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Sie hält ihm die schlanke, weiße Hand hin. Warum zögert er für eines Augenblicks Dauer, die seine hineinzulegen? Denkt er an ein frisches, braunes Gesichtchen mit blitzenden schwarzen Augen? Doch noch ehe Edelgards Augen sich fragend zu ihm erheben, hat er ihre Hand mit festem Druck umfaßt, ruhig und klar begegnen sich die Augen. „Dieses Versprechen kann ich Ihnen aus freiem Herzen geben." „Ich danke Ihnen, Herr von Karlshagen und ich vertraue Ihnen. Aber nun kommen Sie mit zu meinen Eltern." Sie legte bei den letzten Worten die Hand leicht auf Viktors Arm, dann wandeln sie Seite au Seite durch den vom goldenen Abendlicht durchfluteten Park, ruhig wie zwei vernünftige Menschen, nicht wie ein junges Paar, das soeben die schönste und wichtigste Stunde seines Lebens erlebt. 5. „So, für heute ist's genug mit dem Lesen." Loni von Hartenfels klappt das Buch zu, aus dem sie eine Zeitlang den Neustadter jungen Damen vorgelesen, dann streckt sie sich der Länge nach auf dem grünen Rasenteppich aus. Die Hände unter den Kopf geschoben, blinzelt sie in das dichte, grüne Laubdach des Akazienbaumes, in dem die Sonnenstrahlen wie kleine, goldene Lichter spielen. Die jungen Mädchen sind wie jeden Mittwoch und Sams tag bei Maria von Armin versammelt und manch hübsche Arbeit ist aus ihren geschickten Händen schon hervorgegangen, zur großen Freude der armen Pfarrerin. Loni hat wie immer an diesen Tagen so auch heute dos Amt der Vorleserin übernommen, aber sie erfüllt ihre Ausgabe nur in sehr nachlässiger Weise, viel lieber liegt sie müßig im Grase und schaut den tanzenden Sonnenstrahlen zu, oder den bunten Schmetterlingen, die in eilfertigem Fluge über die Blüten pracht des Gartens huschen. Heute füllt zu dem noch ein ganz anderer Gedanke ihren Sinn. Gestern ist nämlich Viktor von Karlshagen feierlich in die Neustadter Gesell schaft eingeführt worden. Loni ist auf Bitten der Mutter zu Hause geblieben, sie mochte auch wohl selber für ihre Ruhe fürchten, wenn sie dem Jugendgeliebten zum ersten Male vor so vielen Menschen wieder gegenüber stehen würde. Bei dem kurzen Besuch, den Karlshagen den Damen bei seiner Ankunft abgestattet, hat er Loni nicht zu Hause getroffen. „So, nun erzählt mir mal etwas über das gestrige Fest," unterbricht Loni plötzlich die momentan eingetretene Stille. „Ach, es war gottvoll, himmlisch, reizend," beeilten sich gleich ein halbes Dutzend Stimmen in überschwänglichster Weise zu versichern." „Nein, nein," Loni schüttelt abwehrend den Kopf, „derlei Allgemeinheiten will ich nicht; daß es schön war, weiß ich auch ohne zu fragen; ich meine nur, wie es jeder Einzelnen bekommen, namentlich wie euch der Held des Tages, der soviel besprochene Viktor von Karlshagen gefallen hat." „Ach, das ist ein Mann!" Lucie von Wendt schlägt die Hände zusammen, „solch ein Gesicht, so hübsch und in teressant, und erst die Augen! — ich sage Ihnen, Loni, schade, daß er schon verlobt ist, der hätte Furore machen können." „Ach, ich finde es interessant, als verlobter Mann in einen neuen Gesellschaftskreis zu treten," flüsterte Erna von Wendt. „Ach was, interessant oder nicht," meint die energischere Lucie, „ich hätte mich doch noch bedacht, jetzt, nachdem ich mir die reiche Braut gekapert, mich noch in ein so kleines Nest versetzen zu lassen." „Ja, da war etwas gut dafür," lacht Edith Brunkert, „der Herr Schwiegerpapa soll diese Versetzung als Bedingung an sein Jawort geknüpft haben. Er wollte gewiß den lieben Schwiegersohn in spe für eine Weile wenigstens dem lockeren Boden der Großstadt entziehen. Eine ganz vernünftige Ansicht, meine ich auch." „Wirklich?" Lonis Augen blitzten spöttisch zu der Sprecherin hinüber, „allerdings, wer sich dem Mammon verkauft, muß sich's auch gefallen lasten, von ihm gemaßregelt zu werden." „So meinen Sie also, meine Kusine könne nur ihres Geldes halber genommen werden? Sie gestehen ihr nicht einmal die Möglichkeit zu, in dem Herzen eines Mannes Liebe zu erwecken," gibt Edith spitz zurück. Loni zuckt vielsagend die Achseln, mit heißem Kopf, aber spöttisch kalten Blicken schaut sie zu Edith hinüber — da tritt Maria von Armin unter die Streitenden. „Kinder, zankt euch nicht! Sagt mir lieber, ob es nicht ganz vernünftig wäre, wenn wir uns eine Pfirsichbowle bereiteten. Wer weiß, vielleicht bringt mein Bruder noch einen oder den anderen Kameraden mit, da wollen wir uns denn nach des Tages Last und Arbeit einmal einen ge mütlichen Abend bereiten." „Hurra", Maria von Armin soll leben für einen solch genialen Einfall", kommt es begeistert aus den jungen Kehlen, und wie der Wirbelwind fliegen die Arbeiten in den Korb hinein. Da wird auch schon auf der Straße Sporengeklirr und Säbelgerassel vernehmbar, und mit lautem Hallo stürmt eine Schar junger Offiziere in den Garten, allen voran ein schlanker, blonder Mann in der kleidsamen Tracht der Gardekürassiere. Mit leuchtenden Augen bleibt er vor seiner Schwester stehen. Wie ähnlich die beiden einander sind, nur der Ausdruck ihrer Augen ist verschieden. Bei Maria liegt sinnender Ernst darin, Axel von Armins Augen haben einen sonnigen, kindlich-frohen Blick, der einem in den Augen eines jungen Offiziers doppelt sympathisch berührt. „Hab' ich's recht gemacht, Schwesterchen, daß ich dir die übermütige Bande da über den Hals geschickt?" Maria sieht liebevoll zu ihm auf. „Ganz recht, Axel, ich freue mich schon auf den vergnügten Abend, den wir haben werden." „Du bist immer eine gute Schwester, nur darauf bedacht, die kurze Urlaubszeit deines Bruders so angenehm als möglich zu machen." Gerührt beugte er sich über die Schwester und küßte sie herzlich. „Aber", fügte er scherzhaft mit dem Finger drohend hinzu, „eigentlich solltest du mich nicht so verwöhnen. Wo werde ich je eine Frau finden, die dir gleicht? Du hast mich zudem durch deine Herzensgüte, durch deine hohe Seelenreinheit gelehrt, einen recht hohen Maßstab an die Tugend der Frau zu legen." „Schmeichler! Du mußt dich nur ordentlich umsehen in der Welt, Axel, es gibt noch gute, ja herrliche Frauen übergenug. Du darfst mein bischen schwesterliche Fürsorge nicht gar zu hoch anschlagen; eine Frau muß doch mitteilen von dem Schatz der Liebe, der in jedem Frauenherzen schlummert." „In jedem?" Axel dreht nachdenklich sein dunkelblondes Schnurrbärtchen. „Na, da macht Karlshagens Braut ganz sicher eine Ausnahme; ich kann mir nicht denken, daß unter diesem gletscherkalten Aeußern wirklich ein warmes Herz schlägt. Aber sieh doch, Maria, wer ist denn die Dame, mit der sich Karlshagen unterhält? Es scheint eine alte Bekannte von ihm zu sein. Wie sie ihn anblickt, Himmel, hat die Augen, die können einen Eiszapfen zum Schmelzen bringen." Unruhig blickt Maria auf Loni, die roch immer mit verschränkten Armen an der Akazie lehnt, ein spöttisches Lächeln um die roten Lippen. Nur ein aufmerksamer Beobachter, ein so feiner Menschenkenner wie Maria, sieht die Erregung, die sie unter spöttischer Ruhe niederzuhalten sucht. Nur sie steht das Zittern der Nasenflügel, das flackernde Licht in den dunklen Augen, das Beben der schlanken Hände, die nervös eine vollerblühte, dunkelrote Rose zerpflücken. Eine Ahnung der Wahrheit überkommt sie, zugle-ch aber auch ein grenzenloses Mitleid mit dem unglücklichen Mädchen. „Es ist Loni von Hartenfels, eine liebe Freundin, ob gleich sie erst seit kurzer Zeit mit ihrer Mutter hierher ge zogen. Du wirst ihr bei deinem Hiersein noch öfter begegnen, denn wir pflegen einen intimen Verkehr. Aber, es ist jetzt wohl Zeit, daß du dich wieder deinen Gästen widmest, ich habe noch einige Bestellungen in der Küche zu machen." Maria tritt ins Haus, während Axel sich der im Hinter grund des Gartens zerstreuten Gesellschaft anschließt. „Loni, o Loni, daß wir uns so Wiedersehen müssen!" Viktor von Karlshagens Stimme klingt heiser vor innerer Erregung, als er zu Loni tritt und ihr die Hand zum Gruß bietet. „Warum, Herr von Karlshagen? Ist es denn so schreck lich, seine Jugendfreunde wiederzusehen?" Die Stimme soll ruhig, kalt klingen, sie vermag aber doch ein leises Zitter« nicht zu unterdrücken. „Loni!" Es klingt wie ein Aufschrei, „mach mich nicht noch elender als ich es ohnehin schon bin. Sieh, ich konnte nicht anders, ich mußte die Ehre und den alten Namen da Karlshagen retten; meinst du, es sei ein kleines Opfer, da» ich ihm gebracht?" Fortsetzung folgt. Eingesandt. Am 11. August fand beim Kranken- und Begräbnis-Unterstützungs Verein Reichenbrand und Siegmar eine Generalversammlung in da Schillereiche zu Reichenbrand statt. Die Versammlung wurde vo§ Vorsitzenden Oswald Müller Nachmittag Vr5 Uhr eröffnet; derselbe hieß die erschienenen Mitglieder willkommen. Der Kassenbericht schloß mit einer Einnahme von 2371,72 und einer Ausgabe von 2147,10 M- sodaß ein Uberschuß von 224,02 Wk. zu verzeichnen war. 2^ Vereinsvermögen ist auf 2374,77 Mk. angewachsen. 2m verflossene» Vereinsjahr zahlte der Verein an Krankenunterstützung 1508 M Es wurde ferner beschlossen, die Steuer auf wöchentlich 20 W herabzusetzen, welche alle 4 Wochen durch den Vereinskassierer ad geholt wird. Die Sterbeunterstützung wurde von 30 auf 40 M erhöht. Beitretende Mitglieder haben ein einmaliges Einschreibeg^ von 1 Mk. zu entrichten. Nachrichten des Kgl. Standesamtes zu Reichenbran« vom 16. bis 23. August 1912. Geburten: Dem Tischlermeister Alwin Emil Seifert 1 Sohn; dB Heilmagnetiseur Paul Ernst Schürer 1 Tochter; dem Handschuh' Wirker Franz Louis Hochmuth 1 Tochter. Nachrichten des Kgl. Standesamtes zu Siegmar vom 15. bis mit 21. August 1912. Eheaufgebote: Der Rundstuhlarbeiter Johannes Emil Lange, woh»' Haft in Neustadt, mit der Appreturarbeiterin Antonie Ritter, wE Haft in Siegmar. Der Fleischer Kurt Martin Geißler, wohnha» in Geringswalde, mit der Haustochter Anna Elisabeth Nichts wohnhaft in Siegmar. Eheschließungen: Der Strumpfwirker Adam Wunderlich mit Handschuhnäherin Auguste Anna Rümmler, beide wohnhaft Siegmar. Der Eisendreher Friedrich Georg Kirchhübel, wohnha« in Schönau, mit der Appreturgehilfin Alma Elsa Walther, weh»' Haft in Siegmar. Sterbefiille: Der Gendarmerie-Wachtmeister Johann EhriM" Schlosser, 53 Jahre alt; Lisbeth Marta Sieber, 6 Monate alt^ Nachrichten des Kgl. Standesamtes zu Neustadt vom 15. bis 22. August 1912, Geburten: Dem Monteur Franz Georg Himmler 1 Sohn. Nachrichten des Kgl. Standesamtes zu Rabenstein vom 15. bis 22. August 1912. Geburten: 2 uneheliche Knaben. Aufgebote: Der Metallschleifer Friedrich Rudolf Sittner mit iW Meta Lohse, beide wohnhaft in Rabenstein. . Eheschließungen: Der Handschuhstricker Max Franke, wohn«»" in Eallnberg, mit Ottilie Alma Haase, wohnhaft in Rabenstein- Sterbefälle: Der Handschuhwirker Karl August Llauß, 81 Jahres Nachrichten des Kgl. Standesamtes zu Rottluff vom 16. bis 22. August 1912. Geburten: Dem Eisenformer Max Paul Wächtler 1 Tochter. Kirchliche Nachrichten. Parochie Reichenbrand. Am 12. Sonntag p. Trin. Vorm. Ved Uhr PredigtgottesdieNi Pfarrer Dinter aus Grüna. Montag Abend 8 Ahr Jungfrau» verein im Gasthaus Reichenbrand. Dienstag Abend 8 Ahr Mission- verein. Mittwoch Nachm. 2 Ahr in Siegmar, Sonnabend NaE 2 Uhr in Reichenbrand Kinderschule. Donnerstag Abend 8 b! Nähabend. Parochie Rabenstein. Sonntag, den 25. August, 9 Uhr Predigtgottesdienst. Pfa^ Weidauer. 8 Ahr evang. Jünglingsverein im Pfarrhause. „ Mittwoch, den 28. August, 8 Uhr Bibelstunde im PfarrhaNN Pfarrer Weidauer. .. Donnerstag, den 29. August, 8 Uhr evang. Jungfrauenver^ im Pfarrhause. . Freitag, den 30. August, vorm. 9 Ahr Wochenkommu«^ Hilfsgeistlicher Gebhardt. „ Wochenamt vom 27. August bis 1. September. Hilfsg. Gebha^, MMch sm ZvüWkge zu MeHcili. 7. und 8. September Ausflug der Fortbildungsschule (Kl. N Vogtland. . Talsperre der Stadt Plauen bei Bergen, Kuhberg, Albertsv»- und Larolagrün (Lungenheilstätten), Eibenstock, Wildenthal, AuersA Abfahrt: 7. September mittags V«1 Ahr: Bahnhof L>r» rabenstein. Junge Leute von 14 bis 20 Jahren, die sich teiligen wollen, mögen sich bis spätestens 2. September bei Lehrer Rau melden. Fahrgeld etwa 2,40 Mark. Erwachsene als Teilnehmer herzlich willkommen. Oeute nacbmittaA ^l Obr verscbiett sankt unä unerwartet nack kurzem Kranksein, an Oerrsobwäcke, unser Auter Vater, cker Lrivatmann LM8l MiMMkrii irn /tlter von 85 Fakiren. Oie Leercli§un§ üncket Montag nacbm. Vr3 Obr vorn Trauerbause aus statt. Om stille Teilnakme bitten Re Ipaukenüsn ttintenlaesenen. Augusto vorm. l-ölmert, Aeb. Morgenstern. Amalio veriv. ^sobuelcölt, §eb. Morgenstern. Moritr Morgenstern. ^rieärieü Morgenstern nebst ^n§6böri§en. 8i6Kmur, ObemvitL, OanApnberK im RAeinlanch Ilrimmol'mülllo, Ler. Köslin, 23. T^uAust 1912. Per 1. September eine Putzlernende oder Putzzuarbeiterin für hiesiges Ge schäft gesucht. Zu melden bei Soorg; ILolb, Ligarren-Geschüft, Siegmar. An UngerWerimn mit 6er oder 7er Maschinen wird gute Arbeit ausgegeben Reichenbrand, Arzjgstr. 1. km /lll0Wk 7972. U <7/6 ll/r§ <7a/^e- 7)a/r^. Linlsstricker und Fingerstrickerinnen sucht V. Neustadt. Tüchtiger Fingermacher auf Pagetmaschine bei höchsten Löhnen ""E rr!°<kltti toks Handschuhfabrik, Siegmar. Funger Bursche zu leichter Arbeit sofort gesucht. Carl kLutNer, Siegmar, Hermannstraße Nr. 2. Eine gutgeübte Repassiererin bei hohem Lohn sofort gesucht Siegmar, Louisenstr. 3. Ein LinlsWer gesucht Siegmar, Rosmarinstratze 25. Für Freitags nachmittags wird eine zum Scheuern und LSuferklopfen ge sucht Vilis, vioirolt, Rabenstein, Parkstratze 4. Eine Fra« sucht Beschäftignng im Waschen. 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