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Universitätszeitung
- Bandzählung
- 4.1960
- Erscheinungsdatum
- 1960
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- Z. gr. 2. 459
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1770109730-196000003
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1770109730-19600000
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1770109730-19600000
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen der Universitäten Sachsens (1945-1991)
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
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-
Zeitschrift
Universitätszeitung
-
Band
Band 4.1960
-
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Band
Band 4.1960
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Der Sowjetunion unseren ^ruß und unseren “Vank Die Befreiung der Wissenschaft!Von Prof. Dr. med. Karl Gelbke Mai 1945 - sowjetische Panzer in Berlin. Damit begann auch für das deutsche Volk eine neue Epoche seiner Geschichte. Foto: tentralbiid Vom Beginn des neuen Lebens Von Prof. Dr. Ernst Werner (Fortsetzung von Seite 1) Moral den Tod höher bewertete als ein Krüppeldasein trotz unverletzten Hirns. Das Heilen, um die Leiden der Menschen zu beenden, ersetzten sie durch Töten. So wurden Men- schen, die einmal den hippokrati schen Eid geleistet hatten, durch den Faschismus zu Verbrechern und ver loren damit den Anspruch, sich Arzt, Helfer der Menschen, zu nennen. S o wie in der Medizin, wurden viele Vorstellungen und Begriffe der Wissenschaft der damaligen Zeit und Gesellschaft zugunsten der Menschenvernichtung durch die volksfeindlichen Machtpolitiker aus gelegt. In der Periode dieser tiefsten na tionalen Erniedrigung des deutschen Volkes befreiten uns die ruhm reichen und kampferprobten Sowjet armeen von den Faschisten, durch deren Untaten Millionen von Men schen ganz Europas, vor allem in der Sowjetunion, ermordet wurden. In Leipzig erlebten wir eine kurz fristige amerikanische Besatzung. Die Sieger- und Besatzungsarmee kam aus einem kapitalistisch hoch ent- wickelten Land. Der Sieger zeigte sich immer in Pose. Auf Schritt und Tritt wurde nachgewiesen, daß diese Besatzungsmacht gesiegt hatte. Na türlich wirkte sich das auch auf die Entwicklung der Universität, der Lehre und Forschung aus. Sie nah men von diesen unseren Sorgen keine Kenntnis. Dafür zeigten sie aber großes Interesse für die nam haften Forscher und Wissenschaftler des einstigen Lehrkörpers unserer Universität. Ihren Abzug bereiteten die Amerikaner dadurch vor, daß sie diese namhaften Wissenschaftler aus Leipzig nach Westdeutschland bzw. Für den Frieden muß man kämpfen Dresden, 13. Februar 1945, ich war damals 15 Jahre ait. Unter den Tausenden Toten, die dem barbari schen Luftangriff zum Opfer fielen, habe ich die Lerche eines kleinen Mädchens gesehen,, dessen Augen noch schreckgeweitet waren, und dessen Händchen die Reste einer Puppe umklammerten. Ich habe die ses Bild niemals vergessen können, heute weniger denn je, denn heute habe ich selbst ein Kind. Was liegt da näher als sich für alles einzuset zen, was den Kindern das Schicksal des kleinen Mädchens aus Dresden erspart? Es wird bei uns wohl kaum eine Frau geben, die ihre Gedanken an die Gipfelkonferenz nicht mit dem Wunsche verbindet, daß sie den Friedensvertrag bringen und damit Deutschland eine friedliche Entwick lung, eine helle Zukunft garantieren möge. Doch sollten wir uns auf Wünsche nicht beschränken. Einmal sollten Wir allen Frauen, mit denen wir zu tun haben, immer wieder geduldig erklären, wo die Kräfte sind, die den Frieden bedrohen, damit wir gemeinsam gegen sie kämpfen kön nen, und daß der Sozialismus einen dauerhaften Frieden bringt und des halb die Frauen besonders am Sieg des Sozialismus interessiert sein müssen. Das wird ein kleiner nützlicher Beitrag zum Gelingen der Gipfel konferenz, wie auch allen anderen Verhandlungen sein, die um Deutsch lands Friedensvertrag geführt wer den, Christa Zschäbitz nach Amerika verschleppten. Unsere Universität blieb, wie sie von anglo amerikanischen Bomben zerstört worden war, liegen. Zur Verschlep pung der Wissenschaftler kam noch der Raub bedeutenden wissenschaft lichen Gerätes. H offnungslose Menschen und zer störte Einrichtungen fanden die sowjetischen Besatzungstruppen bei ihrem Einzug Anfang Juli 1945 in der Universität Leipzig vor. Diesen Einzug führten sie nicht mit macht- strotzender Kriegstechnik durch. Bald erfuhren wir, daß dieser Ein zug in Leipzig keine Geste war. son dern daß helfende Freunde gekom men waren, die das noch Vorhan dene schonten und aktiv mithalfen, unser Leben zu normalisieren. Ob wohl wir Deutschen im Kriege ge rade den Sowjetmenschen so viel Leid zugefügt hatten, kamen sie als helfende Freunde zu uns. In enger Zusammenarbeit in der Praxis stell ten sie ihre reichen Erfahrungen beim Aufbau einer neuen Gesell schaftsordnung bedingungslos zur Verfügung. Die große Losung dieser Zeit war: Die fortschrittlichste Wis senschaft in Aktion! Es besteht wohl kein Zweifel dar über und ist durchaus verständlich, daß nach all diesem furchtbaren Geschehen bei vielen Mitgliedern des Lehrkörpers und der Mitarbeiter der Universität eine große Ent täuschung eintrat, die der Ver zweiflung und Resignation nahekam. Besonders die Jugend sah mit ihren derzeitigen Vorstellungen eine voll kommene Ausweglosigkeit vor sich. Hohe sittliche Stärke und mensch liche Größe verrieten die wegwei senden und aufmunternden Worte des Genossen Solotuchin bei der Wiedereröffnung unserer Universität im Februar 1946. Er führte u. a. aus: D ie schwerste Zerstörung, die der Faschismus innerhalb des deut schen Volkes verschuldet hat, ist die Vernichtung der seelischen und sittlichen Kräfte des deutschen Men schen. Das bedeutet wahrhaftig die furchtbarste Zerstörung und die größte Tragödie für das deutsche Volk. Dabei sei vor allem der deutschen Jugend gedacht. Durch ihr gesamtes Erziehungs- und Bildungswesen haben die Nazis die jugendlichen Seelen der Jünglinge und Mädchen vergiftet und ihnen Eigenschaften eingeimpft, die dem Fortschritt und der Humanität feindlich waren. Ich wende mich an Sie, meine Her ren Professoren: Es ist dringend not- wendig, die Tragödie der Jugend tie fer zu erkennen und den jungen Menschen zu helfen, rascher auf den richtigen Weg zu gelangen.“ ■ Ohne Haß, ohne Vergeltung und ohne Rachegelüste wurden hier von einem wissenden Menschen die Ur sachen der deutschen Tragödie und der richtige Weg zur Ueberwindung aufgezeigt. E s gehört zum Wesen eines fort- C schrittlichen Wissenschaftlers, die Theorie fest mit der Praxis zu ver binden und die Gegenwart richtig zu erkennen, um sie entsprechend zu verändern. Dieser Denkprozeß ent steht nicht spontan in den mensch lichen Hirnen. Die Größe der Hilfe unserer sowjetischen Freunde liegt eben darin, daß sie in vielen Aus sprachen unseren Professoren das Wesen der fortschrittlichen Wissen schaft an der Praxis der Entwick lung der Universität mit großer Geduld erklärten. Es gilt, die in der Natur und Gesellschaft bereits be kannten Gesetzmäßigkeiten zu stu dieren, um sie in der Praxis anzu wenden. Die organisierte wissen schaftliche Arbeit zur Erforschung neuer Gesetzmäßigkeiten in Natur und Gesellschaft, die nur gefunden aber nie erfunden werden können, besteht in der folgerichtigen und dialektischen Anwendung, neue wis senschaftliche Methoden zu finden. „Wir müssen die ganze Kultur nehmen, die der Kapitalismus hinterließ und aus ihr den Sozialis mus erbauen. Tun wir das nicht, so können wir das Leben der kommu nistischen Gesellschaft nicht auf bauen“, schrieb Lenin. Damit wird uns mit einem Schlage die riesige Verantwortung unserer Wissen schaftler für das unermeßliche Wis sensgebiet aufgezeigt. D ie alte kapitalistische Methode der wissenschaftlichen Arbeit, in der jeder auf sich allein gestellt ist und in der der Mensch dem Men schen ein Wolf ist. muß heute durch den kameradschaftlichen Austausch der Erfahrungen bald gelöst werden. Die wissenschaftliche Arbeit ist heute eng mit der sozialistischen Gemein schaftsarbeit verbunden. In unserer Universität gibt es be reits solche gute Beispiele. Sie in der Zukunft zu verallgemeinern, bedeu tet den Uebergang zur sozialistischen Universität und damit zur Wissen schaft, die dem Sozialismus und dem Frieden dient, zu beschleunigen. Als wir Neuimmatrikulierten im Oktober 1948 von dem damaligen Rektor Prof. Dr. Gadamer feierlich das akademische „Bürgerrecht“ ver liehen erhielten, ahnte noch niemand von uns, daß damit nicht nur persön lich ein neuer Lebensabschnitt be gann, sondern daß gleichzeitig die ehrwürdige Alma mater in die ent- scheidende Phase ihrer jahrhunderte alten Geschichte eintrat. Wir selbst hatten zum größten Teil den Faschismus und den zweiten Weltkrieg von Anbeginn miterlebt und unsere Gesundheit und unser Leben für eine schlechte Sache in die Schanze geschlagen. Nach dem Grauen jener Jahre beseelte uns ein heißer Wunsch, der uns alle Entbeh rungen und Schwierigkeiten der er sten Nachkriegszeit überwinden ließ: die Wahrheit zu suchen und Wissen zu sammeln, um die Vergangenheit zu überwinden und den rechten Weg in eine sinnvolle Zukunft zu finden. In dem ehemaligen Internat der Pädagogischen Fakultät diskutierten wir trotz Kälte und Hunger bis tief in die Nacht über unsere Probleme, über die Frage: Wie weiter? Bereits damals lernten wir den Wert kollek tiver Arbeit kennen, erfuhren wir die lenkende und helfende Hand der Partei. Im Selbststudium versuchten wir, an die noch sehr spärlich vor handene marxistische Literatur her anzukommen, um uns einen metho dischen Leitfaden für den nach bür gerlichen Gesichtspunkten gebotenen Wissensstoff zu erarbeiten. Dabei waren die objektiven Stu dienbedingungen recht ungünstig. Ungeheizte Zimmer und Hörsäle in dem strengen Winter 1946/47, leere Mägen, Mangel an Papier und Schreibmaterial, geschlossene Büche reien, zerstörte Institute und feh lende Studienplanung. Und doch empfanden wir mit jeder Woche, mit jedem Monat mehr und mehr, welche Möglichkeiten uns der Sieg der Sowjetarmee über die Barbarei des Dritten Reiches in die Hand gegeben hatte. Das Wissen, das wir uns in ent behrungsreicher Arbeit aneigneten, wurde jetzt erst fruchtbar, konnte nunmehr erst zum Wohle und Nut ¬ zen des Volkes verwertet werden. In diesen ersten Jahren der allseitigen Enttrümmerung wurden wir uns un serer Kraft bewußt und bekamen wieder Vertrauen zu uns selbst und zu unserem Volke. Die Erfahrungen und Leistungen der Vergangenheit geben uns den Mut zur Bewältigung der großen Aufgaben der Zukunft, zum Auf- und Ausbau der sozialistischen Uni versitas. Verjährung? Vergehung! So paradox, so unglaublich und un geheuerlich es klingen mag: Der 8. Mai in der Westzone soll entspre chend den Plänen und Wünschen der Bonner Regierung ein Festtag der Faschisten und Militaristen werden. Im Zuge der Rehabilitierung der Kriegsverbrecher läuft am 8. Mai 1960 in Westdeutschland die Ver jährungsfrist für alle in der Nazizeit begangenen sogenannten Totschlags verbrechen ab. Damit würden die bestialischen Grausamkeiten der Mehrzahl der faschistischen Henker und Massenmörder in der Bundes^: rcpublik ungesühnt bleiben - welch, abgrundtiefe Infamie, welch eine Verhöhnung der Millionen Opfer des Faschismus in aller Welt, welch eine Mißachtung der Potsdamer Verein barungen und der Normen des Völ kerrechts. Herr Schäffer erklärte im März dieses Jahres, den Bundesjustizorga nen seien jetzt alle Verbrechen der Nazis bekannt, so daß noch vor dem 8. Mai Ermittlungsverfahren einge leitet werden „könnten". Wir zwei feln durchaus nicht daran, daß die über 1000 Blutrichter in der West zone eine gründliche Kenntnis dieser Verbrechen besitzen. Doch eben weil sie „Fachexperten“ sind, müßten sie über sich selbst zu Gericht sitzen oder über solche Gefährten wie den Zuchthäusler Oberländer das Urteil sprechen. Bekannt ist wirklich genug, nur die notwendigen Schlußfolge rungen stehen nach wie vor im Kon junktiv. Die Verzögerungstaktik bei der Einleitung von Ermittlungsver fahren, die Ablehnung von Beweis materialien aus dem „Osten“, die Be hauptung. die in den amerikanischen Archiven liegenden Dokumente seien nicht erreichbar — das alles soll dem Bonner Regime dazu dienen, ein Be langen der faschistischen Verbrecher vor dem 8. Mai zu verhindern und nach dem 8. Mai unmöglich zu machen. Faschisten haben schon seit langem wieder exponierte Stellungen im Westzonenstaat inne. Nehmen wir nur das Bildungswesen. Hatte schon das sogenannte 131er Gesetz solchen Herren wie Prof. Dr. Siegfried Ruff (Nr. A—16/122 auf der belgischen Kriegsverbrecherliste), dem NS- Staatsrechtler Prof. Dr. Rudolf Hu ber, dem Theoretiker der Massen vernichtung jüdischer und polnischer Bürger, Prof. Peter Heinz Seraphim ttnd anderen den Weg ins westdeut sche Hochschulwesen wieder geöffnet, so sollen am 8. Mai auch die letzten Schranken fallen. Was ist das für ein Staat, der Mör der und Verbrecher mit allen Ehren und allen Rechten in die Gesellschaft eingliedert, der Zuchthäusler, von denen sich die Welt mit Abscheu und Empörung wendet, vor der gerechten Bestrafung schützt? Während die friedliebenden Völ ker am 8. Mai den 15. Jahrestag des Sieges über den Faschismus feierlich, begehen, soll dieser Tag in der West zone ein Sieg des Faschismus wer den. Es wird ein armseliger Pyrrhus sieg sein, eine erneute Selbstentlar vung des Bonner Protektorates der Faschisten und Militaristen. Eine Warnung für die Völker der Welt! khe Universitätszeitung, 4. 5. 1960, S. 3 Faschismus - der Wissenschaft Feind Zum Gedenken an den aufrechten Wissenschaftler Prof. Dr. Als 1933 der Faschismus in Deutsch land nach den traditionsreichen bürger lichen Bildungsstätten griff, um die dort aus humanistischer Gesinnung und Bildung wachsenden Widerstände gegen die anmaßende Wissenschaftsfeindlich- keit der nationalistischen „Revolution“ zu zerschlagen, fielen der brutalen Ge walt nicht nur die marxistischen Kämp fer zum Opfer. Auch die Angehörigen der bürgerlichen Intelligenz mußten ab treten, die ihr Amt als Hochschullehrer, als Professoren, das heißt als „Beken ner“ zu verwalten gedachten und nicht bereit waren, sich dem Machtanspruch des Faschismus und seiner beispiellosen Verhöhnung aller menschlichen Werte zu beugen. Ihr Schicksal war umso eher besiegelt, wenn sie unter die Judengesetze fielen, dje getarnt als „Gesetz zur Wiederherstellung des Be rufsbeamtentums“ (7. April 1933) miß liebige Gegner ausschalteten. Der Dekan der Philosophischen Fa kultät Freyer unterschrieb gewissenlos seine Meldungen an die vorgesetzten Ministerien mit folgendem Nachsatz: „Wir begrüßen durchaus die auf Zu- rückdrängung des jüdischen Einflusses an den deutschen Hochschulen gerichte ten Bestrebungen der Regierung, dür fen aber hervorheben, daß die Philo sophische Fakultät Leipzig zu den am wenigsten verjudeten Fakultäten ge rechnet werden kann.“ Der am 31. Oktober abtretende Rek tor Achelis mußte beim Rektoratswech sel mitteilen „Auf Grund des Gesetzes 1 zur Wiederherstellung des Berufsbeam tentums wurden die o. Professoren Apelt, Goetz, Hellmann, Holldack, Ja cobi, Kessler, Witkowski und Zade und die ao. Professoren Doren und Marx in den Ruhestand versetzt und dem o. Honorarprofessor Joh. Richter, den ao. Professoren Drucker, Erkes, Friedmann, Goldschmidt, Gulkowitsch und Skutsch sowie dem Privatdozenten Hans Becker, David, Friedheim und Tenkin die Lehr befugnis entzogen. ... Außerdem ver zichteten auf die Venia legendi die Pro- vatdozenten Sacke und Bloch“. „Heil Hitler“ — das waren die Schlußworte der Rede des neuen Rektors. Den ao. Professor für Romanistische Philologie W. Friedmann sollte ein furchtbares Schicksal beschieden sein. Der 1884 in Wien Geborene hatte die besten bürgerlichen Traditionen der Romanistik kennengelernt. Er studierte bei Tobler, Meyer-Lübke, habilitierte sich bei Birch-Hirschfeld in Leipzig, wo am Romanistischen Institut so bekannte Gelehrte wie Weigand,' Settegast, Ph.- August Becker, W. von Wartburg und andere wirkten. Im Verlauf seiner Lehrtätigkeit, die zunächst die traditionellen Schwer punkte der Romanistik betraf, wandte er sich immer deutlicher den aktuell sten literarischen Ereignissen in Frank reich zu, trat für die großen Ziele der Völkerfreundschaft in der Deutsch- Französischen Studiengesellschaft ein, der es gelang, so namhafte Schriftstel ler wie Duhamel, R. Rolland, J. Ro main nach Deutschland zum Gedanken austausch zu bringen. In seinen Hebun gen behandelte er Werke wie „Das Feuer“ von Barbusse und die großen französischen Aufklärer. Es ist bekannt, daß er seine Schüler besonders für die russische Sprache interessierte und selbst Uebungen abhielt „Zum russi schen Roman von Dostojewski bis heute“. Vom Faschismus ins Exil getrieben, ohne ausreichende Unterstützung durch W. Friedmann die französischen bürgerlichen Demo kraten und Intellektuellen, die die bru tale Gewalt des Faschismus nicht er kannten, ging er in Frankreich zu grunde. Friederike Zweig teilte in ihren Er innerungen über Stefan Zweig, zu des sen Freundeskreis auch Friedmann zählte, das Schicksal Friedmanns mit, das nicht nur Zweig maßlos erschüt terte: „Er war als Romanist und Ken ner der modernen französischen, italie nischen und russischen Literatur auch ein eifriger Propagandist der Verstän digung zwischen den Intellektuellen. ... Sehr schwer litt er, der die besten französischen Geister nach Deutschland geladen ... an dem neuerlichen Zusam menbruch seiner Tätigkeit unter Hitler. Die Nazipresse hatte ihn mehrmals an gegriffen. Er glaubte sich, als die Deut schen einen Teil Frankreichs besetzt hatten, zunächst in den Pyrenäen mit Frau und Kind sicher.“ Man versuchte, ihm einen Paß zu verschaffen, der Paß erreichte ihn zu spät. Er mußte heimlich durch Frankreich reisen, glaubte sich und seine Familie über die spanische Grenze retten zu können. „Ehe sie die Grenze nach Spanien zu passieren ver mochten, trieb Hunger und Erschöp fung sie zurück ... Doch er dachte, seine Frau würde unbehelligt bleiben, seine blonde blauäugige Tochter könnte vielleicht in ihrem College unbehindert weiterstudieren. So tötete sich der aus gezeichnete, stets aufrechte Mann ...“ Wen ergreift dieses Geschick nicht, und wer erkennt nicht, daß Faschismus und Militarismus auf ihrem blutigen Wege nicht nur von einer geistigen Opposition gebändigt werden können? Dr. Kurt Schnelle iiKiiiiiiiiiiiuiiiiiiimiiiiiiiiiiiiiiiiittiiiiiifuiiiiHiiiiiiiiiiiiiikiiiMiiiniiiiiniiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiitiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiitiiiiiiiiiiiiiiiiitiiiitiiiiiiiiftiiiiiiiiiiiiiiiiiiuixiiiiitiiiiniiiititiiB Uneigennützige Hilfe leistete uns die Sowjetunion in den zurückliegenden 15 Jahren. Ausdruck der engen Verbundenheit zwischen sowjetischen und deutschen Wissenschaftlern ist auch der Freundschaftsvertrag unserer Uni versität mit der Staatlichen Shdanow-Universität Leningrad. Unser Bild zeigt Prorektor Prof. Dr. Mosler im Gespräch mit Prof. Tulpanow, Prorek tor der Leningrader Universität.
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