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3slyWM SmtWbllM ItilW M Nlhoimm Äzetkit m>!> Anzcher Nr. 1 Sonnabend, den 2. Januar 1937 Wiederkehr Es ist kein Winter Ohne künft'ges Frühlingsweben Und ist kein Sterben Ohne Wiederkehr zum Leben. Es ist kein Sommer Ohne ahnend Herbstbeginnen Und ist kein Jubel Ohne stilles Sichbesinnen. Und deine Wege Haben nimmermehr ein Ende, Dein Schritt ist ewig Spur und Bahn im Ring der Wende. Käthe L. Kamossa. „Hoho, Yoho! Hahei, hahei!" flog es als jauchzender Gruß ihr entgegen. Da hob auch sie die Hand nnd winkte. Dann wandte sie sich und ging rasch weiter. Sie war wieder ganz froh gestimmt; wie ein feines Singen und Klingen blieb es in ihr. Und so nahm sie sich den Zauber dieser Morgenstunde mit heim. 8. Im Schwurgerichtssaale zu Hirschberg war heute nach mehrtägiger Verhandlung ein mit Spannung erwartetes Urteil gefällt worden. Staatsanwalt Wolter hatte zum ersteumal seit seiner Amtstätigkeit in der Vaterstadt einen Fall zur Bearbeitung gehabt, in dem der Ange klagte ihm kein Fremder war. Der Gutsbesitzer Heinbucher, ein in der Umgegend bekannter und bisher sehr geachteter Mann, war des schweren Betruges, der Urkundenfälschung und des Meineides angeklagt und übeMhrt worden. In Wol ters Kinderzeit hatte dieser Mann in seinem Eltern- hanse oerkehrt. Das lag weit zurück und niemand dachte mehr daran. Doch er hatte mit eigentümlichen Empfin dungen die Anklage vertreten und er durfte zufrieden mit sich sein, sein Plädoyer heute war eine rhetorische Leistung gewesen. Er war nie der donnernde Ankläger, der die Seelenabgründe und die Verworfenheit seines Opfers nicht schwarz und verabscheuungswürdig genug malen kann. Bei seinem Bemühen um strengste Sach lichkeit galt er bei anderen Berufsrichtern öfters als zu milde. Aber ihm war eine außerordentliche Fähigkeit im Sicheinfühlen seelischer Zustände anderer Menschen gegeben. Er ging ihren verborgensten Regungen nach und legte sie bloß. Manchen hartgesottenen Leugner hatte er oamtt zur Strecke gebracht. Er liebte seinen Beruf mcht und verließ auch heute das Gerichtsgebände wie stets mit einem Gefühl der Erleichterung — etwas mehr abgespannt als gewöhn lich. Ein stattlicher, leicht ergrauter Herr mit frischem Gesicht gesellte sich zu ihm. Es war einer der Ge schworenen, der Fabrikant Ansorge aus Nieder-Peters dorf. den er aufgefordert hatte, mit ihm zu fahren, da sie den gleichen Heimweg batten. Mit der Familie dieses schlesischen Industriellen unterhielten seine Frau und er einen nachbarlichen Verkehr. Sie gingen zusammen zu dem wartenden Auto, und der leichtgebaute Wagen wippte und schaukelte in seinen Federn, als der große schwere Mann sich in das Leder- Polster fallen ließ. Wolter kurbelte den Motor an und nahm neben Herrn Ansorge Platz. Langsam steuerte er sea Laagen vurcy oie Straße»; erst draußen auf der Landstraße schaltete er einen schnelleren Gang ein. Herr Ansorge saß gemächlich zurückgelehnt. Auch er stand noch nnter dem Eindruck des eben Erlebten und mußte davon sprechen. Dabei klang die Erregung all- mählich ab. Die Fahrt durch die frühliugsgrüne Land schaft, der frische Luftzug, der die Gesichter kühlte, der Sonnenschein, die geschwinde Bewegung, bei der man doch behaglich ruhte, taten das ihre hierzu. Wolter, der aus der ziemlich lebhaften Landstraße seine Aufmerksamkeit Weg und Wagen nicht entziehen durfte, beschränkte sich bei der Unterhaltung auf Zuhören und gelegentliche kurze Bemerkungen. Herr Ansorge kam dann nach einer Weile von dem Prvzeßthema ab und auf ihu näher Angehendes zu sprechen. Er erzählte, daß sein Aeltester zu Hause sei. Ganz plötzlich sei der hereingeschneit und habe die vor läufige Absicht geäußert, den Sommer über zu bleiben. Seine Ausbildung wäre nun endlich abgeschlossen und er habe auch bereits ein für den Anfang sehr gutes. Engagement nach Köln in der Tasche. Wolter war cs bekannt, wie schwer es Herrn Ansorge geworden war, sich mit dem Gedanken auszusöhncn, daß sein Sohn nicht sein Nachfolger im Geschäft wurde. Der junge Ansorge hatte cs sich in den Kopf gesetzt, feine Stimme ausbilden zu lassen nnd Sänger zu werden« Trotz des Vaters Einspruch hatte er dieses Ziel verfolgt, dem sich Ansorge senior lange hartnäckig widersetzte. Erst im Kriege, als der Sohn schwerverwundet im Lazarett lag, hatte er in der Angst um ihn seinen Wider stand anfgesagt. Inzwischen war er der Sorge um die Nachfolge im Geschäft enthoben worden durch die Heirat der Tochter. Sein Schwiegersohn war bestens dazu ge eignet. Mit diesem tüchtigen und befähigten Menschen kam ein frischer Zug in den alten Betrieb. Herr Ansorge ließ nun den Dingen ihren Lauf und wartete mit neugierigem Behagen die Bühnenerfolge und die weitere Entwicklung seines Herrn Sohnes ab. — Der schnelle 'Wagen hatte die Entfernung von Hirsch- b rg bis Petersdorf bald überwunden und DoLtor Wolter setzte seinen Fahrgast vor dessen Wohnhaus ab, das etwas entfernt von den anderen Gebäuhen der Zellulvsefabrik lag. Des Fabrikanten Einladung, mit ins Hans zu kommen, lehnte er dankend ab, trug khm Grüße an die Seinen auf und äußerte die bestimmte