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Klassik, Homanlik und Gegenwart im Wandel des Orcliesierklangs Der Name Orchester bedeutet für uns einen Sammelbegriff, der die unter schiedlichsten Instrumentalbesetzungen umschließt: Das Bachsche Kammer orchester mit seinen ums Cembalo gruppierten Solisten gleichermaßen wie das über 100 Mann starke Orchester eines Richard Strauss. Beethoven verlangte für sein 1794/95 in Wien geschaffenes 2. Klavier konzert B-Dur neben dem normal besetzten Streichorchester lediglich eine Flöte sowie je zwei Oboen, Fagotte und Hörner. Das hatte seinen guten Grund, denn mit ihren Anklängon an die ,,Mannheimer“, mit ihren Erinnerun gen an dieWeltllaydns wollte diese Musik nichts weiter sein als,.konzertant“, was damals durchweg mit „unterhaltsam“ gleichgesetzt wurde. Wenn Beet hoven mit diesem feinsinnigen Klavierkonzert auch nicht seine bereits beachtlich ausgeprägte Persönlichkeit verleugnete, unterwarf er sich doch dem Geschmack der Zeit, den Wünschen seiner Auftraggeber, die zumeist (nicht zuletzt aus geldlichen Gründen) nur kleine Orchester unterhielten: Also mußte sich auch die Besetzung der Auftragswerke den Gegebenheiten anpassen. Wenn es auch das Orchester ist, das in der langen Einleitung zum B-Dur- Konzert die beiden Themen zum ersten Satz aufstellt — die wichtigste Person bleibt der Pianist, und dem Orchester fällt zumeist nur eine unter geordnete, begleitende Rolle zu. Vom Solisten werden Virtuosität und tech nische Brillanz verlangt, wobei glitzernde Läuferketten besonders beliebt sind. Im Adagio dominiert die Schönheit ausdrucksstarker Melodik, und der ausgelassene Schlußsatz erhält seinen typischen Rondo-Charakter durch eine überaus kecke Betonung. Beethoven hat das Konzert wohl in erster Linie für sich selbst geschrieben. Die erste Fassung spielte er 1795 in Wien mit Anton Salieri als Orchester leiter. Die endgültige Fassung wurde 1798 in Prag ^uraufgeführt, wobei Beethoven wiederum als Solist glänzte. Weit mehr Instrumente als Beethoven im B-Dur-Konzert verlangt Franz Schubert für seine Sinfonie in E: Flöten, Oboen, Klarinetten, Fagotte und Trompeten sind zwiefach vertreten, hinzu gesellen sich vier Hörner, drei Trompeten, Pauken und Streicher. Zufall? Nein, denn der Schwerpunkt des Konzertlebens hat sich von den kleinen Sälen privater Adelskonzerte in die Säle der Großstadt verlagert. Das öffentliche Konzertleben beginnt sich zu entwickeln. Wer Eintritt bezahlt, darf Musik hören, — auch der einfache Mensch aus dem Volk, der bislang ausgeschlossen war. Das Orchester paßt sich in seiner veränderten Besetzung den gegebenen Voraussetzungen an. Die E-Dur-Sinfonie wurde im August 1821 begonnen: 110 Takte sind von Schubert selbst instrumentiert worden, alles übrige blieb Klavierskizze. Daboi handelte es sich aber um eine in jeder Beziehung vollendete Skizze, melodisch nahtlos, die auch harmonisch und rhythmisch ein klares Bild ergibt. 1846 schenkte Fordinand Schubert die Handschrift Felix Mendelssohn, der das Werk fertigstellen wollte. Es blieb jedoch beim Wollen. Ein Bruder Mendelssohns widmete die Handschrift 1868 dem englischen Musikschrift-