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Nagt za Nr. i1 ks Wochenblattes für Reicheabraa^ Siegmar, Neustabt uub Nabeustein. Sonnabend, den 13. Oktober 19V6. Kirchliche Nachrichten. Parochie Reichenbrand. Am 18. Sonntag p. Irin, den 14. Oktober L. c. Vorm. 9 Uhr Predigtgottesdienst. Montag den 15. Oktober Kirchweihfest. Vorm. 9 Uhr Predigtgottesdienst. Parochie Rabenstein. Am 18. Sonntag x>. Irin, den 14. Oktober L. c. Vorm. 9 Uhr Predigtgottesdienst. Pfarrvikar Schwen- Röhrsdorf. Nachrichten des K.Standesamtes zu Reichenbrand vom 6. bis 12. Oktober 1906. Geburten: Dem Fleischbeschauer Heinrich Gustav Seifert in Reichenbrand 1 Mädchen; dem Kaufman Max Paul Trommer in Siegmar 1 Knabe; dem Packer Otto Richard Müller in Reichenbrand 1 Mädchen; dem Rundstuhlarbeiter Franz . Oswald Glöckner in Reichenbrand 1 Mädchen. Aufgebote: Vakat- Eheschließungen: Der Handschuhzuschncider Friedrich Georg Neubert in Siegmar mit Helene Charlotte Margarete Pohler in Reichenbrand. Sterbefälle: Dem Schneidermeister Friedrich Max Forbrig in Reichenbrand 1 Knabe. Nachrichten des Kgl. Standesamtes Rabenstein vom 5. bis 12. Oktober 1906. Geburten: In Rabenstein: 1 Sohn dem Böttcher Max Eugen Ehrt nnd 1 Tochter dem Kaufmann Ernst Paul Siegel; in Rottluff: 1 Tochter dem Maschinenformer Bruno Richard Neuhauß. Ehcaufgebote: Der Prokurist Kurt Wilde in Chemnitz mit Clara Dorothea Coith in Rabenstein; der Schuhmacher Ernst Bruno Enger mit Anna Martha Rölke, beide in Rabenstein. Eheschließungen: Keine. Sterbefälle: Die Strumpfwirkers-Ehefrau Marie Pauline Pötschke geborene Beier, 52 Jahre alt, in Rabenstein. 1806 - 1906. ZUM 14. Oktober. Kin Jahrhundert verging seit jener Zeit, Pa Deutschland im blutigen Völk erstreit Wei Jena wnrde geschlagen, Pas darauf vom Gröfeind in tiefster Schmach Sehr lange geknechtet am Woden lag, In seinen traurigsten Jagen. Aus brach dann der mächtige Areiheitskrieg Mit dem großen Leipz'ger Wölkerschlachtssteg, Ks zog in die deutschen Lande Wehr als fünfzig Jahre im goldnen Schein Gin holder und lieblicher Arieden ein, Wis wieder der Kampf entbrannte. Gr rief an den Whein zu getreuer Wacht, Zu mancher stegreichen blutigen Schlacht Kat man ein Sedan geschlagen. And ans dem ewigen Zeillaufe stieg Pas deutsche Weich nach dem glorreichen Sieg, Won der Ginheit schön getragen! So kam zur Vergeltung nach langem Wuh'n Wach dem großen Jena ein Sedan nun Schon vor sechs und dreißig Jahren; Wnd was damals der Water Keldenmut Grkämpfte, das wußt' stch als höchstes Hut Pas dentsche Wolk zu bewahren! Wor einem Jahrhundert in tiefster Schmach Steht ganz Peutschland da am heutigen Jag Wach des jungen Weiches Werden Purch Holtes Aügung im herrlichsten Wkühn, — „Aort bleib es vereint in kraftvollem Wühn Pas mächtigste Weich auf Krden!" Karl Emmrich. Bericht über die Sitzung des Gemeinderates zu Neustadt vom 25. September 1906. Vorsitzender: Herr Gemeindevorstand Geißler. 1. Zunächst teilt der Herr Vorsitzende mit, daß heute das Gemeinderatsmitglied Herr Hermann Speck verstorben sei. Er gedenkt der Verdienste des Herrn Speck um das Gemeinwohl des hiesigen Ortes und bittet die Versammlung, zum ehrenden Angedenken an den Verstorbenen sich von den Sitzen erheben zu wollen. Dies geschieht einmütig. 2. Ein von der Finanz-Deputation vorberatener Entwurf des Ortsgesetzes über die Anstellungs- und Pensionsverhältnisse der hiesigen Beamten wird gut geheißen und beschlossen, denselben bei der Königlichen Amtshauptmannschaft zur Genehmigung einzureichen. Gertliches. Wabenstein. Nächsten Montag beginnt nach 14- Wgen Ferien wieder die Schule, und mit der 1. Schul woche hebt auch der diesjährige Konfirmandenunter richt an. Während der Pfarrvakanz, die bis Mitte November währen wird, hält denselben mit den Mädchen Herr Pfarrer Kirbach-Wüstenbrand Montag von 5—7 Uhr und mit den Knaben Herr Pastor Schwen- Röhrsdorf Mittwoch von 2—4 Uhr in Zimmer 2 der Kirchschule. Das erste Mal aber sollen sich die Konfirmanden morgen Sonntag früh 9 Uhr im Gotteshause sammeln. Da soll im Aufblick zu Gott der Konfirmandenunterricht eröffnet werden. Es ergeht nun an alle Eltern und Angehörigen der Konfirmanden die Bitte, zu diesem Gottesdienste zu erscheinen. Die Predigt hält Herr Pastor Schwen- Röhrsdorf. Wabenstein. Nächsten Dienstag, den 16. Oktober, vollendet sich ein Zeitraum von 30 Jahren, seit welchem Herr Lehrer Carl Schönherr an hiesiger Volksschule wirkt. Alle seine Schüler und alle die, welche an dem inneren Schulbetriebe Interesse gezeigt und bewahrt haben, bezeugen einmütig mit großer Anerkennung, wie Herr Schön Herr trotz aller Schwierigkeiten des oft zu niedrig eingeschätzten und doch so bedeutungsvollen Berufes, trotz des vielen Leides, das er in seiner Familie durch den Tod einer lieben Frau, eines hochbefähigten älteren Sohnes er fahren mußte, mit unermüdlichem Fleiße und treuester Hingabe in körperlicher und geistiger Rüstigkeit seines Amtes gewaltet und so für die Gemeinde in aller Stille mit großem Segen gewirkt hat. Die Dank barkeit seiner Schüler und die hohe Wertschätzung in der Gemeinde mag ihm ein kleiner Lohn sein für sein treues Wirken. Ihr Wunsch ist es, daß Herr Schönherr noch lange in Gesundheit und Wohl ergehen segensreich an unserer Schule wirken möge. Rabenstein. Bei der hiesigen Gemeinde-Sparkasse wurden im Monate September ds. Js. 94 Einzahlungen im Betrage von 18608 Mk. 22 Pf. geleistet; dagegen erfolgten 37 Rückzahlungen im Betrage von 7444 Mk. 05 Pf. Eröffnet wurden 12 neue Konten, geschlossen 3 Konten. Zinsbar angelegt wurden 57500 Mark. Die Gesamteinnahme betrug 74929 Mk. 76 Pf., die Gesamtausgabe 64968 Mk. 25 Pf. und der bare Kassenbestand am Schluffe des Monats 10205 Mk. 02 Pf. Der gesamte Geld umsatz im Monat September beziffert sich auf 130898 Mk. 01 Pf. Die Sparkasse ist an jedem Wochentage von 8—12 Uhr Vorm, und 2—6 Uhr nachm. geöffnet und expediert auch schrift lich. Alle Einlagen werden mit 3VsO/» verzinst und streng geheim behandelt. Reichenbrand. Bei der hiesigen Gemeindesparkasse er folgten im Monat September d. I. 109 Einzahlungen im Betrage von 22605 Mk. 87 Pf. und 47 Rückzahlungen im Betrage von 12831 Mk. 30 Pf. Die Gesamteinnahme betrug 73230 Mk. 36 Pf., die Gesamtausgabe 58734 Mk. 14 Pf. und der bare Kassenbestand am Schluffe des Monats 14496 Mk. 22 Pf. Der gesamte Geldumsatz im Monat September beziffert sich auf 131964 Mk. 50 Pf. Die Sparkasse ist an jedem Wochentage vormittags von 8—12 Uhr und nachm. von 2—6 Uhr geöffnet und expediert auch schriftlich. Alle Einlagen werden mit Z^o/g und solche, welche bis zum 3. eines Monats erfolgen, noch für den vollen Monat verzinst. Alle Einlagen werden streng geheim behandelt. Freigesprochen. Familien-Roman v. Ludw. Nutzer. (Fortsetzung). XIII. „Lieber Vater, wie fühlst Du Dich?" fragte Irma, als Berger am andern Tag zum Bewußtsein erwachte. „Erkennst Du mich, Vater?" Der Blick des Schwerverwundeteu irrte einige Sekunden in der kleinen Stube umher, dann blieb er längere Zeit auf dem bleichem Antlitz der barm herzigen Schwester haften. „Irma, Du bist da?" fragte er mit schwacher Stimme. „War es kein Traum, Kind? ... Du hast mirs gesagt . . . hat's mir denn nicht geträumt — meine Unschuld sei . . . in den Zeitungen stehe die Nachricht von meiner Unschuld?" „Das war kein Traum, lieber Vater. Herr General von Schiefweg hat uns gestern Abend die Freudennachricht vorgelesen. Von ihm erfuhren wir auch, daß Du unser Vater bist. Oh, armer, lieber Vater, warum wolltest Du für uns tot sein?" „Gott im Himmel sei's gedankt — ich hab's also doch noch erlebt! Irma, Kind — ich kann es nicht fassen, mein Glück . . . meine Unschuld ist an den Tag gekommen! Oh, Irma, ich habe mich nach Dir und Georg gesehnt und nach Enrer Mutter, wie ein Verbannter. Wo ist Georg, Kind?" „Georg ist erkrankt und liegt im Wundfieber darnieder. Er befindet sich unter meiner Pflege." „Er hat sich nicht geschont — meinetwegen. Auch Du bist recht bleich, Irma. Hast wohl lange nicht geschlafen, armes Kind?" „Sorge Dich doch um mich nicht, lieber Vater. Du sollst Dich recht schonen. Vor allem mußt Du jetzt etwas gemeßen. Ich bringe Dir eine Tasse Fleischsuppe mit Ei, und will den Arzt rufen." „Wo bin ich denn, Irma?" „In La Monzelle bei Sedan, Vater." Berger sann ein paar Augenblicke nach. „La Mou- zelle ist von den Franzosen besetzt", sagte er dann. „Wie steht die Schlacht, Kind? Es ist so ruhig." „Die Deutschen haben einen glänzenden Sieg errungen, Vater. Napoleon und die ganze Armee Mac Mahons ist gefangen. Sedan hat vor zwei Stunden kapituliert." „Napoleon gefangen!" rief Berger indem er sich auf zurichten versuchte. „War denn der Kaiser in Sedan?" „Vater, Du schadest Dir", sprach Irma mit zärt licher Besorgnis, während sie den Verwundeten sanft in die Kiffen zurücklegte. Dann verließ sie rasch die Krankenstube. Berger trank die Tasse Bouillon mit Appetit und verfiel gleich darauf in einen festen Schlaf, von dem er erst im Laufe des nächsten Vormittags erwachte. „Die Mutter hat mir geschrieben, Vater", sagte Irma, als der Kranke die Augen aufschlug. „Ich habe leider noch keine Zeit gefunden, ihr die Freuden nachricht zu telegraphieren, daß Du lebst." „Nein, Irma, nicht telegraphieren und nicht schreiben", sagte Berger hastig. „Ich will selbst vor die Mutter treten ... bis Weihnachten bin ich jeden falls so weit hergestellt, daß ich . . . oh, wie freue ich mich auf die kommende Weihnachten!" „Die arme Mutter leidet furchtbar, Vater. Warum willst Du ihr die Nachricht, daß Du lebst, noch so lange vorenthalten?" „Nein, Irma, jetzt soll's die Mutter nicht erfahren", versetzte Berger bestimmt. „Die Gründe werde ich Dir . . . bitte lies mir den Brief vor, Kind." Irma warf einen besorgten Blick-auf deu Vater, dann begann sie: „Bickenried, den 20. August 1870. Liebe Irma! Die Unschuld Eures Vaters ist an den Tag gekommen! Vorgestern war der Kaufmann Lorenz von Ingolstadt in Bickenried und hat uns die Freuden nachricht überbracht, die mich ebenso glücklich wie unglücklich machte. Auf welche Weise die Unschuld des Verstorbenen enthüllt wurde, das werde ich Dir ein andermal schreiben. Tatsache ist, daß er unschuldig war, und daß ich den unglücklichen Märtyrer, Eueren herzensguten Vater, in unseliger Verblendung in den Tod getrieben habe. Oh, mein Kind, Du kannst empfinden, wie es nun in meinem Innern aussteht. Eine entsetzliche Schuld lastet auf meinem Gewissen, die nichts, nichts, keine Reue, kein Gebet zu sühnen vermag, bis der Tod mir die Augen schließt. Alle Schuld rächt sich, und Gottes Walten ist streng und gerecht. Gestern war ich zum erstenmal auf dem Friedhöfe zu Kehlheim, um das Grab Eures armen Vaters aufzusuchen; aber es war mir nicht vergönnt, an demselben zu knieen, zu weinen und zu flehen. Der Totengräber von damals lebt nicht mehr, nnd niemand wußte die Stelle, wo Euer Vater vor siebzehn Jahren in die Erde gesenkt wurde.- Auch den lieben Großvater hat die Nachricht von der Unschuld des Verstorbenen sehr niedergebeugt. Ich sollte ihm vom Grabe des Unglücklichen ein wenig Erde mitbringen — ein Wunsch, Heu ich zu meinem Schmerze nicht erfüllen konnte. Bei all' meinen Gewiffensqualen und meiner verzehrenden Reue hält mich das Bewußtsein aufrecht, daß Euer Vater als Ehrenmanu gestorben ist. Nun ist der Fluch, der auf mir und Euch unschuldigen Kindern lastete, ent kräftet. Der unselige verzweifelte Schritt Eures armen Vaters war meine Schuld, uud nicht der leiseste Makel soll die Erinnerung an den unglücklichen Märtyrer trüben. Deu» Georg werde ich heute ebenfalls schreiben. VorgeMm, an dem gleichen Tage, als Herr Lorenz zu uns kam, erhielten wir einen längeren Brief von ihm. Ich bin voller Sorge um Dich und Georg. Viele herzliche Grüße von mir und dem lieben Groß vater. Der arme, gebeugte Greis vermißt Dich ebenso sehr, wie ich. Es ist jetzt recht traurig bei uns. Deine Dich liebende Mutter." Berger war tief bewegt, und Irma sah ihm an, daß er'mit einem Entschlusse kämpfte. „Ich will überlegen, was ich tun soll", sprach er nach einer längeren Pause. „Oh, daß ich das noch erlebt habe!" „Du weißt noch gar nicht, daß zwei gute Bekannte von uns in La Monzelle verwundet liegen", begann Irma nach einer Weile. „Dein Freund, der Herr Rittmeister von Fernwald nnd Herr Leutnant Schütz." „Fernwald?" rief Berger erschrocken. „Wie geht es ihm? Ist er schwer verwundet?" „Er hat einen Schuß in der rechten-Brustseite — fast genau an derselben Stelle, wie Du. Herr Leut nant Schütz erhielt einen Bajonettstich in den linken Oberarm, der gebrochen ist, anscheinend infolge eines Absturzes; außerdem hat er eine klaffende Wunde über der rechten Schläfe. Die beiden Herren liegen im heftigsten Wundfieber und sind bis zur Stunde noch nicht zum Bewußtsein gelaugt." „Neber mein Bataillon wirst Du nichts näheres wissen, Irma?" „Wie ich beim Herrn General von Schiefweg