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Universitätszeitung
- Bandzählung
- 14.1970
- Erscheinungsdatum
- 1970
- Signatur
- Z. gr. 2. 459
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1770109730-197000004
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1770109730-19700000
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1770109730-19700000
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen der Universitäten Sachsens (1945-1991)
- Bemerkung
- Teilweise mit vorlagebedingtem Textverlust
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
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- Digitalisat
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Zeitschrift
Universitätszeitung
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Band
Band 14.1970
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Höhepunkt einer Vietnamwoche kurz vor Weihnachten an der Ruhr-Universität Bochum war eine Demonstration von 1000 Jugendlichen gegen die Verbrechen der USA in Vietnam. „Die Mörder-GmbH versteht ihr Geschäft" hieß es auf Plakaten, die das Bild des USA-Präsidenten Nixon zeigten. Die Studenten forderten ihre Regierung auf, die USA-Aggression in Vietnam nicht mehr zu unterstützen. Bun deskanzler Brandt hingegen bekannte sich in seinen Erklärungen vor dem Bun destag mit Nachdruck zum westlichen Bündnis, namentlich der engen Verbindung mit den USA. Er bemühte sogar ein Nixon-Zitat zur Erklärung seiner politischen Linie. Seine Erklärung wurde in den USA mit Genugtuung aufgenommen. Foto: ZB Neues aus der Sowjetunion Beifall für die Vernunft Auf einer Forumdiskussion Anfang 1970 in Westberlin, die unter dem Motto „Die Zukunft (West-)Berlins — Möglichkeiten in einer europä ischen Friedensordnung" stand, erhielt der frü here Regierende Bürgermeister Albertz den stärk sten Beifall. „Albertz empfahl, den jetzigen Sta tus Westberlins aufzulösen und ihn in einem Vertrag mit der DDR neu zu regeln. Ein solcher Vertrag hätte, so sagte Albertz, selbstverständ lich völkerrechtliche Qualität", schreibt „Der Tagesspiegel". Leider offenbarte wenige Tage nach dieser Diskussion Bundeskanzler Brandt in der Erklä rung vor dem Bundestag, daß die neue west deutsche Regierung in keiner Weise bereit ist, vernünftige, völkerrechtlich gültige Regelungen zu akzeptieren. Sowohl in der Frage der völker rechtlichen Anerkennung der DDR afs auch hin sichtlich der völkerrechtlichen Regelung des West berlinproblems schwenkte Brandt, von taktischen Formulierungen abgesehen, voll auf die frühere CDU/CSU-Linie ein, so daß es in der Bundes tagsdebatte laut Kommentaren westdeutscher Zeitungen den Führern der CDU und CSU schwerfiel, feine Unterschiede zwischen Regierung und Opposition noch deutlich zu machen. In besonders scharfer Form trat Brandt für die widerrechtliche Einbeziehung Westberlins in den westdeutschen Staat auf. Damit gab er dem Drängen der CDU/CSU von rechts gegenüber den 16 Millionen Wählerstimmen der SPD und FDP, die ebenso wie die Mehrheit der Westber liner eine vernünftige Lösung des-Westberlinpro blems wünschen, den Vorzug. Der vernünftige Vorschlag der DDR liegt seit einigen Wochen auf dem Tisch der westdeutschen Regierung. Im Artikel VII heißt es dort: Die DDR und die BRD verpflichten sich, den Status West berlins als selbständige politische Einheit zu ach ten und unter Berücksichtigung dieses Status ihre Beziehungen zu Westberlin zu regeln. Nichts an deres hat Albertz auf obengenannter Forumdis kussion vorgeschlagen . . . und erhielt dafür den stärksten Beifall der über 500 Forumteilnehmer. VO Große Bettennot in Kliniken Eine katastrophale Bettennot herrscht in den westdeutschen orthopädischen Kli niken. Man habe bei Anmeldungen War tezeiten für eine Aufnahme bis zu drei Jahren, in einzelnen Kliniken sind bis zu 1500 Patienten vorgemerkt. Das stellten über 200 Wissenschaftler, Fachärzte und praktische Ärzte auf der zehnten Fortbil dungstagung des Westdeutschen Berufsver bandes der Fachärzte für Orthopädie in Gießen fest. Rassentrennung an USA-Schulen auch 1970 Für drei Fünftel der farbigen Schüler und Studenten in den USA bleibt auch in diesem Jahr die Rassentrennung bestehen. Das geht aus einer amerikanischen Stati stik hervor, die Anfang des Jahres vom amerikanischen Erziehungsministerium veröffentlicht wurde. Rund 6,2 Millionen farbige Schüler werden noch immer von diskriminierenden Bestimmungen betrof fen. Mit Jahresbeginn trat im Bundesstaat Mississippi zwar eine Anordnung des ober sten amerikanischen Gerichts in Kraft, nach der in 30 Schulbezirken die Rassen trennung aufgehoben werden soll. Wenn dieses Gesetz verwirklicht werden sollte, gilt es allerdings nur für 68 000 farbige Schüler. Schon jetzt wurden jedoch in Mississippi von Rassisten Privatschulen gebildet, um zu verhindern, daß die wei ßen Kinder in Gemeinschaftsschulen ge hen. KATASTROPHALE BEDINGUNGEN FÜR LEHRER AUSBILDUNG „Unsere Zeit", Essen Fünf Tage lang streikten an der Universität Münster die Studenten der Romanistik, Anglistik, Soziolo gie, Germanistik und Pädagogik. Trotz unterschiedlicher Streikziele in den einzelnen Fächern müssen als gemeinsame Grundlage für die stu dentischen Kampfmaßnahmen die katastrophalen Bedingungen für die Ausbildung der Lehrerstudenten ge nannt werden. Soziologiestudenten kämpfen für den Fortbestand ihrer Studien möglichkeiten in Münster, die durch die Fehlplanungen des Kul tusministeriums im Zusammenhang mit der Neugründung der Universi tät Bielefeld beseitigt werden soll-, ten. Auf Grund dieser Fehlplanungen hätten 500 Soziologiestudenten ihr begonnenes Studium aufgeben müs sen. Pädagogikstudenten kämpfen für die Vermehrung der Lehrstellen von Professoren und Assistenten und zu gleich für die räumliche Erweiterung ihres Instituts. Für die erziehungs wissenschaftliche Ausbildung, an der alle Lehrerstudenten teilnehmen müssen, standen nur drei Professo ren zur Verfügung. Germanistik-, Anglistik- und Ro manistikstudenten kämpften für Mit bestimmung, um einen vernünftigen und den Anforderungen der heutigen Zeit entsprechenden Studiengang zu gewährleisten. Aus der Verantwor tung für ihre spätere Tätigkeit als Lehrer wandten sie sich gegen Pro fessoren und Kultusministerium, die sich einer Reform des veralteten tnd ungenügenden Studienganges wider setzten ... Maßgeblichen Anteil an der Initi ierung des Streikrates und am Streik überhaupt hatten kommuni stische Studenten. Ihre Hauptaufgabe mußte es sein, die Verantwortlichen für die westdeutsche Bildungsmisere zu entlarven. Deshalb richteten sich die Flugblätter der DKP-Betriebs- gruppe der Universität Münster ge gen die Monopole und die bürokra tischen Sachwalter ihrer Interessen mit dem Ziel: Erkämpfung demo kratischer Mitbestimmung und gesell- schaftlicher Kontrolle über die Bil- dungs- und Forschungsinhalte . . . Im Streik haben die Studenten er fahren, daß die Herrschenden sich nicht um die berechtigten studenti schen Interessen und damit um die Interessen der später von ihnen aus zubildenden Schüler und Lehrlinge kümmern. Die Studenten müssen ihren Kampf um bessere Ausbildung als Arbeitskampf begreifen. Damit nehmen sie teil an dem allgemeinen Kampf der Arbeiterklasse in West deutschland. Lomonossowmedaille an Prof. Semjonow und Prof. Natta Akademiemitglied Nikolai Sem jonow (UdSSR) und der italienische Wissenschaftler Giulio Natta erhiel ten die goldene Lomonossow-Me daille 1969 für ihre hervorragenden Leistungen auf dem Gebiete der che mischen Physik und der Chemie der Polymere. Di’ese Medaille, die höch ste Auszeichnung der Akademie der Wissenschaften der UdSSR, wird alljährlich für hervorragende Arbei ten in den Natur- und Gesellschafts wissenschaften verliehen (eine Me daille ist für sowjetische Wissen schaftler und eine für ausländische Wissenschaftler bestimmt). Wasserstoff-Biasenkammer in Dubna aufgestellt Für die Registrierung von Wechselwirkungen zwischen hoch geladenen Elementarteilchen ist An fang Januar in Dubna eine Zwei-Meter-Wasserstoff-Blasenkam mer aufgestellt worden. Sie wird es ermöglichen, Millionen von Stereo fotos zu gewinnen, nach denen die Wissenschaftler die Entstehung und den Zerfall von Kerriteilchen unter suchen können. „In der Welt gibt es mehrere sol cher Kammern“, sagte Akademie mitglied Nikolai Bogoljubow, der Direktor des Instituts, „diese An lage hat aber einen wesentlichen Vorzug: Sie wird mit dem größten Beschleuniger der Welt in Serpu chow gekoppelt. Teilchen, die auf Gemeinschaftsarbeit junger Arbeiter und Studenten Ein junges Kollektiv von Wissenschaft lern und Forschungsstudenten der Techni schen Hochschule „Otto von Guericke" untersuchte vor kurzem gemeinsam mit jungen Arbeitern aus dem Schwermaschi- nenbetrieb „Ernst Thälmann“ in Magde burg die Einsatzvorbereitungen numerisch gesteuerter Werkzeugmasehinen und die bensbedingungen bei der Chemisierung der Volkswirtschaft nahmen 140 Medizin studenten aus Halle und junge Bauarbei ter aus dem Neubaugebiet der Stadt wich tige Forschungsvorhaben der Industrie in Angriff. In Magdeburg wie in Halle festi gen Studenten und Arbeiter außer in der gemeinsamen Forschung auch bei Kultur- und Sportveranstaltungen sowie im FDJ- Studienjahr ihre Gemeinschaft. FDJ-Studenten erforschen Profil des Chemikers der Zukunft Ein wichtiges Forschungsthema aus dem Bereich der Agrochemie wurde den FDJ- Studenten der Sektion Chemie der Mar tin-Luther-Universität Halle-Wittenberg 76 Milliarden Elektronenvolt be schleunigt werden, hat man noch nie in eine solche Kammer geleitet.“ Erster Band der Sowjetenzyklopädie Der erste Band der dritten Aus gabe der großen sowjetischen Enzy klopädie ist erschienen. Chefredak teur ist Akademiemitglied Alexej Prochorow, einer der Schöpfer der Laser. Die 30 Bände der neuen Aus gabe werden über 100 000 Artikel enthalten, mehr als die vorangegan gene Ausgabe. Die 3086 Artikel des ersten Bandes schrieben über 1000 Autoren, darunter so Promi nente wie der Präsident der Akadet , mie der Wissenschaften der UdSSR, Mstislaw Keldysch, und General- Flugzeugkonstrukteur Alexander Ja kowlew. Auf die neue Ausgabe sind 600 000 Bestellungen eingegangen. Der letzte Band dieser Ausgabe soll im Jahre 1974 erscheinen. Physiologische Aktivität von Siliziumverbindungen Organische Siliziumverbindungen mit einer hohen physiologischen Aktivität sind von lettischen Wissen schaftlern gewonnen worden. Einige dieser Verbindungen sind geeignet, schädliche Insekten, Bakterien und Pilze zu bekämpfen, das zentrale Nervensystem anzuregen, auf die motorische Aktivität einzuwirken und den Blutdruck zu senken. Es ist möglich, daß die neuen Mittel im Kampf gegen die Herzkranzgefäß- Erkrankungen nützlich sein werden. Es sei nicht ausgeschlossen, daß auch Diabetes und Tuberkulose mit Stö rungen des Austausches von Sili ziumverbindungen verknüpft sind. auf ihrer FDJ-Delegiertenkonferenz Jugendobjekt übergeben. Die Chel Studenten gehören zu den Schrittma kollektiven an der Halleschen Univer? Bereits vor einem Jahr hatten sie au! itiative der FDJ-Leitung ein Weitste' büro gebildet. Hier schlossen sich 25 ‘ Studenten und junge Wissenschaftler sammen, um vor allem die Erfahru’ der Sowjetunion bei der Ausbildung wissenschaftlichen Nachwuchses zu : dieren. Kreise der Studenten einbezogen we Interdisziplinäre AG Genetik Eine interdisziplinäre Arbeitsger, schäft Genetik wurde kürzlich in der ■ tin-Luther-Universität Halle gebildet umfaßt genetisch tätige Wissensch’ aller Disziplinen. Ihre* Hauptaufgab die Förderung der Verarbeitungsleb’ den verschiedenen Fachdisziplinen, besondere in der biologischen, land schaftlichen und medizinischen Aus- Weiterbildung sowie der Facharzta düng. Rationalisierung technologischer Ferti- sungsvorbereitungen. Mit einem Jugend objekt zu Fragen der Arbeits- und Le Sie unterbreiteten dem Lehrkörpers fangreiche Vorschläge, die im neuen 3 bildungsplan ihren Niederschlag faP Die Grundlagenausbildung ist jedoc mer noch zu stoffintensiv und läßt Raum für wirklich produktives St 1 2 3 4 5 6 Die Delegiertenkonferenz stellte Weltstandsbüro die Aufgabe, das - eines Chemikers im Jahre 1980 zu 6 sehen, um für die Ausbildung grö Vorlauf zu schaffen. Dabei sollen D Die „Neue Linke** oder „Also sprach Marcuse** Von der Negation der proletarischen Revolution • (Fortsetzung von Seite 5) Das sind philosophische Positionen, die schon in der Aufklärungszeit überholt wur den. wo man erkannte, daß die Feststel lung, daß noch nicht alle Dinge erkannt sind, erheblich von der Behauptung ab- weicht, daß die Dinge nicht erkennbar sind. Aber hier kam es ja darauf an, ein Vehikel gegen das Fortschrittdenken über haupt zu finden, weil es offenbar nur mit einer kommunistischen Gesellschaftsord nung verbunden denkbar ist. Soweit unter lag im Zusammenstoß mit der sozialisti schen Ideologie die Antiposition des Im perialismus dem geschichtlichen Gesetz partieller ideologischer Selbstaufhebung durch die Geschichte. In der imperialisti schen Kulturtheorie stand jedoch gleich zeitig der Versuch dahinter, die Konver genztheorie auch auf diesem Feld wirksam werden zu lassen. 7 Wir wissen nun jeden falls, daß der Mensch in einer „zerstritte nen“ Gesellschaft lebt, es bleibt ihm nur die Wahl, sich als Individuum schranken los zu betätigen oder aber von der „Mas sengesellschaft verdaut“ zu werden. Es brauchte nur der Systemcharakter des Ganzen in einer „pluralistischen Welt“ herausgefunden werden, und als ein solcher Theoretiker, mit besonderem Bezugspunkt auf dem Gebiet der Kultur, erwies sich Herbert Marcuse. Er hatte gute Referenzen: 1. Er war der zur Modeströmung heran wachsenden Philosophie des Existentialis mus am Ursprung bei Heidegger und der phänomenologischen Methode nahe ge wesen. 8 UZ 3/70, Seite 6 2. Er mußte der faschistischen Verfol gung aus rassischen und politischen Grün den entfliehen und heute spricht er von einem heilsamen Widerstand gegen den Krieg in Vietnam. Als Sozialist und als sich selbst in Rechnung setzender „Mar xist“ bot Marcuse mit sich eine Kritik des „Sowjetmarxismus“ und Varianten der Konvergenztheorie zugunsten der „Welt der freien Wahl“ und des „Pluralismus“ an. Er gewann einen unverdächtigen Platz in der Kennedy-Runde des kalten Krieges vor al lem auf dem Gebiet der Kultur. Eigentlich verhalf ihm dieser Umstand erst zur Aus strahlung seiner Ideen, denen man Raum ließ in einer Gesellschaft, die ganz andere Hexenjagden auf ihrem Konto hat. Marcuse hatte dazu noch den Pluspunkt, daß er während des Krieges Angehöriger eines amerikanischen Geheimdienstes war. Diese Tätigkeit, die er später für das Außenministerium beim Aufbau einer amerikanischen „Aufklärungstätigkeit“ für Westeuropa fortsetzte, schuf ihm ohne Zweifel etwas Rückenfreiheit. Und als Professor der Soziologie an der kalifor nischen Universität San Diego begann er dann mehr in die Breite zu wirken. Kurz vor den Maiunruhen 1968 hielt sich Mar cuse in Paris zu einem Marx-Kolloquium der UNESCO auf. Bei dieser Gelegenheit suchte er — schon zum Star der „Neuen Linken“ geworden — zu erfahren, wie die Neoanarchisten die Möglichkeiten einer re volutionären Krise einschätzten. Es war eigentlich die Frage nach dem Exempel auf seine Theorien. Das Interview mit „Le Monde“ (11. Mai 1968) brachte in kurzer Form noch einmal heraus, was Marcuse an zubieten hatte: Der Kapitalismus habe strukturelle Veränderungen - durchgemacht, die die Klassenwidersprüche reduzieren. Die sozialistischen Staaten wollen zur ka pitalistischen Entwicklung in Wettbewerb treten, das heißt ebenfalls „Habende“ wer den. Das Proletariat in diesen Bereichen führte darum nicht mehr das Erbe der Re volution, das heißt die Verneinung des Überkommenen weiter. Natürlich aber spiele das Weltproletariat nöch die große Rolle, und die große Chance des Revolu tionsausbruchs liegt noch immer in den fortgeschrittensten Industriegesellschaften. Aber Träger des revolutionären 61 a n tzital. das sind für Marcuse vor allem die Bewohner der schwarzen Ghettos, die Gue rillas der dritten Welt, denn: „Nur die na tionalen Befreiungsfronten der Entwick lungsländer stehen heute im revolutionä ren Kampf.“ 9 Dazu kommen endlich die Studenten, denn, indem sie auf die Barri kaden stiegen, „spielen sie die Rolle der Philosophen, die die Französische Revolu tion vorbereitet haben“ und verkörpern den „biologischen (sic!) neuen Menschen von morgen“. Der Reporter der „Le Monde" fragte etWas ungeniert, ob sich Marcuse als Fortsetzer von Bakunin • und Kropotkin sähe, worauf er antwortete, daß er sich zwar nicht für einen Anarchisten ansehe, ihm jedoch diese nicht unsympathisch seien. Er sei eher ein Schüler Charles Fou riers. Marcuse meinte: „Ich glaube nicht an die Revolte für die Revolte, aber ich glaube, daß die Revolte ihre eigenen Tu genden hat." Seine Idee von der Zivilisa tion und deren Zusammenbruch ist eine ro mantische und steht in bezug zu Fourier. Das Buch „Eros und Zivilisation" ist nur durch den Kontext zu Marx und Freud mo dernisiert, sonst leuchten die Triebserien Fouriers hindurch, wenn Marcuse sagte: „Der Körper soll eher ein Instrument des Vergnügens und weniger der Arbeit sein.“ Marcuse bleibt mitten in den Kategorien der Entfremdung stehen. Make love! und der Terror der Pornographie erscheinen als legitime Mittel der Zurücknahme der Ent fremdung. Marcuse praktiziert die Kehr seite des technokratischen Optimismus der westlichen Welt. Er trennt dazu den Auf schwung der Produktivkräfte vom Stand der Produktionsverhältnisse. Er verzichtete auf diesem Sektor auf eine marxistische Terminologie und arbeitet mit Mythen. So sind seine eigentlichen Revolutions träger (außer den Guerilleros der dritten Welt) die verrückt Liebenden, die Studen ten und dazu die Künstler und das Lum penproletariat. Sie alle sind die echten Ver neiner. Und die Begegnung von Armut und / Dichtung erweist sich in der „Kulturrevo lution“, die zu führen ist! Auch hier ist die Verwerfung jeder marxistisch-leninisti schen Wahrheit konsequent durchgeführt. Nichts bleibt von Lenins Lehren über die zwei Kulturen. Es walten keine Gesetz mäßigkeiten mehr, und Marcuse bestreitet auch nicht, daß sein Verhältnis zum Mar xismus revisionistisch ist. Damit hat er sich den antikommunistischen Spielregeln des Imperialismus unterworfen. Es gilt aber, die Orientierung auf die revolutio näre Strategie und Taktik der Arbeiter klasse zu sichern. Denn „zu den allgemei nen Gesetzmäßigkeiten der sozialistischen Revolution, die sich in keinem Lande um gehen lassen, gehört u. a. die Verwirk lichung der führenden Rolle der Arbeiter klasse als der revolutionären Hauptkraft, die Eroberung und Sicherung der ) sowie deren Organisierung nach der: listischen Revolution, die Gewährle der Vorhutrolle der kommunistische' 1 tei. die Verwirklichung einer ric Bündnispolitik unter Führung der * terklasse und die Treue zum proletatä Internationalismus. Jede Vernachläss oder gar Leugnung dieser Gesetzmäß 1 ten schadet sowohl den revolutio Kräften in den betreffenden Lände” der gesamten internationalen Beweg 11 . Zur Herstellung einer Aktionseinbe hört die Einheit der kommunistische wegung, denn die Bündnispolitik i8 hängig von der ideologischen Geschl. heit der Partei. Erst von hier aus kaf Offensive gegen die bürgerliche Ide eröffnet werden, die zur Veränderu/2 Kräfteverhältnisses beizutragen hat. ’ ist es notwendig, die theoretische Arb verstärken und zu vertiefen. 1) Arthur R. Schlesinger, Die tausen® Kennedys, Bern 1966, S. 645 2) A. a. O., S. 56 3) W, Krauss. Essays zur französischen 1 tur. Berlin 1968 4) Vgl. Yvan Simonis. Claude Levi-str la ..Passion de L’inceste". 1968 Paris J 5) Zit. nach Claassen/Peters: Rebe 11 Frankreich. München 1968. S. 50/51 6) Schlesinger. Kennedy, a. a S. 537/8. 7) Siehe dazu: Herbert Meißner, KonV theorie und Realität, Berlin 1969. J 8) Vgl. dazu vor allem Robert Stej§ Herbert Marcuses drittes Weg. Berlin 11 Frage nach der Phänomenologie, die alke rung der Realität versagte, die aber als o triumphierte, spielte eine bedeutende dem Interview Sartres durch kubanische g steiler 1961 („Sartra visata a Cuba“), La | 1961, S. 20/21 0 9) Siehe: Marcuse, Das Problem det g in der Opposition, in: Psychoanalyse und Frankfurt 1968, S. 66 10) Harald Neubert. Probleme des KamP, Arbeiterklasse in den Ländern des stasge polistischen Kapitalismus, in: Einheit- P 1969, S. 1486
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