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Die Leonoren-Ouvertüre Nr. 3, op. 72, hat Beethoven im Jahre 1806 verfaßt, sie war für die zweite Bearbeitung der Oper „Fidelio“ (die bekanntlich bei ihrer Uraufführung durchfiel!) gedacht. Sie unterscheidet sich wenig von der so oft gespielten Nr. 2, sie benutzt dasselbe thema tische Material, sie spricht denselben Ideengehalt aus wie ihre große Schwester Nr. 2 und ist ebenso wie diese ein Musikdrama im kleinen. Sie steht etwas im Schatten ihrer berühmteren Schwester — aber es gibt keinen Grund, sie geringer zu achten als die andere Ouvertüre. Romain Rolland weist in einer Analyse nach, worin die Unterschiede zwischen den beiden Leonoren- Ouvertüren Nr. 2 und Nr. 3 bestehen. Es sind nur Unterschiede formaler Art, die er nennt. Lassen wir ihn selbst sprechen: ,,In der Ouvertüre Nr. 3 ist der Grundriß reinlicher gezogen, das Gleichgewicht der Massen streng gewahrt, die Reprise wieder aufgenommen und das Ganze von der Vorherrschaft des poetischen Gedankens befreit, der in der zweiten die Zügel der Musik ge führt hatte. Damit war die klassische Sonatenform wiederhergestellt, aber in einer Straffheit und- königlichen Fülle, wie nur Beethoven sie wiederherstellen konnte. Wer dächte nicht an das große Crescendo zum Schluß, das wie ein Bergstrom, vom Gewitterregen geschwellt, zu Tal stürzt und das ganze Gefilde überschwemmt! Und nun mag unter den beiden Meisterwerken auswählen wer will!“ Die Sinfonie Nr. 33 in B-Dur von Wolfgang Amadeus Mozart gehört in seine mittlere Schaffens zeit. Er hat sie 1779 in Salzburg komponiert, in einer Zeit, in der Mozart mit ungeheurer Konzen tration arbeitete. Ein Jahr vorher war seine Mutter in Paris gestorben, die ihn auf seiner großen Reise über München und Mannheim nach Paris begleitet hatte. Diese Reise galt der Vertiefung der musikalischen Bildung Mozarts. In den bedeutenden Musikstätten Europas nahm er gierig alle Bestrebungen und Richtungen des musikalischen Lebens in sich auf, die er in seinen Werken verarbeitete und ausschöpfte. So lernte Mozart in Mannheim die Orchesterbehandlung und die Formenwelt der Mannheimer Schule kennen, während er in Paris die Eigentümlichkeiten des französischen Schaffens mit seinem Hang zur Präzision, zur geistvoll knappen Aussage und zur Ironie bewunderte und in sich einsaugte. 1779 war das Jahr, in dem Lessing,,Nathan den Weisen“ schrieb und Gluck seine „Iphigenie auf Tauris“. Die viersätzige Sinfonie ist ein. solches konzen triertes Werk voller Geist und zärtlichem Gefühl. Wer die Sprache des musikalischen Handwerks versteht, kommt aus dem Staunen und dem Entzücken über die Fülle und die Art der Ver flechtung der Motive und Themen nicht mehr heraus. Hier ist eine Feinarbeit festzustellen und zu bewundern, die nur den größten Meistern eigen und möglich ist. Der erste Satz, frisch und klar im Klange, bringt die vorgeschriebenen zwei Themen, wobei sich, nach mozartscher Eigenart, das zweite als lyrisches Thema etwas chromatisch gibt. Zu bewun dern ist weiterhin, daß Mozart mit den sparsamsten Mitteln arbeitet und eine durchsichtige Musik schreibt, die bis in die letzte Note hinein zu hören und zu verstehen ist. Der zweite (langsame) Satz ist voller Empfindungen, die einen etwas schmerzlichen Charakter haben. Vielleicht erinnert sich Mozart des Todes seiner so sehr geliebten Mutter? Das übersicht liche Menuett mit seinem schlichten Trio offenbart viel Sinn für Humor. Auch das Finale, der Schlußsatz, ist in der Sonatenform gebaut: mit zwei Themen, mit einer Durchführung, die An sätze zu kontrapunktischer Schreibweise zeigt, und einer Reprise. Aber die geistsprühende, lebendige Art Mozarts zu musizieren läßt den Hörer vergessen, mit welcher Genauigkeit und mit welchem Können dieses Werk gearbeitet ist. ^Venn auch diese Sinfonie nicht sehr bekannt ist, so kündet sie doch von der bedeutenden Meister- P haft Mozarts, der in der kurzen Spanne seines Lebens (1756— 1 791) zu den höchsten Gipfeln der Musik emporstieg. Der Partitur der Straußsclicn Tondichtung „Don Juann“ sind drei Abschnitte aus Lenaus fragmentarischer Dichtung „Don Juan“ vorangestellt. „Mein Don Juan“, so sagte Lenau, „darf kein Weibern ewig nachjagender, heißblütiger Mensch sein. Es ist die Sehnsucht in ihm, ein Weib zu finden, welches ihm das inkarnierte Weibtum ist und ihm alle Weiber der Erde, die er denn doch nicht als Individuen besitzen kann, in der einen genießen macht. Weil er dieses taumelnd von der einen zur anderen nicht findet, so ergreift ihn endlich der Ekel, und der ist der Teufel, der ihn holt.“ Von diesem Don Juan entwirft Strauß ein musikalisches Charakterbild. Nicht ohne auch die Kulissen anzudeuten, vor denen sich sein Leben abspielt. Er beginnt damit, uns einen Helden vorzustellen. Ein feuriger Schwärmer, der das Leben bejaht, so sagt uns gleich das Thema der Einleitung, ein echt Straußsches Thema, das zugleich den Strauß von damals charakterisiert: wie ein Sturmwind brach er in die Musik seiner Zeit ein. Im strahlenden E-Dur voll unerhörtem Schwung tönt uns dann das eigentliche Don-Juan-Thema entgegen. Drei Frauen treten ihm entgegen. Zuerst Zerlinchen. Ein cis-Moll-Motiv schildert sie in ihrer zagen Zärtlich-