in Dresden und bestand am 6. Februar 1897 die zweite juristische Staatsprüfung. Ueberall erhielt er die besten Zeugnisse sowohl hin sichtlich seiner Kenntnisse als auch seines Fleißes, seines Pflicht bewußtseins und seiner tadellosen Führung. Im Mai 1898 ver heiratete er sich mit Ruth Schneider, Tochter des vorerwähnten Justizrates Martin Schneider. 1899 ließ er sich, mit aus Wunsch seines Schwiegervaters, als Rechtsanwalt in Chemnitz nieder und hat dort 40 Jahre lang seinen Beruf mit großer Treue und Liebe ausgeübt. Im Mai 1914 wurde er Notar. Landgerichtsdirektor Drechsler in Chemnitz (Gr. 1881) schreibt von ihm: „Voigt war ein durch und durch gewissenhafter Mensch, der sich seinen Beruf nicht leicht gemacht, sondern alles gründlich durchdacht und durch gearbeitet hat und energisch gekämpft, wo es galt, dem Rechte zum Siege zu verhelfen. Dabei war er ein ernster Mann von vornehmer Gesinnung und schlichtem Wesen." Seine wenige freie Zeit hat er in einem sehr glücklichen Fa milienleben, mit seiner Ehesrau und seinen beiden Töchtern, im Sommer vielfach in seinem geliebten Garten verlebt. Die Hoffnung, seinen Lebensabend in einem Eigenheim in diesem seinem Garten zu verbringen, war ihm — durch Krieg und Krankheit verhindert — nicht vergönnt. Er hat aber fast jedes Jahr mit seiner Familie eine schöne Reise machen können. In seinen Mußestunden hat er sich als einstiger „Mathematikspus" von Grimma her besonders gern mit Mathematik, Physik und vor allem Astronomie beschäftigt. Daneben diente er als frommer, treuer Christ seiner Kirche, wo er nur konnte. Seil 1905 war er stellvertretender Vorsitzender im Kirchenvorstand der Luthergemeinde zu Chemnitz, war Mit begründer des Kirchbauvereins und hat sich 22 Jahre viel um das Wohl seiner Kirchgemeinde bemüht. „Unmittelbar nach meinem 70. Geburtstage (schreibt er in dem oben erwähnten Briefe) packte mich eine Darmstörung, die zuweilen etwas bedrohlich aussah, mich auch sehr herunterbrachte; sie hat mir lange Zeit angehangen, doch hoffe ich, daß sie als beseitigt angesehen werden kann. Jetzt plagt mich ein Rheumatismus in der rechten Schulter nebst der ganzen Umgebung, mehr als mir lieb