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spitzgeschntttencn Bart wie früher, sondern toar glatt rasiert. Sein Haupthaar hatte sich bis zum Wirbel hinauf gelichtet und er trug eine Brille mit großen Gläsern und Horuraud. Seine Gesichtsfarbe veränderte sich leicht. Mir gewöhnlich war sie blaß und nahm zuweilen ein wächsernes Aussehen an. Dann schimmerte das Ge äder bläulich durch die Haut an den Schläfen, über die bei Gedankenanspannuna ein fortwährendes leichtes Zucken lief. Sie sah tue blaßroten Flecken auf den Wangen unter dem Brillenrand und wußte, -aß ihn heimlich etwas erregte. Jetzt straffte noch innere An gespanntheit die regelmäßigen Züge des Gesichts; aber sobald diese nachlieh, erschlafften sie und wurden in Augenblicken, wo er sich nicht beobachtet fühlte, stumpf und leidend. „Du bist jetzt wieder sehr angegriffen und solltest dir etwas Ruhe gönnen, Philipp!" sagte sie, nach einer laugen Weile des Stillschweigens. Er schreckte aus tiefen Gedanken auf, sie sah an seinem Blick, -aß er ihre Worte nicht verstanden hatte und wiederholte sie. Er winkte abwehrend mit der Hand. „Ist nicht so schlimm." Marlene blickte vor sich nieder und streichelte das schwarzweißgeflecktc Fell des Kätzchens. „Es sind jetzt so schöne Tage," sagte sie leise. „Der Bergwald ist herr lich! ... Du glaubst nicht, wie herrlich er ist! Wunder schließen sich auf, wo man geht. Immer wieder ist man überrascht und begeistert! Jetzt gerade solltest du Spaziergänge machen, ein wenig steigen ... Wer weiß, wie lange das gute Wetter noch anhält." Ein flüchtiges Lächeln zuckte um die Mundwinkel des Staatsanwalts. „Gewiß, liebes Kind, es klingt recht verlockend. Doch ich mnß morgen leider die Inspektions reise antreten, die ich wegen des Falles Heinbucher auf geschoben habe!" (Fortsetzung folgt.) Sn Spengler A. Skizze von Nikolaus Schwarzkopf. Der Spengler wohnte im Vorderhaus des großen Hofes, der meinem Onkel, dem Bäcker, gehörte, und war mit diesem verfcinoel und in etwa auch mit uns. Seine Frau war schuld. Zum Beweis ihrer Bosheit verrate ich dies: in den großen Hof führte ein Fenster, das dem Nachbar, dem Wirt „Gehste weg da hinten", gehörte, der nach der anderen Seite seinen eigenen Hof hatte, und was für einen! Die Spcnglersfrau konnte den Wirt nicht leiden, und der Spengler mußte vor besagtem Fenster, also auf seinem Eigentum, eine Blechwand aufstellen, so groß wie das Fenster, damit der Wirt nicht in den Hof schauen konnte. Der Wirt schickte die Polizei, Herrn Anton Eder, genannt das Grünkräutchen, allein die Blcch- wand stand auf des Spenglers Eigentum, und das Grün- kräutchen konnte nichts dran machen, obgleich der Wirt viele Schoppen opferte und Schnäpse. Im Schaufenster des Spenglers hingen Sense, Sichel, Axt, Mistgabel, Schippe und Spaten; in Eisen standen Töpfe da, die Töpfer zu ärgern (was sicher die Spenglerin veranlaßt hatte), emaillierlc Kannen, Buntformen aus Nickel und Kupfer, alles, um die armen Töpfer zu ärgern, Löffel hingen da nebeneinandergereiht, und vorn dran auf der Fensterbank standen drei Weckuhren. Die eine der drei Weckuhren hatte auf dem Zifferblatt zwei Ziegenböcke aus Papier, die lustig miteinander Holz schnitten; die andere Halle unter sich eine spiralijch gewundene Drahtschaukel hängen, aus der ein nacktes Püppchen fiel und aufschnellte und mit seinem Köpfchen immersorr ins Gehäuse des Weckers stieß; die dritte hielt auf ihrem Scheitel ein sechs- jchelliges Läutewerk, das bestimmt den schlimmsten Sieben- Ichläfer am Montagmorgen zu wecken vermochte. Die Spenglerin sprach zudem eine ganz spitze Mundart, die wer weiß, woher stammte, und meine Mutter sagte: Mit ihr sei nicht gut Kirschen essen. Aber ihr Ladenfenster glänzte wie keins im Dorf, und der Spengler ging auch am Werktag in gewichsten Schuhen. Zugesehen, wie der Spengler lötet, habe ich trotz der Feindschaft oft. Ein irdener Topf bekommt kein Loch, sonderst springt gleich lÄllig entzwei, wenn man unsanft mit ihm um- geht;' aber die Blechtöpfe, Blechkannen, Blecheimer, werden, wenn sie gelöchert waren, gelötet. Der Spengler schabte mit einer Feile die wunde Stelle sauber und blitzblank und bcu.yte sie mit Lötwasser. Tann holte er vom kleinen Feuer den heißen Lötkolben, fuhr mit ihm auf einem Klumpen Salmiak hin und her, daß auch er ganz blank wurde, hielt das Lötblei über die Wunde und berührte es mit dem Kolben, worauf ein Tropfen des Bleis aufs Löchlein fiel und dies, sofern es ganz klein war, stopfte. War das Loch groß, so mußte ein Blech geschnitten und drauf gelötet werden. Diese Arbeit des Spenglers hat sich bis heute nicht geändert und wird sich gleich' de: Arbeit des Töpfers, des Häfners, Wohl auch nicht andern, solange die Menschen sich täglich etwas kochen müssen, : um zu leben... Als ich elf Jahre alt war, kam mein Bruder zu einem , Spengler nach Seligenstadt, der Stadl des Eginhard und der Emma, in die Lehre. Ich hab ihn manchmal besucht. Sein j Meister hieß Tammbruch und arbeitete viel in den um liegenden Dörfern, und mein Bruder kam auf diese Weise weit j umher. Ich selbst bin auch etlichemal mitgegangen, habe auf der Schulter ein Schornsteinrohr getragen oder ein Siück des Tach- i kändels und bin mit im Baugerüst gestanden und habe die i Rohre, wenn sie aneinander gelötet wurden, gehalten. Ter Main floß unten vorbei, und die Spessartberge waren greifbar ! nah. Ich habe eine grüne Schürze angehabt, die von einem i MZsingkettchen an meinem Hals sestgehaltcn wurde, und wenn j heimzu der Meister seine Pfeife rauchte, so haben wir zwei Brüder gesungen. ! N'cht weit von Aschaffenburg lagen die Dörfer, Sic wir besuchlen: Krotzenburg, Hainstadt, Froschhausen, Wasserlos, nicht weit davon lag die Stadt Hanau. Und da mein Bruder wirklich einmal in Hanau gewesen war, allwo er das Denk mal der Brüder Grimm gesehen, nannte er uns beide die Brüder Grimm. Er wußte ja so wenig wie ich, wer die Brüder eigentlich waren, und ich meinte, sie seien große Sär^er gewesen. Spater ist mir dies wie noch manches andere im Leben aufgegaugen, und ich habe dann sogar eine besondere Liebe zu den Brüdern Grimm in mir entdeckt, sowie zu einem Maler, der vor vierhundert Jahren, als es in Deutschland noch große Maler gab, in dieser Gegend mit seinen Mal- i gecäten umhergestrvmert ist wie ich mit den Tachkändcln... Matthias Grünewald. Wer weiß: vielleicht hat die Landschaft j mir diese Liebe eingegeben. j Mein Bruder wollte später daheim eine Spenglerei an fangen. Er unterhielt ein Gcbändel mit der Tochter des Mannes, der meinem Vater das Haus meiner Tante Ev, der ; Neu-Krämerin, weggeschnappt hatte. Er heiratete das Mäd chen und wollte in dem schönen Haus gegsnübcr dem Schul- Haus sein Geschäft beginnen. Meine Mutter war hoch beglückt, i daß nun ihr Sohn jenes Haus erheiratet hatte, allein die junge Ehe war schlecht gelötet und brach schon im ersten Vierteljahr entzwei, und daran war der Metzger schuld, der gegenüber wohnte, der Klaviermoppes. Mein Bruder verließ Weib und Haus, wollte in seinem Schmerz nach Amerika, kam aber nicht über die Grenze. j Er ist aber trotzdem nicht wieder zurückgekehrt ins Dorf, ein anderer hat den alten Spengler abgelöst, rind mein Bruder macht in Berlin Buchstaben für Reklamcschristen, die doch über den Tackern nachts lustig b-leuchtet werden. Er wollte ja immer hoch hinaus, aber jo Hal er sich seine Zukunft doch j nicht gedacht. . Wtsel-M Auflösung des Rätsels „Ein Wort für unsere Zeit!" aus voriger Nummer des Zschopauer Sonntagsblattes: Fahnenweihe, Nachtwandler, Helene, Infanterie., Westen, j Widder, Liebelen, Gibraltar, Zumutung, Winterastern, ' Hilfe, Liebeswerk — Weihnachten — ein Fest der Liebe: § Gib zum Winterhilsswerk! Druck und «erlag: Wochenblatt für Zschopau und Umgegend: Richard Voigtländer in Zschopau. Dchristlettung: Margarete Voigtländer tu Zschopau.