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sonst is alles no grad so, wie vor siebzehn Jahr. An neuen, schönen Bahnhof haben's baut, aber a halbe Stund von der Stadt weg; 's könnt g'rad so guat der Bahnhof vom Dorf Unsernherrn sei'. Aber sonst hat sich nix verändert. Man geht no über die selbig Brück'n nüber, die scho' ganz baufällig ausschaugt, mit ihrem hölzernen G'länder, kommt beim Kritschen, beim Gouvernement und beim Merl vorbei aus den Schliffelmarkt . . . jedes Haus sieht no' aufs Haar so aus, wie früher, auch dies, in dem wir so viele Jahre gewohnt haben. Wie i da nauf g'schaut hab, an dem Haus und hab die fremden G'sichter g'sehn an de Fenster, wär mir bald 's Weine ankommen. A anheimelnde, liebe Stadt ist aber Ingolstadt doch, und wer a mal a zeitlang dort g'lebt hat, mag nimmer fort." „Man kommt auch so leicht nimmer fort", sagte der General lächelnd. „Ein junger Offizier kann in Ingolstadt grau werden. Was machen denn meine lieben Zehner?" „Ja, 's Regiment ist draußen, im Krieg. Im Hof von der Konvikt- und von der Donaukasern werden jetzt die Reserven abexerziert; da geht's lebhaft zu. Kennt hab i kein Menschen. Nachher bin i in Brücken kopf naus und hab die Turkos und Zuaven ang'seh'n, die bei Weißenburg und Wörth g'fangen worden sind. Das sind wilde Kerl! Heilige Cölestine, wenn die zu uns 'rei kommen wären, als Sieger! Ja, dann bin i z'letzt no auf'n Friedhof naus und hab unser Grab aufg'sucht." „Das war nett von Ihnen, Josef", sagte Frau Hartfeld. „Hält der Leichenwärter das Grab noch in guter Ordnung?" „Ganz fchön is Verhalten, und d' Schrift vom Grabstein ist wieder neu aufg'frischt worden, und der Epheu rankt sich prächtig um's Grab 'rum. Eins hat mi recht g'wundert, — 's Familiengrab vom Obersten Hartfeld ist wunderschön pflegt, 's ist doch kei Mensch mehr z' Ingolstadt, der sich d'rum kümmert, hab ich mir denkt; und die Zeit ist auch lang ver fallen, 's müßt scho' lang wer anderer drin liegen. Ich hab dann den Leichenwärter g'fragt, und der hat mir g'sagt, dies Grab sei vom a Herrn auf fünfzig Jahr kauft worden, und er bekomme alle Jahr fünf zehn Gulden, damit er's schön in Ordnung hält." Frau Hartfeld war bei deu letzten Worten blaß geworden. „Wer kann denn das sein, Vater?" fragte sie etwas erregt. Der General stand auf und ging gedankenvoll im Zimmer auf und ab. „Die Sache wird immer dunkler, immer rätselhafter", sagte er grübelnd. „Hart feld ist tot . . . sollte Major Berger, der sich für den Verstorbenen und für uns so sehr interessiert. . . Aber in welchem Zusammenhänge steht der Herr Major mit uns? Oberst Hartfeld hatte keine näheren Verwandten mehr. Wer soll sich da nach Ablaus von bald dreißig Jahren um sein Grab bekümmern?" „I mein halt, Herr General, dies könnt einer sein", der dem verstorbenen Herrn Oberst großen Dank schuldig ist; vielleicht vom Regiment her no'" sagte Josef bedächtig. „So viel mir bekannt ist, hat mein verstorbener Freund in seinen späteren Jahren nur mit einem Herrn seines ehemaligen Regiments verkehrt, das heißt, dieser Herr besuchte ihn des öfteren, da er Pächter der Meringer Schüttenjagd war und deshalb wieder holt nach Ingolstadt kam. Es war das der jetzige Brigade-Kommandant Schiefweg. Es ist kaum an zunehmen, daß dieser Herr in so pietätvoller Weise für ein fremdes Grab sorgt." Der General war an ein Fenster getreten und blickte gedankenvoll auf den Schloßhof hinab. Plötzlich wandte er sich um. „Da kommt ein Herr zu uns, der mir bekannt erscheint", sagte er. Frau Hartfeld und Josef sahen gleichfalls unauf fällig durchs Fenster. „Das ist ja der Kaufmann Lorenz von Ingolstadt", sagte der Diener. „Das ist a mal a seltsamer Besuch." „Was mag wohl den Herrn Lorenz zu uns führen?" fragte Frau Hartfeld verwundert. „Da bin ich wirklich auch neugierig", erwiderte der General. Gleich darauf brachte ein Dienstmädchen die Karte des Besuchers, und ein paar Augenblicke später be grüßten der General und seine Tochter denselben im Empfangszimmer. Kaufmann Lorenz, ein schlanker Mann von mittlerer Größe, dessen Erscheinung und Auftreten den feinen Geschäftsmann verrieten, mochte etwa in der Mitte der Fünfziger stehen. Sein Haar und der an den Seiten kurz geschnittene Vollbart waren noch tief schwarz, und sein Gesicht mit der leicht gebogenen Nase und den offenen, dunkelbraunen Augen, machte auf den ersten Blick einen gewinnenden, vertrauener weckenden Eindruck. „Herr General und gnädige Frau werden von meinem Besuch überrascht sein", begann Lorenz. „Es ist lange her, seit wir uns zum letzten Mal gesehen haben." „Ja, es ist lange her — siebzehn Jahre," erwiderte der General, nachdem er Lorenz gebeten hatte, Platz zu nehmen. „Und welche Angelegenheit führt Sie heute zu uns, Herr Lorenz?" „Ich komme in Angelegenheiten Ihres Herrn Schwiegersohnes, Herr General." „In Angelegenheiten meines Schwiegersohnes?" fragte der General, in hohem Grade betroffen. Frau Hartfeld war blaß geworden und blickte mit Spannung auf Lorenz. „Ja, meine Herrschaften. Ich bringe heute eine freudige Nachricht, die aber zugleich eine sehr betrübende ist; wie man's nimmt. Ihr unglücklicher Herr Gemahl, gnädige Frau, war unschuldig! Seine Unschuld ist jetzt sounenklar an den Tag gekommen!" Die Wirkung dieser Worte war eine furchtbare. Der General saß wie gelähmt; sein blasses Gesicht überflog einen Augenblick leichte Röte, dann wurde es aschfahl, und mit entsetzten Augen blickte er auf den Ueberbringer der Botschaft. Bestürzt aber sprangen die beiden Männer von ihren Stühlen auf, als sie plötzlich einen dumpfen, schweren Fall hörten. Frau Hartfeld war nach den Worten des Kaufmanns auf gestanden. Sie hatte ein Gefühl, als ob ihre Kehle eine eiserne Hand mit tödlichem Drucke umspannte, und angsterfüllt wollte sie an ein Fenster eilen, um Luft zu schöpfen. Im nächsten Augenblicke aber schwanden ihre Sinne, und bevor ihr Lorenz, der sie beobachtet hatte, beizuspringen vermochte, stürzte sie bewußtlos zu Boden. Josef, der im anstoßenden Wohnzimmer durch die offene Türe den Fall gehört hatte, war der Erste, der helfend eingriff. Voller Schreck und Besorgnis goß er der Bewußtlosen Wein auf den Kopf und rieb dann mit kräftiger Hand die totesblasse Stirn und die Schläfen derselben. Nach kurzer Zeit öffnete Frau Hartfeld die Augen wieder, worauf Josef die Schwankende zu ihrem Platze führte. „Ich danke Ihnen, Josef", sagte sie mit schwacher Stimme. „Ich weiß nicht, woher die plötzliche Schwäche —" „Willst Du nicht lieber zu Bett gehen, Marie?" fragte der General besorgt. „Ich werde Dir alles erzählen, was uns Herr Lorenz noch weiteres mit zuteilen hat." „Nein, Vater, ich bleibe. Ich bin jetzt vollständig gefaßt." „Es tut mir ungemein leid, gnädige Frau, daß ich durch meine unvermittelte Nachricht —" „Bitte, Herr Lorenz, Sie haben ja nichts zu be reuen", unterbrach ihn die Frau. „Ihre ganz uner wartete Nachricht hat mich im ersten Augenblick . . . Jetzt bin ich schon gefaßt." „Also mein Schwiegersohn war tatsächlich un schuldig?" fragte der General. „Und nach siebzehn Jahren erst kommt seine Unschuld an den Tag?" „Leider Gottes!" sagte Lorenz mit einem tiefen Seufzer. „O, daß ich meinen Fehler doch wieder gut machen könnte! Alles war rein verblendet von jenem unseligen Gerücht." Er brachte bei diesen Worten eine große Brieftasche zum Vorschein und legte sie auf den Tisch. „Bevor ich den Herrschaften über den verhängnis vollen Diebstahl Näheres berichte, möchte ich mir gestatten, einen geschäftlichen Punkt in Ordnung zu bringen", sagte er. „Herr General haben mir vor zehn Jahren die auf so rätselhafte Weise abhanden gekommenen zehntausend Gulden samt den auf sieben Jahre mit fünf Prozent berechneten Zinsen von dreitausend fünfhundert Gulden wieder ersetzt. Sie dürfen versichert sein, daß mir die Annahme dieses Geldes schwer viel, denn die Herrschaften hatten ja für das Vorgefallene nicht die leiseste Verantwortung. Herr General bestanden jedoch mit einer Bestimmtheit —" „Ich fühlte mit meiner Tochter die moralische Verpflichtung, das Geld zu ersetzen", unterbrach ihn der General. „Der Gedanke, daß Sie durch die Schuld meines Schwiegersohnes schwer geschädigt wurden, war mir unerträglich." „Ich darf Ihnen heute gestehen, daß ich den Be trag sogleich nach Empfang bei der Hypotheken- und Wechselbank zu Gunsten Ihrer Kinder angelegt habe. Die näheren Bestimmungen hierüber finden Sie in dieser notariellen Urkunde vom Jahre 1860 nieder gelegt, die nunmehr gegenstandslos geworden ist. Das hinterlegte Kapital von dreizehntausend fünf hundert Gulden ist mit dem Zins und den Zinses zinsen inzwischen auf rund zweiundzwanzigtausend Gulden angewachsen. Hier übergebe ich Ihnen den auf Ihren Namen ausgefertigten Depositenschein." „Ja, was soll das, Herr Lorenz?" fragte der General betroffen. „Sie können doch unmöglich glauben . . ." „Verzeihen, Herr General, das angelegte Kapital war Ihr Eigentum! Die entwendeten zehntausend Gulden hat mir der Dieb mit hohen Zinsen wieder zurückerstattet. Vor zwei Tagen erhielt ich von einer New-Aorker Bank dreißigtausend Gulden angewiesen, und mit dieser Anweisung empfing ich zugleich die amtlich beglaubigten Geständnisse des Diebes. Hier, gnädige Frau, übergebe ich Ihnen die bezüglichen Schriftstücke, die die Unschuld Ihres verstorbenen Ge mahls sonnenklar beweisen. Ich will den Herrschaften den Inhalt der Papiere in der Hauptsache kurz erzählen." Fortsetzung folgt. Nachrichten des K.Standesamtes zu Reichenbrand vom 14. bis so. Juli LS06. Geburten: Dem Ziegeleibcsitzer Johannes Karl August Hösel in Reichenbrand 1 Knabe; dem Monteur Karl August Friedrich in Reichenbrand 1 Mädchen. Aufgebote: Der Privatmann Karl August Friedrich Weiß mit Anna Marie verw. Jrmschler geb. Lindner, beide wohn haft in Reichenbrand; der Anstreicher Paul Otto Hohrein mit Emma Franziska Liebmann, beide wohnhaft in Reichen brand. Eheschließungen: Der Tischler Ernst Curt Guhlmann mit Elsa Martha Hertzsch, ersterer wohnhaft in Neustadt, letztere in Siegmar. Stcrbefälle: Dem Vernickler Karl Emil Hempel in Siegmar 1 Tochter, 3 Monate alt. Nachrichten des Kgl. Standesamtes Rabenstein vom 1». bis so. Juli 1006. Geburten: In Rabenstein: 1 Tochter dem Kernmacher Paul Oskar Groß und 1 unehelich geborener Knabe. In Rottluff - 1 Tochter dem Fabrikarbeiter Ernst Emil Kühnert. Eheschließungen: Der Tapezierer Max Georg Uhlig io Chemnitz mit Clara Elsa Winkler in Rabenstein. Stcrbefälle: In Rabenstein: 1 Tochter dem Geschirrführer Franz Julius Meinig, 1 Monat alt; dem Tüllweber Louis Kurt Weinhold, 1 Sohn und 1 Tochter, je 2 Wochen alt- Jn Rottluff: Die Handschuhstrickerin Minna Bertha Gertrud Novak, 16 Jahre alt. Kirchliche Nachrichten. Parochie Reichenbrand. Am 6. Sonntag x>. Irin, den 22. Juli L. c. vorw- Vs9 Uhr Predigtgottesdienst mit Feier des hl. Abend mahls. Beichte 8 Uhr. Parochie Rabenstein. Am 6. Sonntag p. Irin, den 22. Juli L. c. vorw- '^9 Uhr Beichte. 9 Uhr Predigtgottesdienst mit hl- Abendmahl. Spulerinnen, Formerinnen, Repassiererinnen, Ketllerinnen, Näherinnen, Durchseherinnen, Legerinnen, auch Frauen, sowie Mädchen für leichte Handarbeiten sucht dauernd bei höchsten Löhnen L. Moäor Mller, Trikotagen- und Strumpffabrik, Reichenbrand. Täglich frische Kskensiein, Gartenstraße 139s. Neues LMrkmt empfiehlt H Hevlivr, Reichenbrand. IohMnisbemn, grofie rote Holländische, verkauft Kobert Kerger, Rabenstein, Limbacherstr. 6. Saure Gurken sind schockweise abzugeben, L Schock 2,70 Mk., auch treffen wöchentlich 2 Wagenladungen neue Kartoffeln ein, L Zentner 3 Mk., 5 Liter 30 Pfg. öruno l.iöbki'wii'IK, Reichenbrand. Siegmar betr. Den w. Einwohnern von Siegmar, welche durch Namensunterschrift ihr Interesse an dem Zustandekommen eines Schulfestes bezeugt haben, hiermit zur gefl. Kenntnisnahme, daß auf das dies bezügliche Gesuch abschläglicher Bescheid einging, welcher im Original im Gast- hof Siegmar einzusehen ist. IVI. Junge fette Grüna. Kinderwagen billig zu verkaufen. Rcichenbrand, Pelzmühlenstraße 47 6. Matetz-SMlkmt empfiehlt MAX Pelzmühlenstraße. , Aeltere« Mm oder W als Radspuler sucht sofort 6. Ibeoäoi' Mller, Trikotagen- und Strumpffabrik Reichenbrand. Ein jüngerer Narklhelfer wird sofort gesucht. ffikäi-ieli l.ok8, Handschuhfabrik, Siegmar-